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Rettung am Berg

Bergretter werden – so funktioniert’s

5 Minuten Lesezeit
Die österreichische Bergrettung hat unzähligen Hoch- und Skitourengehern, Wanderern, Mountainbikern und anderen Bergsportlern aus der Patsche geholfen. Bergrettungs-Mitglied und Profi-Freerider Lukas Ebenbichler erklärt, wie man Bergretter wird.

Die österreichische Bergrettung ist ein Zusammenschluss von Freiwilligen. Jede Frau – und jeder Mann – kann sich anmelden. Aber mit der Anmeldung ist es nicht getan. Man durchläuft eine zweijährige Ausbildung, um sich dann endlich Bergretter nennen zu können.

Wie werde ich Bergretter?

Bergretter werden bedeutet, auch im Ernstfall die Nerven zu behalten. | Foto: Bergrettung Tirol
Bergretter werden bedeutet, auch im Ernstfall die Nerven zu behalten. | Foto: Bergrettung Tirol

Sollte der Wunsch bestehen, am Berg in Not geratenen Menschen zu helfen, sollte man sich zunächst einige Fragen stellen.

  • Bin ich ständig (oder zumindest häufig) erreichbar und einsatzbereit?
  • Gibt mir mein Chef frei, wenn ein Einsatz ansteht?
  • Bin ich am Berg konditionell und technisch ausreichend fit, um mich selbst und meine Kameraden nicht in Gefahr zu bringen?
  • Bin ich darüber hinaus psychisch in der Lage, belastende Situationen zu meistern, ohne dass mich das eigene Empfinden zu stark behindert?

Hat man alle diese Fragen mit Ja beantwortet, steht einer Laufbahn als Bergretter nichts mehr im Wege. Die Anmeldung und der Erstkontakt erfolgt bei derjenigen Ortstelle, die am nächsten zum Wohnort liegt – in Tirol gibt es beispielsweise 92 Ortsstellen. Der Ortsstellenleiter und ein Ausschuss entscheiden anschließend über die Aufnahme. Sollte der Bescheid positiv sein, beginnt das sogenannte Anwärterjahr.

In diesem Jahr ist man bereits voll in das Einsatzgeschehen involviert. Anwärter rücken auch bei Alarmen aus. Je nach Ortsstelle wird die Teilnahme an den verschiedenen Einsätzen unterschiedlich gehandhabt – über das jeweilige Regelwerk sollte man sich im Vorhinein informieren. Während dieser Zeit werden auch Pflichtschulungen abgehalten, um die Basics in Sachen Seiltechnik, Bergetechniken sowie Erster Hilfe zu festigen und zu vertiefen.

Die Bergrettung ist keine Bergsportschule

Wer Bergretter werden will, sollte über umfangreiches Vorwissen verfügen. | Foto: Bergrettung Tirol
Wer Bergretter werden will, sollte über umfangreiches Vorwissen verfügen. | Foto: Bergrettung Tirol

Ganz wichtig: Die Bergrettung macht keinen Alpinisten aus Dir! Viele Interessenten glauben, dass die Bergrettung eine Bergsportschule ist, in die man man als Anfänger eintritt und danach als Alpinist wieder austritt. Dem ist jedoch nicht so. Die Bergrettung ist dafür da, um Menschen zu retten und nicht, um sie aufgrund der eigenen Unwissenheit am Berg noch mehr in Not zu bringen, als sie sowieso schon sind.

Selbstverständlich werden bei der Bergrettung Fortbildungen und Schulungen abgehalten. Ein Anwärter muss jedoch gewisse Voraussetzungen mitbringen, um überhaupt eintreten zu können – dies wird bereits bei der Anmeldung abgeklopft. Die Basisvoraussetzungen sind:

  • Entsprechender Bedarf einer ÖBRD-Ortsstelle
  • Zeitliche Verfügbarkeit für Einsätze und Ausbildung
  • Körperliche und geistige Eignung
  • Ehrenamtliche und freiwillige Mitarbeit
  • Mindestalter: vollendetes 14. Lebensjahr
  • Bei Bewerbern unter 18 Jahren schriftliches Einverständnis der Erziehungsberechtigten
  • Kontaktaufnahme mit Ortsstelle, in der Heimatgemeinde bzw. in nächstgelegener Region

 

Zwei Aufnahmeprüfungen nach dem Anwärterjahr

Nach dem Anwärterjahr stehen zwei Aufnahmeprüfungen auf dem Programm – eine im Sommer und eine im Winter. Im Sommer wird Klettern, die Fortbewegung im unwegsamen und steilen Gelände, Bergetechnik sowie Erste Hilfe überprüft. Zusätzlich muss man einen vollständigen Tourenbericht vorlegen, der Sommer- und Skitouren, Mehrseillängen und Mixed-Touren beinhalten muss. Des Weiteren wird ein 16-stündiger Erste-Hilfe-Kurs durchlaufen.

Die Winter-Prüfung gestaltet sich – erst recht aus meiner Sicht als Profi-Freerider – etwas leichter. Sie besteht darin, 1.000 Höhenmeter in zwei Stunden aufzusteigen und danach abzufahren. Denn jeder Bergretter sollte fähig sein, im Gelände und bei wechselnden Schneeverhältnissen sicher und rechtzeitig zum Patienten zu gelangen.

Es geht um Menschenleben! Das sichere Beherrschen der Ersten Hilfe gehört zum kleinen Einmaleins des Bergretters. | Foto: Bergrettung Tirol
Es geht um Menschenleben! Das sichere Beherrschen der Ersten Hilfe gehört zum kleinen Einmaleins des Bergretters. | Foto: Bergrettung Tirol

Hat man diese beiden Prüfungen überstanden, stehen zwei einwöchige Kurse im Ausbildungszentrum der Bergrettung Tirol im Jamtal in der Silvretta an. Dort werden weitere Bergetechniken und andere essentielle Fähigkeiten eines Bergretters geschult und zum Abschluss geprüft.

Es geht um Menschenleben

Es ist heutzutage nicht mehr ganz so einfach, ein aktives Mitglied der Bergrettung zu werden. Man trägt als Bergretter viel Verantwortung, denn es geht um Menschenleben. Bei aller Vorfreude auf die Ausbildung und dem Image des „lockeren Bergretters“ sollte man sein Engagament sehr ernst nehmen. In bestimmten Situationen wird man über sich hinauswachsen müssen. Man wird an die eigenen Grenzen stoßen – und sich vielleicht selbst in Gefahr bringen.

Die Kameradschaft wird bei der Bergrettung jedoch sehr groß geschrieben. Wir sind ein Verein und durchleben gemeinsam schwierige Einsätze.  Dafür ist der Zusammenhalt sehr wichtig – und auch das offene Gespräch über das Erlebte.

Die Bergrettung – das ist ein sympathischer Haufen aus Elektrikern, Bauarbeitern, Köchen, Vermessungstechnikern, Physiotherapeuten, Bankern, Schnitzern, Förstern und Landwirten mit nur einem Ziel: Menschen zu helfen, wo andere nicht mehr können.

Hinweis:  Im Gegensatz zur Bergwacht in Bayern, die als Körperschaft öffentlichen Rechts dem Landesverband des Bayerischen Roten Kreuzes zugeordnet ist, ist die österreichische Bergrettung ein Verein, der sich z.T. aus Geldern seiner Förderer und Mitglieder finanziert. Damit einhergehend haben Bergretter weniger Rechte und auch weniger Pflichten.

Fazit zum Thema „Bergretter werden“

Die Bergrettung ist eine sehr erfüllende Aufgabe. Sie gibt einem sehr viel – aber sie verlangt auch viel ab, nämlich die Zeit für Einsätze, Schulungen, Kameradschaftstouren, Ausflüge und gemütliche Abende. Wir sind bei der Bergrettung eben nicht nur Kameraden, sondern Freunde!

Lust darauf bekommen, selbst die Ausbildung zur Bergretterin oder zum Bergretter zu durchlaufen? Alle weiteren relevanten Informationen gibt es auf der Website der Bergrettung Tirol.

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