Man kann auf dem Rad einfach nach Gefühl trainieren oder lediglich seinen Puls im Blick behalten. Doch um eine Steigerung der Leistung und Ausdauer perfekt nachvollziehen und planen zu können, ist es hilfreich, das Training mittels Fahrradcomputer oder auch GPS-Uhr aufzuzeichnen. Hier stellen wir Dir zwei Werte vor, die Du relativ einfach selbst erfassen kannst und an denen Du Dein Rad-Training ausrichten kannst: FTP und FTHR.
Was bedeutet FTP und FTHR?
FTP und FTHR stehen für „Functional Threshold Power“ bzw. „Functional Threshold Heart Rate“. Diese Werte stellen die derzeit maximal mögliche Dauerleistung über eine Stunde dar, entweder in Watt (FTP) oder als Pulswert (FTHP) angegeben. Sie sind ein guter Vergleichswert für Deine aktuelle Leistungsfähigkeit. Das bedeutet: je höher der FTP-Wert, desto höher ist auch Deine Leistungsfähigkeit. Als Beispiel: Fahren zwei Fahrer mit unterschiedlichem FTP-Wert ein- und denselben Berg mit je 90 Prozent ihres FTP-Werts, so ist der fittere Fahrer schneller oben, auch wenn sie sich genau gleich viel angestrengt haben.
Um den FTP-Wert zu erfassen, muss das Fahrrad mit einem Watt-System ausgestattet sein. Die Systeme sind relativ teuer; eine Anschaffung empfiehlt sich für Sportler, die ihr Training gezielt auf Wettkämpfe ausrichten möchten. Alle, die keine Watt-Werte erfassen können, können auch gut mit Puls-Werten arbeiten.
Jakob Halm
Wie funktioniert der FTP-Test?
Die Functional Threshold Power Werte werden mit einem 20-Minuten-Test (plus Ein- und Ausfahren) ermittelt. Ursprünglich wurden die Werte über eine Stunde gemessen, mittlerweile hat man herausgefunden, dass sich der Wert auch über kürzere Zeit ermitteln lässt. Für den Test fährst Du 20 Minuten bei maximaler Leistung – aber so, dass Du die Dauer des Tests durchhältst. Für den FTP-Wert berechnest Du im Anschluss den durchschnittlichen Wattwert und multiplizierst mit 0,95, um die Ermüdung innerhalb einer Stunde zu berücksichtigen. Dies ist beim 20-minütigen Test besonders wichtig. Damit ist der Grundstein für die weitere Trainingsplanung gelegt.
Der FTP-Test kann beispielsweise so aussehen:
- lockeres Einfahren, eventuell mit ein paar kurzen Sprints/schnellen Abschnitten, um die Muskulatur vorzubereiten
- 20 Minuten „Alles-was-geht“ – aber so, dass Du die komplette Zeit durchhältst
- lockeres Ausfahren, um die Beine zu lockern
- Berechnung des FTP-Werts = Durchschnitt der Watt-Werte aus Punkt 2 * 0,95
- Bestimmung der Trainingszonen (siehe Tabelle unten)
Der kürzere 20-Minuten-Test ist minimal ungenauer, in der Regel jedoch praktischer: Denn wo findet man schon eine Strecke die flach und ohne Kurven ist – und mit der man 60 Minuten beschäftigt ist? Außer auf der Rolle oder dem Indoor-Trainer natürlich.
Wie funktioniert der FTHR-Test?
Der FTHR-Test funktioniert relativ ähnlich, gemessen wird hier der Puls. Der Test dauert mit 30 Minuten etwas länger. Das liegt daran, dass der Puls immer ein bisschen braucht, um sich an die tatsächliche Anstrengung anzupassen: Er hinkt also immer ein wenig nach. Darum fährst Du beim FTHR Test 30 Minuten mit maximaler Leistung – der Durchschnittswert wird jedoch lediglich aus den letzten 20 Minuten gewonnen. Der Puls hat somit zehn Minuten Zeit, um zu steigen und sich anzupassen.
Man kann zum Beispiel so vorgehen:
- lockeres Einfahren, eventuell mit ein paar kurzen Sprints/schnellen Abschnitten, um die Muskulatur vorzubereiten
- 30 Minuten „Alles-was-geht“ – hier jedoch bewusst nicht von Anfang an Vollgas, denn der Puls sollte sich langsam der Belastung annähern:
- 10 Minuten, in denen sich der Puls steigert
- 20 Minuten die Belastung möglichst hoch halten
- entspanntes Ausfahren, um die Beine zu lockern
- Berechnung des FTHR-Werts = Durchschnittspuls von 20 Minuten in maximaler Belastung
- Bestimmung der Trainingszonen (siehe Tabelle unten)
Ein unterhaltsames sowie lehrreiches Video zum Thema FTP/FTHR gibt es vom Global Cycling Network:
Bestimmung der Trainingszonen
Wofür braucht man den FTP- und den FTHR-Wert? Grundsätzlich setzen sich Trainingsplanungen meist aus Ausdauer-, Kraft-, Sprint- und Erholungseinheiten zusammen. Mithilfe der FTP- oder FTHR-Werte kannst Du nun sogenannte individuelle Trainingszonen berechnen, nach denen Du Dich während Deines Trainings richten kannst. Diese lassen sich mittels dieser Prozentwerte berechnen:
Trainingszone | FTP | FTHR |
---|---|---|
Aktive Regeneration | ||
Grundlagenausdauer | 56-75% vom gemessenen Wattwert | 69-83% vom gemessenen Puls |
Tempo | 76-90% vom gemessenen Wattwert | 84-94% vom gemessenen Puls |
Laktatschwelle | 91-105% vom gemessenen Wattwert | 95-105% vom gemessenen Puls |
Aerobe Kapazität | 106-120% vom gemessenen Wattwert | 106%+ vom gemessenen Puls |
Anaerobe Kapazität | 121%+ vom gemessenen Wattwert | Nicht messbar |
Schnellkraft | "Alles was geht für 10 Sekunden" | "Alles was geht für 10 Sekunden" |
Anhand dieser Werte kannst Du gezielt die jeweiligen Trainingsziele verfolgen und an Schwächen arbeiten. Gerade bei Intervall-Trainings ist die Kombination aus verschiedenen Trainingszonen zentral und effektiv. Damit die Trainingsbereiche auch dem möglichst aktuellen Fitnesslevel angepasst werden können, empfiehlt es sich den Test nach gewisser Zeit zu wiederholen.
Einsatz im Training
Wie man in der Tabelle sieht, lassen sich mit dem FTP insgesamt höhere Trainingszonen berechnen, was daran liegt, dass Watt-Werte immer die aktuelle Leistung zeigen, während der Puls-Wert immer ein wenig verspätet in die Höhe wandert. Für die Berechnung der anaeroben Kapazität sowie für die Schnellkraft-Phase sind die Trainingsbelastungen schon so kurz, dass der Puls nicht so schnell in den gewünschten Bereich wandert.
Wichtig für alle, die nach Puls trainieren: Immer die Zeit im Auge behalten, denn der Pulsschlag braucht ein wenig, bis er in die tatsächliche Belastungszone wandert. Wenn Du zu schnell losfährst, um schnell den Puls hochzubekommen, kannst Du diese Belastung wahrscheinlich nicht über den vollen Zeitraum halten!
Besonders praktisch ist, dass die verschiedenen Trainingsbereiche bei modernen Fahrradcomputern, die mit Pulsgurt oder Wattsystem gekoppelt sind, gespeichert werden können. Somit kannst Du Dir „live“ anzeigen lassen, in welcher Phase Du Dich gerade befindest.
Hier setzen auch viele Trainingssoftware-Anbieter an, in denen Du Deine Trainingsdaten zusammenfassen und anschaulich vergleichen kannst. Einen Vergleich verschiedener Systeme und deren Funktionen findest Du in diesem Beitrag:
Fritz Horsthemke
Fazit zum FTHR- und FTP-Test
Der FTP-Test und der FTHR-Test sind gute Möglichkeiten, um Fortschritte zu erkennen und die eigene Leistung auf dem Rad zu steigern. Vorteil dieser Methode ist, dass sich die Werte einfach selbst ermitteln lassen. Du musst also nicht zwingend in ein Labor zur Leistungsanalyse gehen. Zwar lassen sich dort weitere Werte wie beispielsweise Laktat, Maximalkraft etc. ermitteln, die genauer sind – diese sind aber auch um einiges teurer und meist nicht so einfach in das Training übertragbar. Aufbauend auf den Daten kannst Du Deine weitere Trainingsplanung steuern.
Quellen und Literaturtipps
Die marktführende Trainingsanalyseplattform Trainingspeaks (von vielen Profi-Radteams genutzt) hat in ihrem Hilfebereich und Blog einige Artikel zum Thema FTP und FTHR veröffentlicht.
- https://www.trainingpeaks.com/learn/articles/what-is-threshold-power/
- https://www.trainingpeaks.com/learn/articles/joe-friel-s-quick-guide-to-setting-zones/
- https://help.trainingpeaks.com/hc/en-us/articles/204071934-How-to-Calculate-Threshold-Power-Heart-Rate-or-Pace
Radsport- und Triathlon-Trainer Joe Friel hat einige Bücher rund ums Radtraining geschrieben und informiert auch auf seinem Blog:
- https://joefrieltraining.com/estimating-your-ftp/
- https://joefrieltraining.com/problems-with-determining-ftp/
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