Ich weiß nicht mehr, wer diese Idee mit dem Halbmarathon hatte – meine Freundin oder ich. Ich weiß nur, ich habe sie immer wieder verflucht, also die Idee, nicht meine Freundin. Wobei ich zugeben muss, auch meine Freundin hat in den kommenden Trainingswochen einiges abbekommen. Als ich vor Seitenstechen kaum noch atmen konnte oder ich nicht wusste, wie ich diesen kleinen Hügel im Park eigentlich noch hochkommen soll und sie mich fragte, ob wir nicht noch eine „kleine Schleife“ dranhängen sollen. Und als ich nach dem Zieleinlauf im Münchner Olympiastadion einfach nur froh war, dass diese Quälerei endlich zu Ende ist, plante sie schon unsere gemeinsame Marathon-Anmeldung.
Runner’s High? Kenne ich nicht.
Ich muss zugeben: Trotz wirklich guter Vorbereitung und striktem Einhalten des Trainingsplans, hat es bei mir und dem Laufen nie Klick gemacht. Der viel beschriebene rausch-ähnliche Zustand des „Runner’s High“, in dem man einfach nur noch glücklich und schmerzfrei über den Asphalt schwebt, wollte sich bei mir einfach nicht einstellen – nicht nach einer Stunde, nicht nach zwei Stunden und schon gar nicht nach drei Stunden auf dem Asphalt.
Ryoji Iwata/Unsplash
Wäre meine Freundin nicht auch meine Nachbarin, die regelmäßig in Laufmontur bei mir an der Haustür klingeln würde, ich hätte meine Laufschuhe vermutlich schon längst an den Nagel gehängt. Doch meine Freundin ist hartnäckig – und so laufe ich weiter.
Corona und die Lauf-Monotie
Ein paar Monate nach unserem gemeinsamen Halbmarathon-Erlebnis und meinem Schwur, nie wieder mehr als 20 Kilometer zu laufen, kam Corona. Und statt ins Kino, ins Schwimmbad oder ins Restaurant zu gehen, schnürten meine Freundin und ich immer öfter die Laufschuhe – einfach, um mal „rauszukommen“.
Man sagt ja, das Schöne am Laufen ist, dass man es jederzeit und direkt von zuhause aus machen kann. Doch der in Coronazeiten durchaus sinnvolle Sport vor der eigenen Haustür hing mir nach der 150. Hausrunde wirklich zum Hals raus.
Befreiung auf dem Trail
Wir brauchten unbedingt Abwechslung! Hätten wir diese in Form von Biergärten- oder Kinobesuchen gehabt, wäre es vielleicht anders gekommen, aber so suchten wir die nötige Abwechslung eben beim Laufen. Und die fanden meine Freundin und ich auf den Trails: Weg von den bekannten Asphaltstrecken durch die Stadt und rein in die Natur. Auf schmalen Pfaden durch den Wald, am Bach entlang, springen wir jetzt über Wurzeln, Stöcke und Steine. Die vom Asphalt so schwer gewordenen Füße fühlen sich plötzlich wieder ganz leicht an.
Bergzeit
Ich denke nicht mehr daran, wie lange ich diese Straße noch geradeaus laufen muss, ob ich meine Rundenzeit noch einmal steigern kann oder wann ich wieder zuhause bin. Ich konzentriere mich voll und ganz auf den unebenen Untergrund, weiche herabhängenden Ästen aus, springe durch Pfützen und über Wurzeln und laufe im Slalom um große Steine herum. Trailrunning befreit meinen Kopf, macht mich glücklich – und auf einmal bekomme selbst ich eine Idee davon, was „Runner’s High“ bedeutet.
Gehen wir jetzt joggen, laufen oder trailrunnen?
Na gut, wenn ich mich mit so manchen meiner Bergzeit Kollegen und Kolleginnen vergleiche, liegt auf dem Weg zum „richtigen Trailrunning“ noch ein hoher Berg vor mir – im wahrsten Sinne des Wortes. Wobei eigentlich gilt ja alles als Trail, was keine befestigte Straße oder Fußweg ist. In dem Moment, in dem ich mit meinen Laufschuhen die Straße verlasse und auf den schmalen Naturpfad einbiege, werde ich per Definition also zur Trailläuferin.
Trotzdem verabrede ich mit meiner Freundin nach wie vor zum Laufen – nicht zum Trailrunning. Aber egal, wie wir es nun nennen, fest steht: Meinen Spaß am Laufen habe ich erst auf dem Trail entdeckt.
Welcher Läufertyp bist Du? Asphalt oder Trail? Wir freuen uns über Deine Kommentare.
Sportlab/Unsplash
Bergzeit