Inhalt
- Dynafit Hoji Pro Tour: Material und Passform
- Hoji Lock System: Einfach einhändig zu bedienen
- Flex 120: Schnallen vor der Tour anpassen!
- Speed Nose verbessert Wendigkeit des Skitourenstiefels
- Steigeisen mit System ergänzen Hoji Pro Tour
- Flexibilität und Leichtigkeit im Aufstieg
- Stabilität und Kraftübertragung bei der Abfahrt
- Test-Fazit zum Dynafit Hoji Pro Tour Skitourenstiefel
Wenn man sich die Evolution des Skifahrens in einer Person vorstellen möchte, dann kommt der Kanadier Eric „Hoji“ Hjorleifson einer Personifizierung wohl ziemlich nah. Angefangen hat er im Skirennlauf, ging dann über zu Park-Kunstfertigkeit und ist letztendlich beim Big Mountain Freeriding angekommen. Die Revolution des Skitourengehens hingegen verdanken wir Fritz Barthel, der laut Hörensagen die Low Tech Bindung (PIN-Konstruktion ohne Rahmen) von Dynafit nur aus reiner Faulheit erfunden haben soll. Was passiert also, wenn der eingefleischte Profi-Freerider und der erfinderische Skibergsteiger aufeinandertreffen? Wo man früher bei der Wahl des Skitourenschuhs zwischen Leichtigkeit im Aufstieg oder Performance bei der Abfahrt einen Tod sterben musste, hat man jetzt die Antwort: Dynafit Hoji Pro Tour.
Dynafit Hoji Pro Tour: Material und Passform
Der gesamte Außenschuh des Dynafit Hoji Pro Tour ist aus Grilamid hergestellt, was ein recht neues Material auf dem Skischuhmarkt ist. Der Kunststoff ist nicht nur sehr leicht, sondern zeigt auch eine hohe Bruchfestigkeit bei tiefen Temperaturen. Die Haptik des Schuhs ist hierbei auch sehr angenehm. Die Sohle kommt aus dem Hause Pomoca und bietet durch Stollen mit Sicherheit guten Halt beim Gehen.
Da ich keine Waden wie Pommespieker, dabei aber einen schmalen Fuß habe, bin ich in der Regel ein schwieriger Kandidat was die Passform betrifft. Drei feinjustierbare Mg-Schnallen und die Ultra Lock Strap im Schienbeinbereich ermöglichen jedoch eine ziemlich gute Anpassung des Dynafit Hoji Pro Tour an den Fuß. Ich hatte beim Aufstieg kein übermäßiges „Schlackern“ des Fußes im Schuh und für die Abfahrt konnte ich die Schnallen im Optimalpunkt zwischen „Blutzirkulation vorhanden“ und „es passt keine Euromünze mehr zwischen Schuh und Schienbein“ fixieren. Der Innenschuh war für mich am Anfang ungewohnt eng, passt sich, wenn er warm wird jedoch nochmal an den Fuß an.
Hoji Lock System: Einfach einhändig zu bedienen
Das Erfinderduo hat sich ein komplett neues Verschlusssystem für den Hoji Pro Tour überlegt. Das Hoji Lock System ist in Form eines Keilelements im Schuh versteckt und mit einer Hand einfach zu bedienen. Durch Betätigung der Heckschnalle wird der Ski-Walk-Mechanismus aktiviert und es schiebt sich ein Keilelement zwischen Schaft und Schale.
Hierdurch bildet der Skitourenstiefel nun eine Einheit mit hoher Steifigkeit, die es mit einem Alpinskischuh aufnehmen kann. Die auffällig große Schnalle hat dabei bei mir schon beim ersten Anblick Freude ausgelöst. Ich stand bisher nicht nur einmal am Berg und musste bei Eiseskälte meine Handschuhe ausziehen, um eine unterdimensionierte Schnalle umzulegen, die vielleicht noch festgefroren war…
Flex 120: Schnallen vor der Tour anpassen!
Der Flex ist ein Index für die Steifigkeit eines Skischuhs. Von einem Laien erklärt: Je kleiner die Zahl, desto leichter kann der Schuhschaft im Stand nach vorne gedrückt werden. Je aggressiver man fahren möchte, desto höher sollte der Flex sein, so dass eine optimale Kraftübertragung auf den Ski gewährleistet werden kann.
Da ein hoher Flex oft mit weniger Komfort einher geht, war ich am Anfang etwas besorgt. Beim Dynafit Hoji Pro Tour mit Flex 120 muss man auf jeden Fall vor der ersten Tour die Schnalleneinstellungen an die individuellen Bedürfnisse anpassen. So bekommt man bei der Abfahrt nicht das Gefühl, bei der hohen Steifigkeit an Komfort eingebüßt zu haben. Sofern er korrekt eingestellt ist, ist der Schuh nämlich geradezu gemütlich.
Speed Nose verbessert Wendigkeit des Skitourenstiefels
Ein Vorteil soll die reduzierte Schuhspitze sein, durch welche der Drehpunkt weiter nach hinten gesetzt wird, was die Wendigkeit des Dynafit Hoji Pro Tour verbessern soll. Diese Konstruktion ist durch etwas weniger Material minimal leichter für den Aufstieg und man hat zur geringeren Standhöhe eine bessere Kraftübertragung auf die Skikante.
Durch diese Speed Nose gibt es keine Vorderbacken mehr, so dass der Tourenschuh nicht für klassische Rahmenbindungen oder vollautomatische Steigeisen mit Bügeln verwendet werden kann. Wer schon schöne Steigeisen zu Hause hat, wird hier nicht wirklich vor Freude aufschreien.
Steigeisen mit System ergänzen Hoji Pro Tour
Wer jedoch bei Gewicht und Schnelligkeit alles aus der Technik rauskitzeln will, für den gibt es eine Lösung: Anstelle von Korb-Steigeisen kann man den Dynafit Hoji Pro Tour nämlich mit den mir bekannten leichtesten Steigeisen der Welt kombinieren.
In der Schuhsohle befinden sich kleine Haken, wo man die je 130 Gramm leichten Cramp-In Crampons mit Salewa Hook Technologie befestigen kann. Nach dem Einhaken muss nur noch mittels Hebel an der Ferse das Eisen fixiert werden und man ist startklar für eine Kletterpartie. Leider hatte ich im November nicht die passenden Bedingungen, um die Steigeisen zu testen – da freut man sich schon auf das Frühjahr!
Flexibilität und Leichtigkeit im Aufstieg
Das Anziehen der Tourenstiefel ist auch hier mit einem kurzen Kraftakt verbunden, aber einmal drin kann es direkt losgehen. Die Schnallen bleiben offen und da die Ultra Lock Strap über ein Kabelsystem mit dem Ski-Walk-Mechanismus verbunden ist, muss man hier nicht mehr viel rumfummeln – ein Glück kein Klett! Der Innenschuh des Dynafit Hoji Pro Tour ist gut gepolstert und im Knöchel-/Wadenbereich vorgeformt. Der Fuß rutscht somit beim Aufstieg nicht umher und ein Blasenrisiko wird meines Erachtens minimiert.
- Lesetipp: Blasen vorbeugen
Die Schaftrotation beträgt 55 Grad, was mir im steilen Gelände die nötige Bewegungsfreiheit gab. Bei der ganzen neuen Agilität bin ich fast umgefallen, aber das lag weniger am Stiefel, als vielmehr an meinem mangelnden Gleichgewichtssinn. Der Skistiefel selbst hat noch eine weiche Zunge in V-Form, was die Flexibilität beim Aufstieg noch ein wenig verbessert.
Was ich ebenfalls als angenehm empfunden habe ist, dass beim Hoji nicht unbedingt an der Polsterung des Innenschuhs gespart wurde, so dass der Fuß auch bei eisigen Temperaturen schön warm geblieben ist. Alles in allem ist der Schuh sehr bequem und dabei relativ leicht. Es „klappert“ nichts und man kann die unterste Schnalle geöffnet fixieren. Man hat nicht das Gefühl, einen Bleiblock den Berg hinauf zu schieben und freut sich bei jedem Schritt auf die nahende Abfahrt.
Stabilität und Kraftübertragung bei der Abfahrt
Mit einem simplen Griff lässt sich der Dynafit Hoji Pro Tour in Abfahrtsposition bringen. Durch die drei Schnallen und den Strap kann der Schuh je nach Belieben festgemacht werden. Im Polster sind Knöchel und Wade vorgeformt, so dass ich zumindest kein unangenehmes Druckgefühl empfunden habe, wie es manchmal bei normalen Skischuhen vorkommen kann.
Laut Hersteller wird der Tourenstiefel mit einer Position von 11 Grad blockiert, was für mich angenehm war, da man nicht gefühlt „in die Knie gezwungen“ wird. Das Anschnallen der Ski funktioniert einwandfrei, sofern man die Low Tech Bindung von Dynafit bereits gewohnt ist. Steht man dann einmal drin, sitzt alles bombenfest – und zwar die gesamte Abfahrt über. Ich war sehr positiv überrascht.
Da ich bereits im Spätherbst mit den Ski unterwegs war, war beim Untergrund ein wenig Harsch im Gelände, planierter Kunstschnee und Eis dabei. Im Stiefel rührte sich jedoch nix. Bei meinen alten Stiefeln war ich ein leichtes Spiel zwischen Schaft und Schale gewohnt, der Hoji hingegen überträgt den Druck beim Aufkanten ohne einen Knarzer zu gefühlt 100 Prozent auf die Piste. Einfach traumhaft und ohne böse Überraschungen!
Test-Fazit zum Dynafit Hoji Pro Tour Skitourenstiefel
Dynafit hat schon mehrmals Meilensteine in der Skitourengeschichte gelegt, sei es wegen der Innovation im Bereich der Tech-Bindung oder was die Leichtigkeit von Skitourenstiefeln im Allgemeinen betrifft. Mit dem Hoji Pro Tour hat Dynafit meines Erachtens ein weiterer R-Evolutionsschritt geschafft. Der Schuh kann durch die leichte Konstruktion einerseits schnelle Pistengeher begeistern, geht andererseits aber keine Kompromisse bei einer knackigen Freeride-Abfahrt ein.
Viel Bewegungsfreiheit, viel Komfort, simple Bedienung und eine Wahnsinns-Abfahrtsperformance, wo sich manch anderer Alpinschuh ducken muss – und das bei 1389 Gramm und einer Sohlenlänge von 265 Millimetern pro Schuh. Klar, es gibt leichtere Skitourenschuhe – aber das perfekt austarierte Verhältnis von Gewicht zu Stabilität findet man meiner Ansicht nach aktuell nur beim Dynafit Hoji Pro Tour.