Mein Verhältnis zu Barfußschuhen
Ich gebe zu – mit Barfuß-Laufschuhen oder anderen Barfußschuhen hatte ich es bisher nicht so besonders. Das liegt jedoch primär daran, dass ich nie ernsthaft versucht habe, auf Barfußschuhe „umzusatteln“. Ich war schlicht zu bequem und zog dann doch immer wieder komfortablere, stärker gedämpfte Schuhmodelle aus dem Schrank.
Trotzdem kaufte ich mir vor ungefähr fünf Jahren ein Paar New Balance Minimus Barfußschuhe und nahm diese auch mit auf einige wenige Kurzstrecken. Von der Performance her konnten die New Balance-Leichtgewichte aber nicht so recht begeistern. Die Schuhe machten mir schlicht keinen Spaß. Woran es lag? Vermutlich wollte ich einfach zu schnell zu viel und erwartete das gleiche Laufgefühl wie bei meinen gewohnten Laufschuhen.
Mein damaliges Kurzschluß-Fazit: Barfußschuhe sind nichts für mich als „Plug&Play-Fan“. Jedenfalls fristet das Paar New Balance nun ein recht trauriges Dasein als Büro- und Hüttenschuh. Vielleicht hätte ich ihm aber auch nur eine zweite Chance geben sollen…
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Höchste Zeit für einen zweiten Versuch
Nun also der zweite Versuch mit einem Barfußschuh. Surft man auf die inov-8- Website, wird der Bare XF nicht nur als Lauf- sondern auch als Fitnessschuh beschrieben. Es fällt auch schnell auf, dass er auch nicht primär als Laufschuh, sondern (auch) zum Einsatz auf Fitnessparcours konstruiert wurde.
Weit nach oben gezogene „Ropetech“-Gummischürzen an der Außenseite verweisen auf seine Eignung zum Seilklettern, die flache, fast profillose umgreift die gesamte Fußsohle. Der Schuh hat KEINE Sprengung, der Fuß befindet sich zudem nur wenige Millimeter über dem Boden.
Das Aussehen ist Geschmackssacke – wer die eher brachiale Optik von reinrassigen Trailrunning-Schuhen gewohnt ist, muss sich an die schnörkellose Geradlinigkeit des Bare XF 210 erst gewöhnen.
Doch kann der Schuh mehr als „nur“ Fitness? Ist er ein zum Laufen zweckendfremdeter Fitnessstudio-Treter? Was im Vergleich zum New Balance Minimus jedenfalls sofort auffällt, ist die festere, etwas massivere Bauweise. Mit 210 Gramm Gewicht pro Schuh bewegt sich der Bare XF dann auch eher im Bereich eines leichten, stollenbewehrten Trailrunners als im Bereich eines leichten Barfußschuhs (mein New Balance Minimus wiegt etwa 150 Gramm pro Schuh, der inov-8 ca. 210 g).
Inov-8 Bare XF 210: Ein paar Gedanken zum Profil
Auf den ersten Blick fällt auf: Der inov-8 Bare XF 210 hat fast kein Profil – oder zumindest nur sehr wenig. Ich bin gespannt, wie es mit der Traktion aussieht. Schon beim ersten Testlauf fällt auf, dass die „Sticky Rubber“-Sohle auf dem Boden haftet wie eine Geckopfote. Jedenfalls bin ich gespannt, wie sich der Schuh auf Kies, Asphalt und Geröll langfristig so machen wird. Bezieht sich das „Sticky Rubber“ auf jede Art von Untergrund?
Ab auf die Laufstrecke mit dem Inov-8 Bare XF 210!
Ich bin gespannt, was mich beim ersten längeren Laufausflug mit dem Bare XF 210 erwartet. Meine Standard-Laufstrecken haben sich längst in frühwinterliche Lauf-Parcours verwandelt. Aber es ist trocken – und so nehme ich den Schuh mit auf eine abwechslungsreiche 10 km-Runde, die alle oben genannten Untergründe beinhaltet. Gestartet wird auf dem spannendsten – Teer. Null Dämpfung auf betonharter Unterlage.
Zunächst muss ich auf 1-2 Kilometern meinen Takt finden. Die Rückmeldungen des Schuhs sind zunächst ungewohnt. Als es schließlich auf Betonplatten einen ersten Hügel hinaufgeht, bin ich von der Performance des Schuhs beeindruckt. Da verpufft keine Kraft in Dämpfungselementen, der inov-8 liefert ordentlich Schub.
Härtetest beim Kurzstrecken-Crossrennen
Beim Starnberger Landkreislauf, der bereits im Oktober stattfand, bot sich eine perfekte Möglichkeit, den inov-8 Bare XF im Kurzstrecken-Wettkampf zu testen. Zwar hat die mittlere Wettkampf-Runde nur knapp 4,2 Kilometer, ist aber alles andere als „brettleben“. Ich bin im Vorhinein etwas skeptisch, ob der fast profillose Schuh auch auf Kieswegen punkten kann. Doch siehe da – ich schmiere kein einziges Mal weg. Allein bei schnellen Downhills habe ich den Eindruck, dass ich es aufgrund der nicht vorhandenen Dämpfung nicht ganz so krachen lassen kann. Aber das gibt sich vielleicht mit der Zeit…
Beim finalen Test hat es draußen ca. 2°C, es ist nass, Pfützen wechseln mit kleinen Schneeflecken ab. Ich wähle eine Laufstrecke durch Wald, Wiesen und Felder. Kann der Schuh hier überhaupt punkten? Ich würde sagen – klares „Ja“! Es macht Spaß, mit dem inov-8 in die Kurven zu gehen, er reagiert sehr schnell auf feine Niveauunterschiede. Nässe ist allerdings nicht unbedingt sein Ding – schon bei den kleinsten Matschflecken werden die Füße nass. Aber dafür wurde er ja auch nicht primär konstruiert – und die weit heruntegezogenen Mesh-Einsätze ermöglichen bei wärmerem Wetter einen zügigen Luftaustausch.
Mein Fazit zum Inov-8 Bare XF 210
Die anfängliche Skepsis – schauen die Schuhe nicht eher nach Fitness als nach Trailrunning aus?! – wich einer zunehmenden Begeisterung. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase habe ich mich mehrfach getraut, den Bare XF auf Strecken bis 12 Kilometer zu laufen. Lauf-Schwergewichten wie mir, die mehr als 80 Kilo auf die Waage bringen, kann ich ihn für solche „Kurzdistanzen“ auf jeden Fall empfehlen. Auf langen Distanzen über der 10 km-Marke bevorzuge ich allerdings nach wie vor stärker gedämpfte Schuhmodelle.