Kaikkialla begrüßt mich mit einem Namen, der zeigt wie viel man bei nur vier Buchstaben durcheinanderbringen kann und der Klang macht Lust auf Norden. Da hat der Name nämlich auch seinen Ursprung und bedeutet aus dem Finnischen übersetzt «überall». Ich frage mich dann derzeit bei zu vielen Arbeitsstunden und Alltagsstress nur: Wo will ich überall hin? Was kann man überall machen? Und den Anfang meines «überall» machten wir auf einem viel zu kurzen Trek durch das Engelbergtal, um dort den Schlafsack namens Lentua (was glaube ich der Namensvetter eines Sees in Finnland ist) zu testen.
Wenn der Händler selbst zum Hersteller wird
Mir ist die Marke Kaikkialla immer wieder beim Stöbern durch den Bergzeit Onlineshop ins Auge gefallen, wobei ich sie bisher nicht richtig einordnen konnte. Nun habe ich herausgefunden, dass hinter der Marke mittlerweile acht europäische Outdoorhändler stehen, die mit gebündeltem Know-How sowohl Outdoor-Bekleidung als auch die passende Ausrüstung mit ihrem breiten Erfahrungsschatz optimieren und den Ansprüchen des Markts entsprechend an den Mann oder die Frau bringen. Ich ordnete bisher unterbewusst Hausmarken eher einem Niedrigpreissegment zu und rechnete mit Qualitätsabstrichen.
Bei Kaikialla hingegen ist die Prämisse nicht unbedingt günstiger zu sein, sondern einfach besser und das noch zu erschwinglichen Preisen. Davon wollte ich mich gerne überzeugen lassen.
Vero und Alex Wöckner
Die Qual der Wahl…
Hat man nicht! Im Vergleich zu anderen Herstellern, die gerne zehn Modelle in fünf Varianten vier Farben und zwei Materialausführungen anbieten, ist bei Kaikialla die Auswahl generell übersichtlich. Den Lentua gibt es lediglich in drei Temperaturvarianten zwischen 12°C und -6°C als Komfortbereich, wobei ich die 0°C Variante ausprobiert habe. Die Farbe ist violett/rot und die Füllung besteht aus 100 % Polyester mit einer Raumdichte von 80 g/m2. Mit ca. 975 g für die Ausführung in der Größe M gehört der Schlafsack nicht in das Ultralight-Segment und darf natürlich nicht mit einem Daunenschlafsack verglichen werden, der ein besseres Gewicht-zu-Temperatur-Verhältnis mit anderen Abstrichen bietet.
Vero und Alex Wöckner
Ab in die Berge
Mit einem Komfortbereich von +4 °C ist man im Sommer in der Regel auch für eine Übernachtung am Berg gut bedient, wobei Wind und Wetter natürlich mitspielen müssen. Ich persönlich achte weniger auf die Angaben zur -1 °C als Limit und -17 °C als Extremtemperatur, da ich vermutlich ordentlich etwas bei der Planung falsch gemacht habe, wenn dieser Schlafsack bei gegebenen Temperaturen zum Einsatz kommen muss. Es ist eben nun mal eine Angabe dazu bei welcher Temperatur man vermutlich eine Nacht «überlebt», ausprobieren will ich es jedoch nicht. Ich rechne beim Bergsteigen immer mit dem trockenadiabtischen Temperaturgradienten, um in etwa abschätzen zu können wie warm oder kalt es am Berg mit der Höhe x ist. D.h. ich kalkuliere mit einem Temperaturabfall von 1 °C/100 m Höhendifferenz. Mit steigender Luftfeuchtigkeit wird der Temperaturgradient immer kleiner (feuchtadiabatisch = 0.5 °C/100 m) – aber lieber mit zu kalten Nächten als zu warmen planen. Bei der Hitzewelle hat es nachts derzeit gute 20 °C auf ca. 450 m. ü. M, also müsste der Schlafsack für unseren Biwak auf knapp 1000 m. ü. M. vielleicht fast zu warm sein?
Vero und Alex Wöckner
Gute Nacht, Lentua!
Nach einer gemütlichen After-Work-Wanderung, war ich umso gespannter, wie gut ich in dem eher steinigen Flussbett schlafen würde. Um die Luftmatratzen zu schonen, habe ich daher immer einen robusten Biwaksack dabei. Vor Sonnenuntergang war auch noch genug Zeit den Schlafsack etwas genauer zu inspizieren, wobei das Feuer bei den Temperaturen eher der Atmosphäre wegen knisterte. Die Form des Schlafsacks ist die klassische Mumienform und laut Hersteller ist Größe M bis zu einer Körpergröße 1,70 m geeignet. Bei meinen 1.72 m somit eine spannende Geschichte und da ich gerne meine Klamotten für den nächsten Morgen im Fußbereich warmhalte, auch eher suboptimal, aber ausreichend.
Vero und Alex Wöckner
Vero und Alex Wöckner
Das Material hat eine sehr gute Haptik und das Außengewebe ist praktischerweise Ripstop Nylon, was eine bessere Haltbarkeit vor allem beim steinigen Biwak verspricht. Die Kapuze kann mit einem Kordelzug enger gezogen werden und ein Wärmekragen sorgt für einen gut geschützten Nacken. Am nächsten Morgen dann mal wieder die Ernüchterung. So schön es auch ist unter freiem Himmel einzuschlafen, so sehr schmerzen dann die verwöhnten Knochen beim Aufwachen. Aber auch das ist nach etwas Dehnen und Strecken passé und wir packen unsere Sachen bevor der Hunger kommt. Gefroren habe ich bei der lauen Nacht bei Weitem nicht, wobei ich mir vorstellen kann, dass der Reißverschluss bei einer echten kalten Nacht eine Kältebrücke bilden könnte. Der Reißverschluss läuft recht geschmeidig, wobei man auch hier etwas darauf achten sollte nicht den Stoff einzuklemmen. Ich musste nachts im Dunkeln, als mir dann doch zu warm wurde, schon ziemlich zuppeln, um den Stoff aus dem Schieber zu bekommen. Im Morgentau ist der Schlafsack noch etwas feucht geworden, aber auch Nass gepackt sollte die Füllung wenig Schaden nehmen, da die Kunstfaser eher unempfindlich gegenüber Nässe ist und auf jeden Fall weiterhin warmhält.
Vero und Alex Wöckner
Fazit
Der Schlafsack ist sehr gut verarbeitet und erfüllt ohne unnötigen Schnickschnack seinen Zweck. Mir persönlich gefällt die Farbe sehr gut, wobei ich die Größe M mit einer Körpergröße bis 1,70 m schon etwas knapp finde. Zu kurz war mir der Sack nicht direkt, aber ich kann mir vorstellen, dass etwas mehr Länge bei kühleren Nächten für mehr warme Luftpolster im Fußbereich sorgen würde. Alles in allem ist der Lentua ein guter Begleiter für warme Herbstnächste oder kalte Sommerbiwaks und kann mit der Konkurrenz beim Preis-Leistungsverhältnis auf jeden Fall mithalten.
Vero und Alex Wöckner