Augment? Diesen Hersteller habe ich ehrlich gesagt noch gar nicht so lange auf dem Schirm. Ich habe diese Ski-Marke anfangs nur im Skialpinrennsport und Skitourenrennsport gesehen. Irgendwann habe ich dann erfahren, dass die Marke ihre Ski in Österreich produziert und aus der früheren Marke „Croc“ entstanden ist. Es ist also reichlich Ski-Know-How vorhanden. Besonders spannend: Die Ski werden in sehr kleinen Mengen in Handarbeit gefertigt. Als ich dann auf der ISPO gesehen habe, dass sie nun auch Freetouring-Ski mit einem modernen Shape rausbringen war klar, dass ich diesen Ski unbedingt fahren wollte.
Christian Hofstetter
Der Hersteller verspricht, dass der Free Tour 98 ein aggressiver All Mountain Tourenski für einen sehr breiten Einsatzbereich ist. Wenn man sich mal die reinen Hardfacts ansieht, überzeugt der Ski bereits ohne, dass man ihn jemals gefahren ist. Eine Sandwich-Bauweise mit Seitenwangen, ein Holzkern mit Titanal-Einlage, 2.800 Gramm bei 180 Zentimetern Länge und ein moderner Shape mit Tip- und Tail-Rocker. Wenn man diese Eigenschaften gepaart betrachtet, dann sind mir kaum Ski auf dem Markt bekannt, die hier mithalten können.
Das Test-Setup
Ich habe den Ski in 180 Zentimeter Länge mit einer ATK R12 Bindung getestet. Außerdem habe ich ein Kohla Alpinist Fell benutzt. Meine Körpergröße ist 181 Zentimeter. Normalerweise fahre ich meinen Ski gerne ein bisschen über Körperlänge, da ich den Ski aber als Allroundski in jedem Gelände fahren möchte, entschied ich mich für die kürzere Länge 180 Zentimeter. Somit verspreche ich mir eine gute Kantengriffigkeit, einen tollen Auftrieb im Tiefschnee und eine gewisse Drehfreudigkeit. Trotzdem kann man bei einem Ski in Körpergröße meines Erachtens auch im steilen Gelände noch relativ gut Spitzkehren gehen.
Als erstes ist mir bei dem Ski aufgefallen, dass jedes Modell eine eigene farbliche Zusammensetzung aufweist: Das heißt Ski aus der gleichen Serie/Produktion haben eine minimale farbliche Abweichung. Hier merkt man bereits, dass es handgemachte und echte Unikate sind. Außerdem habe ich selten so ein Kantenfinish und so eine schön geschliffene Struktur im Belag gesehen. Und als (ehemaliger) Ski-Einkäufer von Bergzeit habe ich schon jede Menge Ski in der Hand gehabt.
Erster Test auf der Piste
Leider musste mein erster Test auf einer Piste stattfinden, da die Schneelage und die zum Test-Zeitpunkt nicht erlaubte Einreise in schneereichere Regionen mich in der Testmöglichkeit etwas eingeschränkt haben.
Beim ersten Test im Schnee überzeugt bereits das geringe Gewicht. Obwohl der Ski eine Mittelbreite von 98 Millimeter hat, ist er so leicht, dass er sich auch für längere Touren eignet. Im Aufstieg kam mir die Skibreite zugute, da man mehr Auflage-Fläche hat und somit man somit auf Kunstschneepisten nicht so leicht weg rutscht, da viel Fell unter dem Ski für guten Halt sorgt.
Christian Hofstetter
Christian Hofstetter
Bemerkenswert in der Abfahrt – wie ich mir bereits gedacht hatte – ist die Kantengriffigkeit des Freetourer. Obwohl der Ski relativ breit und vorwiegend fürs freie Gelände konzipiert ist, lässt er sich super auf der Kante fahren und ist auch nicht ruppig. Der kurze Radius von 18 Meter sorgt für ein sehr gute Wendigkeit. Seine Titanal-Einlage in Kombination mit dem kurzen Radius verlangt eine saubere Fahrweise und verzeiht nicht allzu viele Fehler. Bei den ersten Schwüngen auf der harten Piste bin ich gleich mal von dem direkten Rebound überrascht worden. Wenn man den Ski allerdings sehr plan ohne viel Kanteneinsatz fährt, wirkt er unruhig und man merkt sofort, dass der Ski an Tip und Tail einen Rocker verbaut hat. Nach zwei Abfahrten hatte ich aber ein gutes Gefühl für den Ski entwickelt und konnte gut einschätzen wie er auf harter Piste reagiert. Somit hatte ich total viel Spaß so einen sportlichen Ski zu fahren, obwohl er eigentlich fürs Gelände gemacht ist.
In meinem Test möchte ich auch gerne den Vergleich zu anderen Freetouring-Ski aufzeigen (Kästle TX 98, K2 Wayback 96). Diese haben eine ähnliche Mittelbreite, sind etwas fehlerverzeihender, weisen allerdings nicht ganz so viel Kantengriffigkeit auf.
Etwas Acht geben sollte man bei diesem Schmuckstück allerdings schon: Durch die sehr cleane Optik hat man relativ schnell kleine Cuts an der Skispitze, wenn man einen zu engen Fahrstil hat. Dies fällt natürlich vor allem auf der Piste auf, ist aber nur eine nebensächliche optische Thematik.
Zweiter Test im Gelände
Bei einer weiteren Skitour im Gelände konnte der Ski seine ganze Stärke ausspielen. Der Auftrieb im Tiefschnee ist sensationell. Auch die Wendigkeit im Wald/schneearmen Passagen ist sehr gut und ich hatte immer das Gefühl den richtigen Ski am Fuß zu haben.
Christian Hofstetter
Da wir Mitte Januar eine ordentliche Portion Schnee abbekommen haben kam der Free Tour 98 auch noch bei besten Neuschnee zum Einsatz. Ich war überrascht wie viel Auftrieb der Ski bietet, obwohl die Mittelbreite nicht über 100 Millimeter ist. Durch die breite Schaufel lässt sich der Auftrieb durchaus mit einem Backland 107 von Atomic vergleichen. Auch bei Abfahrten im etwas schwererem Neuschnee kam ich immer noch sehr gut voran, wo meine Skitourenpartner zum Teil schon stecken geblieben sind.
Testfazit
Bei allen Skitouren hatte ich trotz wechselnden Schneebedingungen sehr viel Freude mit dem Free Tour 98, obwohl der Ski eher für Powder Runs konzipiert wurde. Egal ob harte Piste oder engere Waldpassagen, dem Free Tour 98 stört nichts, er hält sein Versprechen. Die Performance gepaart mit dem sehr leichten Gewicht überzeugt mich total. Eine ähnliche Kombination habe ich bis dato noch kaum gesehen. Allerdings möchte der Ski definitiv sauber gefahren werden da er sonst nicht allzu fehlerverzeihend ist.
Beide Daumen hoch für einen Ski welchen es auch nicht an jeder Ecke zu kaufen gibt!
Die Verarbeitung des Skis und das Finish von Kante und Belag sind extrem hochwertig und rechtfertigen meines Erachtens auch den recht hohen UVP von 799,95 Euro. Ich finde den Ski sowohl optisch als auch vom Fahrverhalten absolut überzeugend. Beide Daumen hoch für einen Ski welchen es auch nicht an jeder Ecke zu kaufen gibt! Individualisten werden ihn lieben.
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