• Seit 1999 online
  • Powered by 350 Bergsportler
  • Am Puls der Berge
Mein neuer Lieblingskletterschuh

Die neuen Five Ten Quantum Kletterschuhe im Test

6 Minuten Lesezeit
Five Ten hat mit großem Getöse die Quantum Kletterschuhe gemeinsam mit Thomas Huber überarbeitet und zu einem stolzen Preis wieder losgelassen. Was ist rausgekommen: Hui oder Pfui?

Es gibt Kletterschuhe und Kletterschuhhersteller, an denen sich die Geister scheiden. Den einen passen die Kletterlatschen wie angegossen, die anderen ächzen nur. Five Ten ist einer dieser Hersteller.

Alle Five Ten-Fans kennen dann noch das Hui-Pfui-Roulette. Entweder die Modelle sind gelungen und entlocken dem Kletterer ein verzücktes Ui – oder man wendet sich mit Grausen und Pfui ab. Hat man aber eines von diesen Ui-Modellen entdeckt, sollte man sie horten. So geschehen in meinem Fall mit dem Anasazi. Meiner Meinung nach der beste Schuh für nicht zu steile, lange Reisen.

Vorspannung und Asymmetrie beim Quantum

Lange Vorrede – kurzer Sinn: Mir wurde der neue Five Ten Quantum, seit März 2016 zu kaufen, zum Testen angedreht. Jetzt beäuge ich diese blauen Kletterlatschen etwas skeptisch. Etwas asymmetrisch, etwas Vorspannung haben sie. Mit diesem ersten Eindruck würde man also vermuten: ideal für leicht überhängendes Gelände, wo präzises Treten notwendig ist. Also genau die Kletterei, die ich am liebsten mag.

Hui oder Pfui? Der erste Test

Erste Annäherungsversuche an den Five Ten Quantum beim Einklettern in der Halle. | Foto: Stefan Rehm
Erste Annäherungsversuche an den Five Ten Quantum beim Einklettern in der Halle. | Foto: Stefan Rehm

Beim ersten Hineinschlüpfen bin ich nicht weit von einem Krampf entfernt. Sobald ich aber auf einem kleinen Trittchen stehe, fühlt es sich gut an. Etwa wie: Da wo der Schuh steht, bleibt er auch stehen. Dazu kommt eine beeindruckende Präzision der Spitze: Es ist ein wenig, als wäre ie große Zehe der Zeigefinger, mit dem man einfach nur auf einen Tritt zeigen muss.

Zum Bouldern trage ich am liebsten weiche Schlappen. Draußen am Fels bevorzuge ich dann aber „richtige“ Kletterschuhe. Gerade nach längeren Draußen-Pausen fällt mir der Wechsel von meinen Hallen-Pythons auf „richtige“ Kletterschuhe oft eher schwer: Der Gummi klebt nicht so. Es fühlt sich immer ein wenig an, als würde man – überspitzt formuliert – von einem Ballettschuh in einen steigeisenfesten Bergstiefel wechseln.
Beim Quantum habe ich dieses Problem kaum. Das liegt vermutlich an der guten und präzisen Konstruktion des Schuhs. Und das obwohl er relativ steif ist (was an der Zwischensohle liegt).

Sohlen-Gummi und Reibung

Beim Quantum hat Five Ten den C4 Stealth Rubber benutzt. Das ist der beste Sohlengummi, den Five Ten bisher entwickelt hat. Er ist weicher als etwa die XX-Gummimischung der Anasazi. Diese Weichheit zahlt sich aus – nämlich in Präzision. Er saugt sich auch auf kleinen Leisten und Strukturen regelrecht fest. Das trägt zur der guten Performance bei: stabil und trotzdem sensibel. Die Spannung überträgt sich wunderbar auf Spitzen und Kanten. Auf kleinen Zacken oder Leistchen sind die Schuhe einfach eine Wucht.

Größenwahl und Passform der Quantum Kletterschuhe

Zugegeben: Mein neuer Quantum und ich, wir brauchen noch etwas, bis wir uns ganz aneinander gewöhnen. Die Intervalle, die ich im Schuh bleiben kann, werden länger, es fühlt sich weniger klobig an. Als Straßenschuhgröße trage ich normalerweise 42,5. Bei den Quantum fällt die 42 für mich sehr eng aus. Würde ich den Schuh für längere Routen benutzen wollen, sollte ich besser meine wirkliche Schuhgröße – also 42,5 wählen (vielleicht sogar eine ganze Größe). Als Projekt-Kletterschuh, also nur für Routen an der Leistungsgrenze von überschaubarer Länge, passt bei mir die halbe Nummer Abzug.

Eigentlich habe ich eher breite Füße. Nachdem ich den alten Quantum nie geklettert bin, ist es natürlich schwer für mich, die beiden Modelle zu vergleichen. Die alte Version wurde aber eher als Kletterschuh für schmale Füße angepriesen. Für mich wäre das dann wohl ein Pfui-Kletterschuh gewesen. Aber dank Entwicklungshilfe des Kletter-Meisters Thomas Huber sind die 2016er-Quantum vorne etwas breiter geworden. Das kommt mir dann wiederum sehr entgegen.

Auch sehr hervorzuheben: die Schnürung. Sie lässt sich einfacher und schneller festziehen, als ich es von anderen Schnür-Kletterschuhen kenne. Ein Mal ziehen und der Fuß ist in den Schuh einbetoniert. Auch Hooks halten bombig – was bei Five Ten Kletterschuhen nicht selbstverständlich ist. Hier merkt man, dass die Form stimmt und das Fersenband tut sein Übriges. Dafür auf jeden Fall ein ordentliches: Ui!

Der Quantum im Praxis-Einsatz

Einige Male waren die Schuhe in der Halle zum Einklettern schon dabei – wir haben uns ganz gut aneinander gewöhnt. Zu lange Routen will ich zwar mit ihnen noch nicht klettern, aber für kürzere Routen reicht es schon. Die Schuhe überzeugen mich auch draußen (meine Form bleibt an diesem Tag leider weit hinter den Möglichkeiten der Kletterschuhe zurück.).

Ein Mal dürfen die Five Ten Quantum auch in eines meiner Projekte mit: 25 Meter, leicht überhängend, nur ein Schüttelpunkt und: Leisten, Leisten, Leisten (okay, noch ein Sloper ganz am Schluss, der mich immer wieder rauswirft …). Wieder bin ich begeistert. Auf den abgeschmierten Tritten im Mittelteil rutsche ich nicht weg, in den Schieber-Passagen ziehen mich die Quantum an die Wand. Oben, beim Sloper falle ich trotzdem raus …

Anfang April müssen die Kletterschuhe zum Härtetest: 20 Meter senkrechte bis leicht geneigte Rauhfasertapete. Griffe und Tritte sind Mangelware. Was da ist, bewegt sich im Millimeterbereich. Ohne präzises Treten ist hier überhaupt nichts zu holen. Eigentlich ist das Gelände hier fast etwas zu flach für die Schuhe. Andererseits: kleine Tropflöcher und Leistchen, das sollten die Quantums ja können. Nach dem Klettertag kann ich das bestätigen: Auch auf diesem Kleinzeug sind die neuen Five Ten Quantum wirklich eine Wucht.

Mein Fazit zu den Five Ten Quantum Kletterschuhen: Es lohnt sich!

Die Five Ten Quantum sind großartige High-End-Kletterschuhe. Nur um noch mal die Fakten durchzudeklinieren:

  • stabile Zwischensohle für guten Stand auf kleinen Tritten
  • C4 Stealth Gummi für perfekte Reibung bei warmen wie kühlen Bedingungen
  • spezielle Schnürung für gute Passform und schnelles An- und Ausziehen
  • leichte Asymmetrie und Vorspannung, optimal vor allem für senkrechtes bis überhängendes Gelände
  • nicht mehr nur für schmale Füße geeignet

Wer sollte sich die Five Ten Quantum Kletterschuhe also genauer anschauen? Die Kletterschuhe sind für den Einsatz an der eigenen Leistungsgrenze gedacht. Der neue Quantum kann da das Quäntchen an der Waage sein. Ja, der Preis ist stolz. Nach einem guten Vierteljahr kann ich sagen: es lohnt sich. Die Schuhe sind wirklich der Hammer – und sie passen genau zu der Art von Kletterei, die ich gerne mag: Etwas steil mit präzisem Steigen an kleinen Tritten.

Das Leistenprojekt ist übrigens inzwischen gefallen; keine Ahnung, ob es an den Schuhen, der (wie immer viel zu langsam) ansteigenden Formkurve lag oder einfach nur Glück war. Irgendwann war das Quäntchen halt da. Der Sommer kann kommen …

Video von Five Ten zum Quantum 2016

Mehr zum Thema Klettern und Kletterschuhe

0 0 votes
Deine Bewertung
Abonnieren
Benachrichtige mich zu:
2 Comments
beste Bewertung
neueste älteste
Inline Feedbacks
View all comments

Unsere Top Outdoor Kategorien


Bergzeit Magazin - Dein Blog für Bergsport & Outdoor

Willkommen im Bergzeit Magazin! Hier findest Du Produkttests, Tourentipps, Pflegeanleitungen und Tipps aus der Outdoor-Szene. Von A wie Alpspitze bis Z wie Zwischensicherung. Das Redaktionsteam des Bergzeit Magazins liefert zusammen mit vielen externen Autoren und Bergsport-Experten kompetente Beiträge zu allen wichtigen Berg- und Outdoorthemen sowie aktuelles Branchen- und Hintergrundwissen.