Trailrunning findet immer mehr Fans. Die ultimativen Herausforderung dabei: Ultratrails. Allein in den Alpen gibt es mehrere Lauf-Events, die sich der Nische Ultralaufen verschrieben haben: vom Eiger Ultratrail über den Zugspitz Ultratrail zum Großglockner Ultratrail, um nur ein paar zu nennen.
Beim Ultralaufen läuft man Ultra-Distanzen, also alles ab 42,195 Kilometer. Die klassische Länge eines Marathons ist das Minimum. Es kann sich auch um 80 oder 100 Kilometer handeln oder sogar um 161 Kilometer wie zum Beispiel beim Western States 100 in Kalifornien.
Einen Ultramarathon zu laufen – davon träumen viele Trailrunner. Mit der richtigen Vorbereitung gelingt der Start auf der Langstrecke. Worüber Du Dir – ausgehend von Deiner Vorerfahrung als Läufer – vor dem Einstieg ins „Projekt Ultramarathon“ Gedanken machen solltest erfährst Du im Beitrag Vorbereitung Ultramarathon: so läuft der Einstieg!
Wenn Du Deinen Plan bereits gefasst hast, Dein Ziel und Deinen Zeithorizont im Groben kennst, dann helfen Dir die folgendenen Tipps beim Training für Deinen ersten Ultralauf.
#1 Wissen warum
Bevor Du Dich auf das Abenteuer Ultralaufen einlässt, solltest Du Dir im Klaren darüber sein, warum Du es auf Dich nimmst. Das Training ist zeitraubend, mitunter monoton. Du musst bei Wind und Wetter laufen, bereitest Dich lange vor, nur um am Ende beim Wettkampf noch mehr zu leiden.
Warum solltest Du Dir das antun wollen?
Die Frage nach dem Warum wirst Du Dir immer wieder stellen, deshalb findest Du am besten schnell eine gute Antwort. Wie gut die Antwort und wie stark Dein Warum ist, wird sich auf dem langen Weg hin zu Deinem ersten Ultramarathon zeigen.
Bergzeit
#2 Mach Dir den Zeitaufwand klar
Laut Krissy Moehl (Coach und erfolgreiche Ultraathletin mit über 100 Rennen/55 Siegen Erfahrung) musst Du etwa sechs Stunden pro Woche und sechs Monate Trainingszeit einplanen, um Deinen ersten 50K-Lauf gut über die Bühne zu bringen. Für die 50M/100K-Distanz sollten es zehn Wochenstunden und ebenfalls sechs Monate sein. Du willst 100K? Dann rechne mit zwölf bis 15 Stunden und zwölf Monaten.
Je nach Deiner Lauferfahrung solltest Du bei den „kürzeren“ Ultradistanzen anfangen und Dich dann zu den längeren vorarbeiten. Damit hast Du schonmal einen Zeithorizont, mit dem Du planen kannst. Vergiss dabei aber auch nicht die Zeit für begleitende Maßnahmen, wie Crosstraining, Massagen, aktive Regeneration etc.
#3 Hab Geduld
Gut Ding will Weile haben; Rom wurde nicht an einem Tag erbaut und viele andere Sprichworte mit einem Bart so lang, dass Du aufpassen musst, nicht draufzutreten, widmen sich der Geduld. Und das aus gutem Grund. Gerade im Ausdauersport lässt sich nichts erzwingen: Jeder Versuch, abzukürzen endet in einer Verletzung oder mit einem DNF (Did Not Finish) beim Wettkampf.
Nimmst Du Dir Zeit und bau ein starkes Fundament für ein langes Läuferleben.
Es dauert lange, sich eine aerobe Basis aufzubauen und die Strukturen des Körpers auf die extreme Belastung des Ultralaufens vorzubereiten. Viele tausend Kilometer müssen gelaufen werden und hunderte von Stunden konstanter Arbeit bringen Dich zum Erfolg. Wenn Du zu schnell zu viel willst, wirft Dich das häufig sehr weit zurück.
Bergzeit
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#4 Liebe den Prozess
Aufgrund des Trainingsaufwandes ist es unglaublich wichtig, dass Du den ganzen Prozess des Trainings liebst. Laufen muss Dir Spaß machen, der Wettkampf ist dann nur das Sahnehäubchen, bei dem Du Deine aktuelle Form testest.
Wenn der Wettkampf oder, noch schlimmer, das Ergebnis beim Wettkampf zum Selbstzweck werden, be- bzw. verurteilst Du Dich anhand von – gerade beim Ultralaufen – schwer kalkulierbaren Erfolgen. Das führt schnell in eine Abwärtsspirale aus Druck, Angstzuständen, Selbstverurteilung und schließlich Burn-Out.
Erfolge sind etwas Tolles, genieße und feiere sie. Genieße und feiere aber auch jeden Tag, den Du draußen verbringen darfst, um Deine Trainingsrunden zu drehen.
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#5 Trainiere mit langsamen Läufen
Konstantes Training ist nicht episch und episches Training ist nicht konstant. Da Konstanz wichtiger ist als jeder andere Trainingsinhalt, sollte Dein Hauptaugenmerk darauf liegen, so viele Kilometer an so vielen Trainingstagen wie nur möglich zu sammeln. Damit Dein Körper das mitmacht und um Dir die bestmögliche, aerobe Grundlage zu verschaffen, wirst Du den Hauptteil Deiner Läufe mit sehr lockerem Tempo angehen.
Durch die langsamen Läufe verbesserst Du die Kapillarisierung und erhöhst die Anzahl an Mitochondrien in Deiner Muskulatur – Dein Motor wächst und erlaubt Dir, Energie effizienter zu nutzen.
Beim langsamen Laufen bleibst Du unter der aeroben Schwelle. Die Energie wird dabei ausschließlich mit Hilfe von Sauerstoff gewonnen. Es fällt kein Laktat an. Ein Lauf- oder Sportlabor hilft Dir diese Schwelle zu finden. Alternativ gibt folgende Selbsttests Orientierung:
- Atmung: Wähle ein Tempo, bei dem du komplett durch die Nase atmen kannst. Kannst Du nun noch fünf bis zehn Sekunden die Luft anhalten, dann stimmt die Richtung.
- Puls: Mach Dich warm und laufe 30 Minuten in dem bestmöglichen Tempo, dass Du über diese Zeit halten kannst. Nimm die durchschnittliche Herzfrequenz der letzten 20 Minuten des Laufs und multipliziere mit dem Faktor 0,85. Dies ist Dein Puls-Höchstwert bei lockeren Läufen.
#6 Mach Trainingspausen
Ruhetage, manchmal sogar ganze Ruhewochen sind für Dein Training elementar. Anfangs wirst Du mehr Pausentage brauchen. Wenn Du Dich auf ein hohes Volumen hochgearbeitet hast, solltest Du Dir einen Tag pro Woche freigeben (und entsprechend genießen). Nicht nur Deine Muskulatur, auch Dein Nervensystem, Dein Stoffwechsel, Deine Knochen, Bänder und Sehnen müssen sich erholen.
Gönn Dir nach intensiven Trainingsphasen auch mal eine komplette Ruhewoche.
Ruhen heißt nicht faul auf der Couch liegen. Reduziere Dein Trainingsvolumen und gönne Dir aktive Ruhe: Spaziergänge, Stretching, Mobilisierung und (Selbst-)Massagen. Auch ganz lockere Läufe, Schwimmen oder eine entspannte Radtour kommen in Frage.
Ruhetage bzw. -wochen sind keine verlorene Zeit, sie sind ein Gewinn für Deinen Trainingsfortschritt.
#7 Langer Atem, lange Läufe
Über lange Läufe holst Du Dir die Härte für Beine und Kopf, um bei einem Ultramarathon zu bestehen. Anfangs kannst Du bis zu 40 Prozent Deiner Wochenkilometer für einen langen Lauf einplanen; später – bei höherem Volumen- kannst Du 40 bis 50 Prozent Deiner Wochenkilometer als Back-to-Backs ans Wochenende legen.
Back-to-Backs sind zwei oder mehr lange Läufe an direkt aufeinanderfolgenden Tagen. Da Du als Training für einen Ultramarathon nie die gesamte Wettkampfdistanz laufen solltest, sind Back-to-Backs eine gute Methode um die Fortschreitende Ermüdung eines Ultralaufes zu simulieren. Die Trainingsmethode ist sehr belastend und sollte mit Bedacht durchgeführt werden.
#8 Variiere das Tempo
Rund 80 bis 90 Prozent Deines Trainings sind dem einfachen, lockeren und dementsprechend langsamen Laufen vorbehalten, den Rest darfst und sollst Du nutzen, um an Deinem Tempo zu arbeiten. Intervalle in verschiedenen Varianten helfen Dir, Deine Laufökonomie zu verbessern, geben Dir Saft in die Muskulatur und erhöhen Deine Laktattoleranz.
Bergzeit
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Viel Zeit beim Ultralaufen wirst Du mit Powerhiken zubringen. Es macht unbedingt Sinn, während Deiner lockeren Trainingseinheiten gezielt Deine Hiking-Skills zu verbessern, denn auch flottes, effizientes Gehen will und muss gelernt sein. Wie schnell und gut Du hiken kannst, entschiedet beim Ultralaufen eher über Deinen Erfolg als Deine Top-End-Geschwindigkeit.
Video: Training für einen Ultramarathon
#9 Achte auf die richtige Ernährung
Während der Vorbereitung auf einen Ultralauf hast Du den Freifahrtschein zum Essen. Viele hochwertige Lebensmittel versorgen Dich mit Nährstoffen. Diese sind wichtiges Baumaterial für Deinen Körper, denn das Training zerstört Muskeln, Sehnen, Bänder und Knochen auf Mikroebene. Ausgewogenes Essen hilft da bei der Reperatur. Überlastungsverletzungen, wie Ermüdungsbrüche, haben ihren Ursprung häufig in einer Mangelernährung.
#10 Übe essen beim Laufen
Essen ist eine gerne unterschätzte Fähigkeit beim Ultralauf. Wie viel Nahrung Du während des Laufens zu Dir nehmen kannst und wie gut Du sie verträgst, ist mitunter wichtiger als Deine Fitnesswerte.
Magenbeschwerden gehören zu den häufigsten Gründen, warum Läufer einen Ultramarathon abbrechen, denn es ist für den Körper Schwerstarbeit neben der Lauferei auch noch zu verdauen – zumal der Magen dabei die ganze Zeit durchgeschüttelt wird.
Du kannst und solltest Deine Fähigkeit Nahrung zu Dir zu nehmen (und sie bei Dir zu behalten), während Deinen langen Laufeinheiten trainieren.
Video: Ernährung für Ultramarathons
#11 Ein sinnvoller Plan
Ein sinnvoller Plan ist ein Plan, der zu Dir, Deiner Vorgeschichte und Deinen Lebensumständen passt. Er fängt klein an, ist auf eine längere Zeitdauer angelegt und steigert den Umfang regelmäßig in überschaubaren Schritten. So hatt Dein Körper die Möglichkeit sich für das Projekt Ultramarathon anzupassen, ohne schnell dadurch überlastet zu werden.
Laufschuhe, Laufbekleidung oder Trinkgürtel – Alles was Du fürs Ultralaufen brauchst findest Du im Bergzeit Shop.
Zum ShopDieser Beitrag wurde ursprünglich am 11. Juni 2021 veröffentlicht und zuletzt im Januar 2023 optisch überarbeitet.
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