Kletterseile bestehen aus Kern und Mantel und haben eine geniale Arbeitsteilung: Ein geflochtener Kern aus sogenannten Litzen sorgt für die Reißfestigkeit. Um diesen herum wird zum Schutz vor Kanten und Schmutz ein Mantel gewoben, der sich maximal 20 Millimeter in der Länge verschieben darf. Der Seilhersteller Beal hat diese Rollenverteilung inzwischen verbessert und im Unicore-Verfahren Seil und Mantel miteinander verwoben – was die Mantelverschiebung so gut wie komplett verhindert.
Bei einem Normsturz wird die Festigkeit von Kletterseilen in Versuchsanlagen getestet. Hierbei wir in einem Worst-Case-Szenario ein Sturz ins Seil als Bergunfall nachgestellt. Das bedeutet, dass ein Seilstück bei einem Normsturz ein Gewicht von 80 Kilogramm aus 4,80 Metern Höhe in ein ebenso langes Seilstück fünf Mal aushalten muss. Dabei muss es sich aber so weit dehnen, dass der Fangstoß (= die Kraftwirkung auf den Anseilpunkt des Kletterers) zwölf Kilonewton (kN) nicht übersteigt.
In Deutschland dürfen nur Kletterseile verkauft werden, die den Normen der Union Internationale des Associations d’Alpinisme (UIAA 101) und der Europäischen Union (CE EN 892) entsprechen.
Halbseile und Einfachseile müssen laut den Normen der Union Internationale des Associations d’Alpinisme (UIAA 101) und der Europäischen Union (CE EN 892) mindestens fünf der Normstürze aushalten. Zwillingsseile sogar mindestens 12.
Sportkletterstürze kommen in der Regel an diese Belastung bei Weitem nicht heran, da die Kräfte durch die Sicherungskette (Seillänge, Zwischensicherungen, Umlenkpunkt und dynamische Sicherung) verteilt und damit reduziert werden.
Einfachseile
Das Einfachseil wird, wie der Name vermuten lässt, im Einzelstrang benutzt und ist im Handling am einfachsten. Sein Seildurchmesser hat sich zwischen 8,5 und 10,5 Millimetern eingependelt.
Halbseile
Halbseile werden (wie auch Zwillingsseile) im Doppelstrang verwendet. Das bedeutet, dass der Vorsteiger durch zwei dünnere Kletterseile gesichert ist. Zwar sind sie im Handling etwas umständlicher und auch schwerer als Einfachseile. Aber beim Trad-Climbing, Alpinklettern mit mehreren Seillängen und beim Eisklettern haben sie deutliche Vorteile.
Zwillingsseile
In der Praxis nutzen vor allem erfahrene Kletterer Zwillingsseile. Sie sind noch dünner und leichter als Halbseile und müssen immer zusammen in die Sicherungen eingehängt werden. Klettern in Dreierseilschaften oder die Halbseiltechnik ist mit ihnen nicht möglich. Dafür punkten Zwillingsseile gerade beim Alpin-, Mixed- und Eisklettern mit besserem Handling und geringerem Gewicht.
Alle Infos zu den Einsatzbereichen der unterschiedlichen Seiltypen findest Du in unserer Shop-Kaufberatung zu Kletterseilen.
Bei Kletterseilen kommen ausschließlich dynamische Seile zum Einsatz. Denn durch die Dehnung der Polyamidfasern kann das Kletterseil höhere kinetische Sturzenergien aufnehmen. Diesen Dämpfungseffekt kennt jeder, der im Nachstieg die Schlüsselstelle einer Route bewältigt hat, sich zum Rasten ins Seil setzt – und sich dann plötzlich wieder unterhalb der schon überwundenen Passage wiederfindet. Dabei handelt es sich um die sogenannte statische Dehnung, die acht bis zehn Prozent nicht überschreiten darf. Die dynamische Dehnung (auch Fangstoßdehnung) muss bei einem Sturz laut Norm unter 40 Prozent liegen.
Statische Seile kommen überall dort zum Einsatz, wo möglichst wenig Seildehnung erwünscht ist, etwa bei Fix- oder Canyoning-Seilen oder in der Berg- und Höhlenrettung. Diese Seile solltest Du niemals zum Klettern verwenden, weder im Vor- noch im Nachstieg! Sie werden als Fix- oder Materialseile benutzt.
Wird das Kletterseil nie benutzt und optimal gelagert, hat es eine maximale Lebensdauer von 10 bis 12 Jahren. Dies wird aber in der Regel nie der Fall sein, da das Kletterseil nun mal dafür gekauft wurde, um benutzt zu werden. Die Hersteller machen deshalb die Haltbarkeit des Kletterseils auch davon abhängig, wie intensiv das Seil genutzt wird.
Die Abnutzung hängt dabei auch von Faktoren wie Art des Kletterns (Halle vs. draußen; Toprope vs. Vorstieg), von der Anzahl der großen und kleinen Stürze und der Seilpflege ab.
Wenn der Mantel durchgescheuert oder von weiteren Stürzen verschmort ist, wenn sich Kern und Mantel spürbar weit verschieben oder sobald der Kern sichtbar ist, solltest Du Dein Seil sofort austauschen. Das gilt auch, wenn das Kletterseil Kontakt mit Säuren oder Lösungsmitteln hatte!
Ein kurzes Video zum Thema Nutzungsdauer findest Du am Ende des Beitrags.
Bei allen Kletterseilen ist unerlässlich, dass Du Dich vor Kauf und Verwendung versicherst, dass der Seildurchmesser mit dem eigenen Sicherungsgerät kompatibel ist. Das ist gerade bei Halbautomaten wichtig, da sonst möglicherweise der Blockiermechanismus nicht funktioniert.
Vom inzwischen weit verbreiteten Click Up gibt es eine Version speziell für Alpinklettern (nur für Seile von 7,7 bis 9 Millimeter), das Alpine Up Kit. Edelrid hat für seine extra dünnen Zwillingsseile Flycatcher das Sicherungsgerät Micro Jul entwickelt (für Edelrid Kletterseile von 6,9 bis 8,5 Millimeter). Mehr dazu findest Du in unserem Marktüberblick Sicherungsgeräte.
Beispielsweise für den Transport ist es sehr praktisch, das Kletterseil zu einer Seilpuppe aufzunehmen. Wie das krangelfrei geht, erklärt Dir unser Magazinbeitrag inklusive Anleitungsvideo: Kletterseil richtig aufwickeln. So kannst Du es anschließend kompakt und sicher an Deinem Kletterrucksack befestigen, ohne befürchten zu müssen, dass sich die Seilpackung öffnet.
In Kletterhallen oder Sportklettergartenanlagen ist ein Seilsack oder Seilrucksack eine praktische Investition: Einfach das Seil auf der Plane zusammenrollen, in die Hülle stecken – und fertig.
Jeder Kletterer kennt sie: diese lästigen Verdrehungen am Seil, die ein kontrolliertes Ablassen mit dem Sicherungsgerät erschweren und deshalb auch zu einer gefährlichen Angelegenheit machen können. Oft entstehen Krangel, wenn mit einem Achter oder per Halbmastwurf gesichert wird und dies nicht korrekt ausgeführt wird.
Ist Dein Seil einmal verkrangelt, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, um es wieder zu entkrangeln:
1. Ganz simpel: Nimm‘ das Kletterseil doppelt und lass‘ es bspw. an der Fels- oder Hauswand aushängen.
2. Alternative: Binde das eine Ende des Seils an einen Baum. An das andere Ende bindest Du ein Stücke Schnur (etwa 1 Meter lang). Nun ziehst Du an dieser Schnur das Seil straff – et voilà: Die Krangeln haben sich auf die Schnur übertragen und Dein Seil ist wieder glatt.
Ja, kann man. Wichtig dabei ist allerdings, dass Du spezielles Seilwaschmittel verwendest. Eine ausführliche Anleitung zum Waschen Deines Seils findest Du in unserem Magazinbeitrag: Kletterseil waschen u0026 pflegen – Worauf Du dabei achten solltest.
Beim korrekten Lagern von Kletterseilen sind folgende zwei Punkte besonders wichtig:
1. Ein Kletterseil sollte dunkel, kühl und trocken gelagert werden. So altert das Seil nicht so schnell. Hast Du also einen Keller mit diesen Klimabedingungen, sind das schon mal gute Voraussetzungen.
2. Als Seilsack-Benutzer legst Du beim Lagern deines Kletterseils den geöffneten Seilsack auf den Boden oder ins Regal; eventuelle Restfeuchte muss in jedem Fall entweichen können.
Ist Dein Kletterseil an einem oder an beiden Enden aufgeraut oder hat sich anderweitig abgenutzt, kannst Du seine Lebensdauer verlängern, indem du es etwas kürzt. Das kannst Du entweder bei der zu Hause machen oder aber Du gehst in den Bergsportladen Deines Vertrauen und lässt dein Kletterseil dort kürzen.
Was genau Du in beiden Fällen beachten solltest, erfährst Du in unserem Magazinbeitrag Kletterseil richtig kürzen.
Hat Dein Seil ausgedient und ist auch durch Kürzen nicht mehr zu retten, dann ist es an der Zeit, dass Seil entweder zu entsorgen oder es zu recyceln. Bei letzterem hast Du die Möglichkeit, das Seil an speziellen Recycling Stationen abzugeben, die von der Firma Newseed aufgestellt wurden. Newseed recycelt seit 2016 alte Kletterseile und verhelfen ihnen zu neuem Leben.
Die Recycling Stationen sind über ganz Deutschland verteilt und meist in Kletterhallen zu finden. Eine Übersicht über alle Recycling Stationen von Newseed findest Du hier.
Weitere Ideen zum Kletterseil-Upcycling findest Du im Magazinbeitrag Kletterseil Upcycling DIY-Ideen
Podcast-Tipp: Kletterseil-Beratung
Die Auswahl an Kletterseilen ist groß. In dieser Beratungsfolge erklärt Dir unser Kletter-Experte Stefan, wo die Unterschiede liegen, wann Du welchen Seiltyp verwendest und worauf Du beim Kauf achten solltest:
Video: So erkennst Du, wann Du Dein Kletterseil aussortieren musst!
Stefan vom Bergzeit Magazin-Team war bei Edelrid zu Besuch und Flo Hellberg von der Edelrid Academy hat erklärt, woran ich erkenne, dass mein Seil dringend aussortiert werden muss.
Es sind noch Fragen offen? Dann gern ab damit ins Kommentarfeld unten!
Hier geht’s zu allen Kletterseilen im Bergzeit Sortiment:
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