Klettern und Bouldern ist Schwerstarbeit für Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln Deiner Hände. Um sie optimal zu unterstützen und Überlastungssymptome zu lindern, gibt es diverse Möglichkeiten zum Tapen, die ich Dir heute vorstellen möchte.
Wichtig: Das Tape sollte in keinem Falle eine ärztliche Behandlung ersetzen. Bei mehrtägigen Schmerzen oder Funktionsverlust führt daher kein Weg an einem Besuch beim Facharzt vorbei.
Welches Tape beim Klettern und Bouldern?
Kinesiotape vs. Sporttape
Kinesiotapes: Die „bunten Klebestreifen auf der Haut“ hat im Alltag oder beim Sport sicherlich jeder schon mal gesehen oder ausprobiert. Kinesiotapes sind bis zu einem gewissen Maß elastisch und können Muskeln und Sehnen entlasten, Gelenke stabilisieren oder beispielweise den Lymphabfluss unterstützen. Zur Behandlung typischer Fingerverletzungen beim Klettern empfehle ich Dir aber tatsächlich doch das klassische (oftmals weiße) Sporttape: es ist unelastisch, gibt bei Belastung nicht nach, und sorgt damit für die nötige Unterstützung an den (verletzten) Fingerstrukturen.
Klettern bzw. Bouldern ist für unsere Finger doch tatsächlich Schwerstarbeit und die Belastung auf Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln kann dabei weit über das gesunde Maß hinausgehen. Mit dem Sporttape kannst Du diese Strukturen während des Kletterns entlasten. Das Kinesiotape kannst Du dann im Alltag als Ergänzung anwenden.
Wie beim Kinesiotape kommt es aber auch beim Sporttape auf gute Qualität an. Vor allem Schweiß, Chalk und die Reibung der Griffe erfordern eine sehr gute Klebekraft des Tapes.
Wann muss ich beim Bouldern und Klettern tapen?
Im Klettersport wird eigentlich nur therapeutisch getapet, also bei Überlastungssyndromen. Außerdem tapen Kletterer beim Wiedereinstieg ins Klettern oder Bouldern nach einer Verletzung. Einzige Ausnahmen für prophylaktisches Tapen sind Hornhautschwielen oder Blasen, die aufzuplatzen drohen sowie sich ankündigende oberflächliche Hautverletzungen.
Das Sporttape
Grundregeln für die Verwendung von Sporttape
Die Haut sollte sauber, fettfrei und trocken sein. Wasche Deine Hände wenn möglich vor dem Anlegen des Tapes und trockne sie gut ab. Achte darauf, dass Du das Tape nicht zu fest um den Finger ziehst, die fehlende Elastizität führt sonst leicht dazu, dass die Durchblutung eingeschränkt wird. Ein guter Tipp in diesem Zusammenhang ist auch, das Tape nicht direkt von der Rolle um den Finger zu ziehen. Beachte die Funktionsstellung des Fingers und wähle die Breite des Tapes nicht zu breit aus, sonst schränkt das Tape die Beweglichkeit an ungünstigen Stellen ein.
Hautverletzungen – Flapper tapen am Finger
Lea Grüner
Einen Flapper, also abstehende, nicht vollständig abgerissen (Horn-)Haut am Finger zu tapen, ist eigentlich ganz einfach und Du kannst dann trotzdem noch weiterklettern.
So geht´s: Reiß Dir einen ca. 15 cm langen Streifen Tape ab, die Breite des Tapes sollte etwas breiter als die Verletzung sein. Falte das Tape an einem Ende etwas ein, so dass zwei klebende Seiten aufeinanderliegen – das ist Deine „Wundauflage“.
Lass die abstehende Haut auf der Wunde, lege die „Wundauflage“ darüber und dann kannst Du das Tape weiter um den Finger wickeln. Achte darauf, dass Du es nicht zu fest anwickelst, es soll ja nur die Haut schützen, nicht die Beweglichkeit einschränken.
Lea Grüner
Lea Grüner
Hautverletzungen – Flapper tapen in der Handfläche
Bei einer Hautverletzung an der Handinnenfläche ist es etwas schwieriger, aber auch hier kannst Du mit einem Tape noch gut weiterklettern. Wie beim Flapper am Finger legst Du auch hier die lose Haut wieder auf die Wunde und legst eine aus Tape improvisierte Wundauflage darüber. Dann brauchst Du einen ca. 1,5 cm breiten Tapestreifen, der in etwa vom Flapper zum Ellenbogen reicht. Lege die Mitte des Tapestreifens um das Grundglied des Fingers, der dem Flapper am nächsten ist, so dass eine Schlaufe vom Fingerrücken zur Handfläche zieht.
Lea Grüner
Lege dann die Wundauflage auf und klebe die beiden Tapestreifen so darüber, dass sie sich auf dem Flapper kreuzen.
Lea Grüner
Lea Grüner
Führe dann die beiden Streifen weiter in Richtung Handgelenk und dann auf die Außenseite des Unterarms. Für einen besseren Halt des Tapes, reiße nochmal einen Streifen Tape ab, so lang, dass es dein Handgelenk zweimal umrunden kann. Lege diesen Streifen locker über die Enden des Flappertapes, so dass dieses in Position bleibt, aber das Blut nicht gestaut wird.
Lea Grüner
Lea Grüner
Endgelenk tapen beim Klettern und Bouldern
Das Fingerendgelenk ist das Gelenk, das am einfachsten getapet werden kann.
Hilfreich ist ein Tape hier beispielsweise bei Kapselverletzungen oder Kapselentzündungen ebenso wie bei Beugesehnenzerrungen, wenn das Gelenk schmerzhaft und angeschwollen ist.
Das Tape (1-1,5cm breit) wird am Fingerendgelenk zirkulär mit etwa eineinhalb Windungen locker um das betroffene Gelenk gewickelt.
Lea Grüner
Mittelgelenk tapen beim Klettern und Bouldern
Ein Tape am Fingermittelgelenk ist hilfreich bei Kapselverletzungen oder Kapselentzündungen, ebenso wie bei Beugesehnenzerrungen, wenn das Gelenk schmerzhaft und angeschwollen ist. Darüber hinaus hilft ein Tape am Fingermittelgelenk, wenn Schmerzen bei Längszügen auftreten, auf der Fingerrückseite, bedingt durch einen Gelenkerguss, oder in hängender Fingerposition, bedingt durch eine Beugesehnenzerrung.
Achte beim Anbringen des Tapes darauf, dass eine ausreichende Beuge- und Streckfunktion des Gelenks gewährleistet ist. Halte daher den Finger konstant bei einer Beugung von 30-40° im Fingermittelgelenk. Achte darauf, dass der Streifen nicht zu breit ist (1-1,5cm Breite sind optimal). Beginne mit der Tapeanlage am Grundglied des Fingers und wickle den Streifen einmal um das Grundglied.
Lea Grüner
Lege auf der Handinnenseite das Tape kreuzweise über das Mittelgelenk, umwickle dann das mittlere Fingerglied, bevor Du auf Höhe des Fingermittelgelenks wieder nach unten kreuzt und nochmal das Fingergrundglied umrundest.
Lea Grüner
Lea Grüner
Das Tape sollte eine freie Bewegung im Fingermittelgelenk noch zulassen und eine komplette Streckung merklich einschränken. So werden Beugesehne und Kapsel entlastet.
Lea Grüner
Lea Grüner
Grundgelenk tapen beim Klettern und Bouldern
Ein Tape des Fingergrundgelenks ist hilfreich bei Kapselverletzung, -zerrung oder -entzündung, Verletzung der streckseitigen Bänder zwischen den Grundgelenken der Finger, oder bei Verletzung der Strecksehnen. Schmerzen und Schwellungen sind dann häufig streckseitig zwischen den Fingerknöchelchen zu finden.
Für das Tape benötigst Du zwei schmale Tapestreifen, etwa 1-1,5 cm breit. Das Fingergrundgelenk sollte beim Anlegen des Tapes etwa 15-20° gebeugt sein. Setze das Tape auf dem Handrücken an, führe es diagonal vor dem Köpfchen und dann zwischen den Fingern hindurch. Umrunde den betroffenen Finger einmal auf Höhe des Grundglieds und kreuze vor dem Köpfchen den anderen Tapestreifen.
Lea Grüner
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Dasselbe machst Du mit dem zweiten Tapestreifen, nur dass Du dieses Mal hinter dem Köpfchen kreuzt.
Lea Grüner
Buddytape anlegen: Finger stützen
Ringbandverletzungen tapen beim Klettern und Bouldern
Lea Grüner
Ringbandverletzungen sind die häufigsten Verletzungen von Kletterern und kommen fast ausschließlich im Klettersport vor. Ringbänder (jeder Finger hat 5 davon) haben die Aufgabe, die Beugesehnen an den Knochen zu drücken, wenn die Hand geschlossen wird. Aufgrund der überwiegend „aufgestellten Fingerposition“ kommt es zu hohen Druckbelastungen auf den Ringbandapparat, was zur Zerrung oder im schlimmsten Fall zum Riss führen kann. Ein Ringbandriss ist definitiv auch mit einem Knallen oder Schnalzen hörbar. In diesem Fall solltest Du unbedingt einen Arzt aufsuchen und ein MRT machen lassen. Weitere Symptome äußern sich in lokalem Druckschmerz an der Handinnenseite mit Schwellung des Grundgliedes, teilweise mit einem kleinen Hämatom, spürbarer Reibung oder Reibegeräusche. Versuchst Du den Finger gegen Widerstand zu beugen, tritt auf der Handinnenseite die Sehne deutlich hervor. In der Regel sind das zweite und/oder dritte Ringband (am Fingergrundglied bzw. auf Höhe des Fingermittelgelenks) betroffen.
Bei Ringbandverletzungen ist das H-Tape das Tape der Wahl. Es entlastet und unterstützt das verletzte Band so, dass sich die Sehnen nicht vom Knochen entfernen.
Du benötigst einen etwa 10-12cm langen Streifen, ca. 1,5cm breit. Den Streifen von beiden Enden her mittig einreißen, so dass in der Mitte ein ca. 1cm breiter Steg erhalten bleibt. Deshalb heißt das Tape auch H-Tape.
Lege den Steg auf das Fingermittelgelenk in der Handinnenseite, und beginne, einen Zügel nach dem anderen in einem Ring um den Finger zu kleben.
Lea Grüner
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Am Ende wird dieser Finger oberhalb und unterhalb des Mittelgelenks von zwei Tape-Ringen umfasst, die auf der Handinnenseite auf Höhe des Fingermittelgelenks miteinander verbunden sind.
Lea Grüner
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Weil es sich später beim Klettern wieder lockert, darf das Tape direkt nach dem Anlegen durchaus etwas fester sitzen, um die Ringbänder während der kommenden Klettersession optimal zu unterstützen.
Kinesiotape am Finger – hilfreiche Ergänzung im Alltag
Da beim Klettern direkt die Kinesiotapes nicht ausreichend, Stabilität und Klebekraft mitbringen, sind sie an den Fingern eher als hilfreiche Ergänzungen im Alltag zu sehen. Auch sie ersetzen bei Verletzungen aber keinen Arztbesuch. Ich zeige dir dennoch eine Möglichkeit, wie Du Deine Fingergelenke damit tapen kannst.
Gelenkkapsel oder Seitenbänder unterstützend tapen
Zur Unterstützung von Gelenkkapsel oder Seitenbändern (häufig am Fingermittelgelenk notwendig). Im Alltag kannst Du ein Kinesiotape wie folgt von einer Hilfsperson anlegen lassen:
Schneide 4 Streifen zu, in etwa 1cm breit und 5-8cm lang. Ecken abrunden. Reiße das Papier an allen Streifen mittig ein.
Lea Grüner
Nimm Dir einen Streifen, dehne Ihn in der Mitte und lege ihn dann seitlich am Fingermittelgelenk an. Lass die Enden locker streckseitig auslaufen. Wiederhole dasselbe auf der anderen Seite des Fingermittelgelenks.
Lea Grüner
Lea Grüner
Und jetzt verstärkst Du das bereits geklebte Tape mit den verbliebenen Streifen auf die gleiche Art und Weise.
Lea Grüner
Solltest Du nach einer intensiven Klettersession noch Nachwirkungen verspüren, oder nach einer Verletzung das Bedürfnis nach Unterstützung oder Stabilisierung der Fingermittelgelenke haben, hilft Dir dieses Tape sicher gut weiter.
Fazit zum Hände und Finger tapen
Wie Du gesehen hast, kann man mit unterschiedlichen Tapes beim Klettern wirklich viel erreichen. Trotzdem ist es jedoch unerlässlich, sich und vor allem Hände und Finger vor dem Klettern oder Bouldern gut warm zu machen – so kann man das Verletzungs- oder Überlastungsrisiko am besten reduzieren.