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So war es in den Berchtesgadener Alpen

Bergzeit Alpincamp mit Rab: Über die Wiederroute auf den Watzmann

5 Minuten Lesezeit
Für die Teilnehmer des Bergzeit Alpincamps ging es diesmal mit Rab über die Wiederroute durch die kleine Watzmann-Ostwand zur Watzmann-Mittelspitze. Bergzeit Autor Sebastian war dabei und erzählt Dir wie's war!

4 Uhr morgens in der Kuhrointhütte und der Regen prasselt unaufhörlich auf das Schrägfensterdach unseres 5-Mann Schlaflagers… Wie soll das noch was werden? Erstens geht unser Plan A gerade gehörig schwimmen und zweitens ist mir zum schlafen viel zu heiß und das Schrägfensterdach für mich situativ gerade die Crux vom Wochenende.

Sprint bis zum ersten Käsekuchen

Aber nun von Anfang – am Nachmittag des 7. August treffen wir uns am Hammerstiel Parkplatz (760m) in Berchtesgaden und treten den Hüttenzustieg Richtung Kührointhütte an. Zur besonderen Verwunderung von Nina Schlesener, unserer Berchtesgadener Bergführerin, in etwas schnellerem Tempo, als von ihren „normalen“ Gästen gewohnt. „Als Bergführer gehst normalerweise so schnell dass du grad nicht einschläfst und so langsam dass du beinahe umfällst.“ Die Euphorie und der Tatendrang wurden dann, auch zu meinem Glück, an der Schapbachalm etwas eingebremst. Käsekuchen aus der eigenen Sennerei – war kann da schon nein sagen?!

Danach geht’s weiter zum eigentlichen Ziel des Tages – zur Kührointhütte (1420m). Als wir oben ankommen sind die ersten Tagesgäste gerade am Aufbrechen da die Vorboten der kommenden Kaltwetterfront sich schon anbahnen. Der Regen setzt kurz nach 20 Uhr ein.

Unserer Bergführerin Nina ist die Skepsis über das Wetter ins Gesicht geschrieben..

Sebastian Brötzner

Unserer Bergführerin Nina ist die Skepsis über das Wetter ins Gesicht geschrieben..


Nach abendlichem Beisammensein mit etwas Schnaps gehen wir eigentlich alle ohne große Erwartungen ins Bett. Die Wiederroute auf den Watzmann ist mit Kletterstellen im 3. Schwierigkeitsgrad ausgeschrieben. Unmöglich bei dem schlechten Wetter und der Vorhersage für den nächsten Tag denken sich sicher einige. Die Ausweichrouten ins Watzmannkar und auf das 5. Watzmannkind werden ins Auge gefasst. Einerseits sehr schade, da keiner von uns wirklich Lust auf „wandern“ hat aber andererseits ist der vorhandene Druck dann aber auch geringer, es schlief sich jedenfalls fast für alle gut – egal ob es der Käsekuchen, der Schnaps oder eben besagte Leichtigkeit der Unwissenheit geschuldet war. Wenn da nicht diese Hitze im Schlaflager gewesen wäre – jedenfalls war ich nicht alleine und Christian Schlesener, unser Bergführer, kletterte um 3 Uhr morgens über sein Bett zum Schrägfensterdach und füllte das Schlaflager mit kühler Bergluft. Mein Held!

Acht Achtel Wolken und es fällt was raus

Der andauernde Nieselregen lässt uns die Wecker um 7.00 nochmal auf snooze stellen. Leider haben wir die Rechnung ohne Nina gemacht welche uns 10 Minuten später mit „Das war ja klar“ letztendlich doch aus den Federn reisst.
Beim Frühstück haben wir uns dann dafür entschieden den Weg ins Watzmannkar, trotz Regen, anzutreten und dann dort zu entscheiden, ob 5. Watzmannkind oder doch die Wiederroute zu wagen.

Nach einstimmiger Abstimmung - wir steigen ein in die kleine Watzmann Ostwand...

Sebastian Brötzner

Nach einstimmiger Abstimmung – wir steigen ein in die kleine Watzmann Ostwand…


Zu aller Verwunderung lässt der Regen nach gut einer Stunde nach und es lockerte zwischendurch auch etwas auf. Als Christian uns dann erklärte dass er die Wiederroute einige Wochen zuvor in ähnlichen Bedingungen bestiegen hat und die Wand äußerst schnell abtrockne, wich die Skepsis schnell der Lust aufs Abenteuer.

Die erste Verschneidung (Schwierigkeitsgrad 3-) ist in nassem Zustand alles andere als ein Genuss, jedoch wird es danach sofort besser und vor allem trockener. Am breiten Wiederband war das Wasser in den kleinen, ansonsten trockenen Rinnen, noch am fließen. Quasi Erosion in Echtzeit, unter unseren Füßen. Am Bandwächter angekommen halten wir alle inne, genießen die Stille und sehen dem Nebel zu wie er den Obersee und den Königssee, immer wieder für ein paar Minuten freilegt. Das einzige Lebenszeichen nach Menschen waren 2 Boote am Königssee, ansonsten war es ruhig, im sonst so stark frequentierten Nationalpark.

Man erkennt die nassen Stellen an der dunklen Schimmerung des Steins, auch hier auf der unteren Platte muss man auf die Reibung der Schuhe vertrauen.

Sebastian Brötzner

Man erkennt die nassen Stellen an der dunklen Schimmerung des Steins, auch hier auf der unteren Platte muss man auf die Reibung der Schuhe vertrauen.


Man erkennt die nassen Stellen an der dunklen Schimmerung des Steins, auch hier auf der unteren Platte muss man auf die Reibung der Schuhe vertrauen.

Sebastian Brötzner

Die Hälfte des Weges ist geschaftt.


Desto höher wir uns in das letzte Drittel der Ostwand hinaufbewegen desto mehr verschlingen uns die berühmten Nebelschwaden, welche Wolfgang Ambros schon 1974 besang. Es war eine Stimmung die dem imposanten Schicksalsberg Watzmann sehr gerecht wird.

Doch auch die letzte Kantenkletterei (kurz 3-) vor der Mittelspitze (2713 m) war ein echter Genuss und ist mittlerweile vom leichten Wind wieder ganz abgetrocknet. Alle Teilnehmer konnten die 750 Höhenmeter durch die Watzmann Ostwand frei, also ohne Seil, bewältigen, obwohl es immer im Rucksack unserer 3 Bergführer/ innen zur Hand gewesen wäre. Oben angekommen sind alle überglücklich über einen Tag den sich so niemand mehr erwartet hat.

Dies, und desen sind sich alle bewusst, haben wir nur unseren Bergführern Nina Schlesener, Maria Pilarski und Christian Schlesener zu verdanken. Ohne Sie kann man sich nicht in so widrigen Bedingungen in einer der längsten Wände der Ostalpen bewegen. Auch an schönen Tagen ist die Wegfindung der Wiederroute nicht zu unterschätzen, alpine Erfahrung und das Lesen von logischen Routenverläufen sind in der Wand der einzige Weg zum Gipfel, außer man hat eben erfahrene Bergführer zur Seite.

Die Teilnehmer des Alpincamps ist der Respekt ins Gesicht geschrieben. Nie schlecht am Berg.

Sebastian Brötzner

Die Teilnehmer des Alpincamps ist der Respekt ins Gesicht geschrieben. Nie schlecht am Berg.


Im Nebel über den Watzmanngrat

Ohne Aussicht und stabilem Wetter vertreibt es, völlig zurecht, auch den durchschnittlichen Besteiger des Watzmanns und der berühmten Watzmann Überschreitung. So passiert es uns dass wir bis zum Watzmannhaus keiner Seele über den Weg laufen. Die Stimmung am Berg ist eine andere bei diesem Wetter. Die Gefahren weichen den momentanen Gedanken weniger als wenn die Aussicht einen ablenkt. Alles ist ein wenig ernsthafter und bedrohlicher.

Auf halben Weg zum Watzmannhaus gibt uns der Nebel wieder frei. Wir ziehen vorbei da sich die nächste Front schon wieder ankündigt. An der Stubenalm (1145m) wird der Hunger dann doch nochmal zu groß. Nach insgesamt 1300 Höhenmetern bergauf und bis zu dem Zeitpunkt auch 1550 Höhenmetern bergab, haben wir uns die Stärkung aber auch nochmal verdient bevor es für einige der Teilnehmer wieder in die 9 Stunden entfernte Heimat Richtung Schleswig Holstein geht.

Die letzten Klettermeter bis zum Gipfel. Auch die Crux der Wiederroute (3).

Sebastian Brötzner

Die letzten Klettermeter bis zum Gipfel. Auch die Crux der Wiederroute (3).


Die letzten Klettermeter bis zum Gipfel. Auch die Crux der Wiederroute (3).

Sebastian Brötzner

Happy über eine Grenzerfahrung mehr.


Fazit

Mit guten Weggenossen ist so einiges erst wirklich realisierbar. Es war eine wunderschöne Tour mit etwas wenigen Tiefblicken in die Ferne, jedoch aber einer Stimmung am Watzmann die nicht jeder so erleben kann wie wir. Zu guter Letzt will ich den Erstbesteigern dieser Tour meinen Respekt zollen, welche 2020 sein 100 jähriges Jubiläum feierte.
Tipp vom mir – die Bilder wirken nochmal mehr mit dem oben bereits erwähnten Lied von Wolfgang Ambros – Der Berg.

Allein am Watzmann mit einer super motivierten Crew!

Sebastian Brötzner

Allein am Watzmann mit einer super motivierten Crew!


Berg Heil und bleibts gsund, Sebastian Brötzner

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