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Hoch zu Fuß, runter im Flug

Großvenediger: Besteigung mit Extras

7 Minuten Lesezeit
Der Großvenediger (3.674 Meter) bietet alles, was eine entspannte Hochtour im Sommer braucht. Der Hauptgipfel der Venedigergruppe in den Hohen Tauern ist als Zweitagestour gut zu schaffen und bietet am Gipfel eines der besten Alpenpanoramen.

Der Großvenediger in den Hohen Tauern bietet alles, was eine entspannte Hochtour im Sommer braucht. Bereits der Zustieg zur Kürsinger Hütte führt durch das malerische Obersulzbachtal und kann mit dem Venedigerbus auf ein bis zwei Stunden verkürzt werden. Für das letzte Wegstück lässt sich der Rucksack für eine kleine Münze mit der Materialseilbahn knieschonend zur Hütte transportieren. Die Kürsinger Hütte (2.558 Meter) bietet bereits beste Aussicht auf den Großvenediger und auf den Großen Geiger. Die Internetseite der Hütte bietet alle Informationen zu Übernachtungspreisen und dem Venedigerbus. Und auch sonst lässt sie keine Wünsche offen. Von der warmen Dusche bis zum Kartenmaterial ist alles vorhanden, was das Bergsteigerherz begehrt. Ein idealer Ausgangspunkt für eine Hochtour auf den Großvenediger.

Großvenediger Normalweg

Der Normalweg auf den 3.674 Meter hohen Großvenediger ist an einem Tag von und wieder zurück zur Hütte gut zu schaffen. Die Zeit für den Aufstieg beträgt circa fünf Stunden. Zu Beginn folgt man einem markierten Pfad bis zum Gletscher des Großvenedigers. Am besten sucht man den Beginn des Pfades am Vortag, wenn es noch hell ist. Gestartet wird in der Regel gegen fünf Uhr früh. Den Gletscher erreicht man dann in der Morgendämmerung und kann mit der notwendigen Sorgfalt die Gletscherausrüstung anlegen. Klettergurt, Kletterseil, Steigeisen, Eispickel, Eisschraube und Reepschnüre sind mitzuführen.

Die Route über den Gletscher kann zuvor auf einem Bild in der Kürsinger Hütte (Treppenaufgang) in Augenschein genommen werden. Bei gutem Wetter wird man aber eine gut ausgetretene Spur auf dem Gletscher vorfinden. Die ideale Spur umgeht die Spaltenzonen des Gletschers. Auch wenn der Gletscher eher spaltenarm ist, ist der Gefahr von Spaltenstürzen mit der notwendigen Ausbildung, Vorsicht und Ausrüstung zu begegnen. Es bleibt zu erwähnen, dass der Gletscher des Großvenedigers auf seinem Normalweg zu den eher gutmütigen zählt.

Großvenediger: Besteigung mit Extras | Foto: Uwe Daniel
Auf dem Gipfelgrat des Großvenedigers Richtung Gipfel. Das Wetter ist vielsversprechend für den Flug mit dem Paraglider vom Gipfel.| Foto: Uwe Daniel

Nach circa drei Stunden erreicht man die Scharte zwischen dem Klein- und dem Großvenediger – die Venedigerscharte. Bereits hier wird man von einem beeindruckenden Bergpanorama belohnt. Die letzten 200 Höhenmeter zum Gipfelkreuz werden auf den letzten Metern etwas ausgesetzt. Hier ist vorsichtiges und umsichtiges Steigen notwendig. Aber keine Angst vor dem Venedigergrat. Die steilen Abschnitte sind sehr kurz und vorher ohne Gefahr einsehbar. Man kann in aller Ruhe entscheiden, ob man sich die letzten Meter auf den Gipfel traut. Der Abstieg erfolgt über den Weg des Aufstieges. Durch die Länge der Tour ist eine zweite Nacht auf der Kürsinger Hütte üblich und lässt bei einem abendlichen Blick auf den Großvenediger Zeit, um neue Pläne zu schmieden.

Zum zweiten Mal am Großvenediger: Diesmal mit Gleitschirm im Gepäck

So ging es auch mir, als ich 2012 nach einer Tour über den Westgrat und einem Abstieg über den Normalweg wieder in der Hütte ankam. Ich spürte, dass der Großvenediger noch ein weiteres Mal besucht werden möchte. Im August 2014 stand ich daher erneut mit meinem Freund Stephan vor der Kürsinger Hütte. Aber dieses Mal sollte alles anders werden. Ab und an wurden wir wegen unserer großen Rucksäcke belächelt. Gleitschirme sind groß – selbst wenn man sie mit großer Sorgfalt packt. Unsere Gletscherausrüstung konnte ich wegen der Ortskenntnisse auf das schmerzlichste reduzieren.

Auf der Jagd nach gutem Wind

Mitten in der Nacht – in der Hütte dachten noch nicht einmal die Wecker der anderen Gipfelaspiranten ans Klingeln – starteten wir bereits in die Bergwelt der Hohen Tauern. Gegen drei Uhr erreichten wir den Gletscher und begannen sogleich mit dem Aufstieg. Die Aufstiegsspur des Vortages war fast komplett verweht und es gestaltete sich schwierig ihr zu folgen. Dunkelheit und Schneegestöber ließen in diesem Moment den Gedanken an das Gleitschirmfliegen sehr fragwürdig aussehen. Der Wetterbericht sagte aber eine Aufklarung für die zeitigen Morgenstunden voraus. Zwischen 9 und 11 Uhr sollte ein Start am Großvenediger möglich sein. Danach würde der Wind zu stark sein und aus der falschen Richtung wehen. Wir erreichten die Venedigerscharte im Morgengrauen und ließen unsere schweren Rucksäcke in der Scharte zurück.

Paragliden vom Großvenediger-Gipfel

Eile war geboten. Schnell hasteten wir die letzten Meter auf den Gipfel und verweilten dort nicht lange. Schnell zurück zur Scharte. Der Himmel war inzwischen strahlend blau. Aber aus Sicht eines Gleitschirmpiloten versprach der späte Vormittag nichts Gutes. Wir trampelten eine circa 15 Meter lange Startschneise in den Schnee. Das musste reichen, um unsere Schirme zu starten. Der anschließende Flug über den Gletscher war sehr beeindruckend und die inzwischen aufsteigenden Seilschaften sahen aus der Höhe wie Ameisen aus. Für diese Seilschaften würde die Bergtour erst übermorgen zu Ende sein. Zwei Stunden später saßen wir umgezogen und glücklich am Eingang des Obersulzbachtals in einem Gasthof und bestellten ein großzügiges Mittagessen. „Wo seids g’wesn“ Buam?“ fragte der ältere Herr am Nachbartisch? „Auf dem Großvenediger. Heute früh zum Sonnenaufgang.“ Er schaute etwas ungläubig. Das mussten wir ihm näher erklären.

Und Ablug: Mit dem Paraglider vom Großvenediger setzt stabiles wetter voraus. so macht man eine Zweitagestour zu einem Tagesausflug. | Foto: Uwe Daniel
Und Abflug: Mit dem Paraglider vom Großvenediger setzt stabiles Wetter voraus. So macht man eine Zweitagestour zu einem Tagesausflug. | Foto: Uwe Daniel

Informationen zum Großvenediger

Der Großvenediger ist mit seinen 3.674 Metern der höchste Gipfel im Salzburger Land. Es empfiehlt sich in sicherer Seilschaft über den Gletscher zu gehen. Die historische Route der Erstbesteiger 1892 über den Nordgrat, also der Normalweg, startet in Neukirchen und führt über die Kürsinger Hütte zum Gipfel. Die Hochtour ist technisch leicht, aber dennoch konditionell anspruchsvoll. In zwei Tagen ist die kombinierte Tour gut zu schaffen (mit konventionellem Abstieg). Die Routenführung zieht durch die beeindruckenden Venediger-Nordabbrüche, ohne dabei im gefährlichen Bereich der Venedigerwechte zu sein.

Charakter: Technisch relativ anspruchslose Hochtour mit Gletscherüberschreitung. Achtung: Spaltensturzgefahr! Der Gipfelanstieg erfordert Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und  eine gute Kondition.
Besondere Ausrüstung: Komplette Gletscherausrüstung, Hochtourenausrüstung, (inkl. mobile Absicherungsgeräte für den Gipfelgrat)
Anfahrt: Inntalautobahn (Innsbruck – München), Ausfahrt Kufstein Nord, Richtung Felbertauern über den Thurn und nach dem Tauerntunnel rechts abbiegen Richtung Matreier Tauernhaus bis zu gebührenpflichtigem Parkplatz.
Routenbeschreibung: Fünf bis sechs Stunden vom Hopffeldboden (850 Meter) zur Kürsinger Hütte (2.549 Meter), im Sommer mit dem Taxi (Nationalpark) bis zur Postalm (1.700 Meter), von dort in zwei bis drei Stunden über die Materialseilbahnstation (1.929 Meter) zur Hütte. Über Bergschrund und dann auf den Nordgrat (Fels bis III+ und Firn) und diesem bis zum Gipfel des Großvenediger folgen. Insgesamt 1.220 Höhenmeter Gipfelanstieg mit 13,7 Kilometern Gehstrecke.
Stützpunkt: Kürsinger Hütte (2.549 Meter): Die Kürsinger Hütte ist eine Kategorie I Schutzhütte des Österreichischen Alpenvereins
Beste Jahreszeit: Mai, Juni, Juli
Kartenmaterial: AV-Karte Nr. 36 Venedigergruppe 

Hinweis für Para-Alpinisten: Recherchen zum Gleitschirm- bzw. Paraglideflug am bzw. vom Großvenediger haben ergeben, dass jedes Bundesland, über das sich der Nationalpark Hohe Tauern erstreckt, also Tirol, Salzburg und Kärnten, eine eigene Verordnung für den Nationalpark hat. In Kärnten ist Paragliden ausdrücklich verboten. Für Tirol, in diesem Fall Osttirol, und Salzburg konnten keine Verbote gefunden werden, was nicht heißen soll, dass es sie nicht gibt. Es ist nicht in jedem Schutzgebiet verboten, mit dem Gleitschirm zu starten oder zu landen. Jeder Pilot muss sich vor jedem Flug selbst vergewissern, ob mit dem Gleitschirm oder Drachen gestartet oder gelandet werden darf oder ob ein Flugverbot besteht.

Es sind zu jeder Zeit die aktuellen Gesetze des jeweiligen Landes und die aktuellen Regelungen des Fluggebietes, in dem geflogen wird, zu beachten. Sollte es zu Problemen mit den zuständigen Behörden oder mit Behörden und Versicherungen nach einem Unfall kommen, kann der Autor des betreffenden Tourenvorschlags nicht haftbar gemacht werden. Mit diesen Tourenvorschlägen wird keine Gewähr dafür übernommen, dass Starts, Flüge, Landungen und dergleichen auch zukünftig nach den jeweiligen, aktuellen gesetzlichen Bestimmungen oder sonstigen Fluggebietsregelungen durchgeführt werden können.

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