Inhalt
- Wer sind wir?
- Der Plan: Roadtrip zu Deutschlands Kletter-Highlights
- Die Crew
- Erste Station: 90 Meter hoch im Altmühltal
- Zweite Station: Zittern im Elbsandsteingebirge
- Eine kleine Auszeit in Leipzig und Hamburg - ohne klettern
- Klettern im Norden: Der Ith
- Klettern und Bouldern im Harz (Okertal)
- Ettringer Lay: Ein kleiner Indian Creek mitten in Deutschland
- Ein alter Bekannter: Das Mekka der Pfalz
- Fazit: Vielseitige Kletterei in ganz Deutschland
Zack! Wieder eine Stecknadel mehr auf unserer Weltkarte. Wir setzen sie nicht auf Australien, Südafrika oder Alaska, sondern auf unsere Heimat Deutschland. Wir leben hier, seit wir denken können, doch länger bereist haben wir Deutschland noch nie. Mal ein Ausflug nach Berlin, oder klettern in der Fränkischen Schweiz. Doch Deutschland bietet mehr. Wir nehmen Dich mit auf eine Reise zu Deutschlands schönsten Klettergebieten, mit dem Camper. Wäre der Coronavirus vor zwei Jahren nicht ausgebrochen, hätten wir das womöglich nie erfahren.
Wer sind wir?
Der Plan: Roadtrip zu Deutschlands Kletter-Highlights
Auch im Jahr 2021 wollten wir gemeinsam eine kleine Reise unternehmen. Natürlich sollte auch dieses Mal das Klettern im Mittelpunkt stehen. Die Reise sollte coronasicher sein und fliegen kam auch nicht in Frage, deshalb ab in die Camper. Es entstand die Idee, Kletter- und Bouldergebiete in unserer Heimat zu besuchen, die wir bisher nur vom Hörensagen kannten. Wir stellten uns also eine Reiseroute in Deutschland zusammen. Mehrseillängenklettern am höchsten Felsen des Frankenjuras, Knotenschlingen legen im Elbsandsteingebirge, Deep Water Soloing in Leipzig, ein Besuch bei unseren Cousins in Hamburg, Seilklettern im Ith, Bouldern im Harz und zum Schluss Trad-Klettern in Ettringen. Das war der Plan. Dabei ging es uns nicht so sehr darum, rein schwere Routen zu punkten, sondern vielmehr, um schöne Linien und Klassiker der einzelnen Gebiete zu wiederholen und die lokale Kletterszene kennen zu lernen.
Es liegt uns am Herzen, dass Kletterethiken beachtet und Klettergebiete respektvoll und umweltbewusst behandelt werden, denn sie sind Teil unserer Natur. Durch Corona wurden einige Kletter- und Bouldergebiete förmlich überrannt, Kletterethiken wurden missachtet und Müll hinterlassen. Das führte zu Ärger mit den örtlichen Gemeinden bis hin zu Schließungen von Klettergebieten. Hintergrund unserer Reise war deshalb, darüber aufzuklären, was man beim Klettern und Bouldern am Fels beachten sollte und wie sich Kletterboom und Umweltschutz verbinden lassen.
Die Crew
Vinzent Weinbeer
Mit an Board, beziehungsweise im Cockpit unserer Busse, waren die hochschwangere Pia, Philipps Freundin, die ungeborene Heli und Moritz Freundin Renée. Außerdem jede Menge Kletterequipment, zwei Standup-Paddleboards, Neoprenanzüge und viel weiterer „Kruscht“ (schwäbisch für ganz schön viel Material). Die Camper waren proppenvoll.
Erste Station: 90 Meter hoch im Altmühltal
Erster Stopp auf unserem Trip war das Altmühltal. Bekannt durch seine wunderschöne Landschaft und den Donaudurchbruch – ein Ziel vieler Touristen und auch unsere Hauptattraktion bei diesem Stopp. Warum? Die höchste Wand des Frankenjuras, die Römerwand, hat uns gelockt. Da die in der Weltenburger Enge gelegene Wand über Land nur schwer zu erreichen ist, wurde daraus eine spannende Aktion.
Vinzent Weinbeer
Vinzent Weinbeer
Die Standup-Paddleboards kamen zum Einsatz. Bepackt mit Kletterausrüstung und ein paar Snacks ließen wir uns die Donau heruntertreiben. Wichtig war dabei, das Gleichgewicht zu halten, sich nicht von den Touri-Dampfern überfahren zu lassen und den Ausstieg nicht zu verpassen. Trocken auf der anderen Seite der Donau angekommen, ging der wirklich spannende Teil los. Drei knifflige Seillängen im neunten Grad waren zu begehen. Danach hieß es flussaufwärts zurückpaddeln. Der Hinweg, ein Akt der Entspannung, der Rückweg ein Kampf ohne Dampf, sondern nur mit Armkraft.
Achtung: Eine Person hat uns über Social Media mitgeteilt, dass man scheinbar nicht auf der rechten Seite (orographisch) der Donau im Donaudurchbruch anlanden darf. Infos diesbezüglich haben wir im Kletterführer und im Web nicht gefunden. Wollt ihr aber sicher gehen, dann schnappt euch einen wasserdichten Packsack und schwimmt rüber. Natürlich unter Beachtung der Strömung.
Zweite Station: Zittern im Elbsandsteingebirge
An was denkst Du als erstes wenn Du Klettern im Elbsandsteingebirge hörst? Für uns waren es vor allem folgende Begriffe: Fürchten, Knotenschlingen legen, bloß nicht stürzen UND atemberaubende Schönheit.
Falls Du auch mit dem Gedanken spielst mal in die Sächsische Schweiz zum Klettern zu fahren, dann fühl Dich von uns ermutigt. Ja, die Hakenabstände sind weit auseinander, unserer Meinung nach manchmal unsinnig weit auseinander. Aber es ist auch nicht die Schauermär, von der womöglich schon viele erzählt haben. Wichtig ist nur, dass Du Dir vorher einen sächsischen Local organisiert, der Dich in das Klettern dort einführt. Frank, unser Local, hat sich einfach nur sehr gefreut, dass mal jemand von „außerhalb“ zu ihnen zum Klettern vorbeikommt. Er hat uns mit wertvollen Tipps und Tricks versorgt. Mit diesen ist das Klettern dort keinesfalls ein Harakiri-Unterfangen, sondern viel mehr ein intensives Klettererlebnis an grandiosen Felsformationen.
Eine kleine Auszeit in Leipzig und Hamburg – ohne klettern
Aus Deepwatersoloing in Leipzig wurde leider nichts. Wir erfuhren, dass der stillgelegte und geflutete Steinbruch in Privatbesitz ist und dessen Eigentümer Klettern dort seit einiger Zeit untersagt. Also wurden die Neoprenanzüge nicht ausgepackt und wir fuhren weiter nach Hamburg. Ein paar Tage Stadturlaub, ein Besuch bei unserem Cousin und für Moritz und Renée ein Ausflug zu einer Autowerkstatt. Der alte VW-Bus machte mal wieder zu schaffen.
Klettern im Norden: Der Ith
Eines der nördlichsten Klettergebiete ist der Ith und weil hier auch früh in Deutschland Klettergeschichte geschrieben wurde (Erstbegehung der Dachverschneidung (8/8+) von Milan Sykora 1980) war für uns klar, das müssen wir uns anschauen. Hier findet man ein Meer an kleineren Kalkfelsen (maximal 15 Meter Wandhöhe) in einem hübschen Laubwald. Die Felsqualität ist herausragend.
Klettern und Bouldern im Harz (Okertal)
Ettringer Lay: Ein kleiner Indian Creek mitten in Deutschland
Unsere vorletzte Station auf unserem Deutschland Trip war Ettringen. Das Schöne am Ettringer Lay ist, dass es Rissklettereien im Sportkletter-Stil bietet. Gerade für Einsteiger ins Tradklettern ermöglicht der stillgelegte Steinbruch das Herantasten an die Selbstabsicherung. So umfasst Ettringen etliche technische Risse und wunderschöne Linien. Auch wir klettern hier nicht in unserer Komfortzone. Gerade Moritz hat noch nicht so viel Erfahrung auf diesem Gebiet. So bot dieser Stopp für ihn eine gute Gelegenheit, an zunächst einfachen Routen oder erst im Toprope das Legen der Friends zu üben. Am ersten Tag kletterten wir direkt den Mega-Risskletter-Klassiker „Mut der Verzweiflung“ (8+). Philipp clean (mit Friends legend) im Vorstieg und Moritz noch im Nachstieg.
Philipp und Moritz Hans
Michael Müller
Auch das gute Wetter und das zufällige Aufeinandertreffen mit der Stuttgarter Leistungsgruppe machte den Tag zu einem besonderen Erlebnis. Am zweiten Tag wagten wir uns in die schwereren Routen. Vor allem der „Glühfinger“ (10-) begeisterte uns. Der Name der Route verrät alles. Ein schmaler Riss, der die Finger zum Glühen bringt. Leider haben wir die Route an diesem Tag nicht geschafft, was aber nicht weiter schlimm ist denn dann dürfen wir eben nochmal wiederkommen.
Ein alter Bekannter: Das Mekka der Pfalz
Ursprünglich hatten wir keinen Stopp in der Pfalz geplant, da wir das ein oder andere Mal schon dort waren. Dem Wetter geschuldet hat es uns dann aber doch in die rote Sandstein-Welt gezogen. Neben dem tollen Fels überzeugt die Pfalz durch ihre vielseitigen Möglichkeiten.
Bouldern, Sportklettern und traditionelle Risskletterei zum selbst absichern. Alles in unmittelbarer Nähe. Am Nonnenfels beispielsweise findet man keine 10 Meter von dem Megaklassiker ”Mekka” entfernt eine der bekanntesten Risstouren der Pfalz: den „Jubiläumsriss“. An der Nonne haben wir zwei Tage verbracht und wie sollte es anderes sein, die Route „Mekka“ (10) projektiert. Nachdem Moritz bereits die schweren Züge im ersten Versuch geschafft hatte und kurz nach der Schlüsselstelle fiel, stand fest, das holt er sich! Am zweiten Tag, nach vier weiteren Versuchen hatte er es dann geschafft. Für Philipp bleibt die Tour ein Projekt, zu dem er gerne zurückkommt.
Vinzent Weinbeer
Vinzent Weinbeer
Wenn einem dann die Arme in der Pfalz zu schwer werden, macht man einen der vielen Gipfel der Bundsandsteinlandschaft oder schnappt sich ein Crashpad und lässt sich in einem Meer aus Felsen treiben. Ihr merkt also schon. Wir sind voll auf begeistert von der Pfalz!
Aber Achtung! Besonders in der Pfalz gilt es, die örtlichen Felsschließungen und Kletterethiken zu beachten. Infos darüber findet man in den entsprechenden Kletterführern oder auf der offiziellen ”Pfälzer Kletterer” Seite.
Fazit: Vielseitige Kletterei in ganz Deutschland
Zack! Die Stecknadeln stecken. Einen Edding in die Hand nehmend machen wir einen dicken Kreis um den Stecknadelkopf des Donaudurchbruchs, der Pfalz, dem Ettringer Lay und des Elbsandsteingebirges. Denn diese Stopps waren unsere Highlights.
Vinzent Weinbeer
An einem schönen Sommertag im Donaudurchbruch kommt sofort Urlaubsfeeling auf: Baden, eine Runde Boot fahren und dann nebenher noch die ein oder andere Route klettern. Mit dem Ettringen Lay gibt es in Deutschland eine einmaligen Rissklettersport in Deutschland. Das Elbsandsteingebirge als das wohl vielseitigste Klettergebiet (hierbei schließen wir auch die tschechische Seite mit ein) und die Pfalz mit seinem tollen Bundsandstein „fast“ vor unserer Haustür (zwei Stunden bis ins Dahner Felsenland von Stuttgart aus) können wir uns glücklich schätzen in Deutschland zu leben und zu klettern!
Respect nature & other climbers!
Darüber hinaus war es uns wichtig auf unserem Trip gewisse Verhaltensweisen zu vermitteln. Nicht von oben herab und auch nicht mit erhobenem Zeigefinger, dennoch mit etwas Nachdruck. Hier unsere Tipps für einen nachhaltigen Kletter-Trip:
- Wenn ihr euer „Geschäft“ im Wald verrichtet, grabt ein Loch und nehmt euer Klopapier mit.
- Geht auf Campingplätze, oder schaut, wo es Parkplätze gibt, auf denen man offiziell mit seinem Camper stehen darf.
- Die Felsen und deren Wandfüße sind im Vergleich zu Italien, Frankreich und Spanien in Deutschland relativ sauber. Trotzdem hat man bei näherem Hingucken, schnell doch einiges beieinander. Vor allem Zigarettenstümmel, kleinere Plastikfetzen und Tape-Reste lassen sich finden. Also nehmt euren Müll mit.
Uns geht es nicht darum, Verbote auszusprechen was man alles nicht darf, sondern viel mehr darum sich so zu verhalten, dass es zu keinen weiteren Verboten kommt. Wir wollen, dass mehr Felsen in Deutschland erneut geöffnet werden, denn dann kommt das Potential was wir bei unserem Kletter-Roadtrip vorgefunden haben erst so richtig zur Geltung.