MUT bei Bergzeit
2020 hat Bergzeit das MUT-Projekt eingeführt – was steckt dahinter?
Anna Jäntschi: Bei unserem MUT-Projekt geht es zunächst einmal um nachhaltige Outdoor-Produkte. Konkret bedeutet das, dass wir unseren Kunden eine Orientierungshilfe bieten, wie sie nachhaltige Produkte bei uns im Shop leichter finden und verstehen, was sich wirklich dahinter verbirgt. Wir wollen dabei nicht einfach nur zeigen, mit welchen offiziellen Siegeln ein Produkt ausgezeichnet wurde, also ob es zum Beispiel bluesign zertifiziert ist oder es sich um faire Daune handelt, sondern haben diese nachhaltigen Eigenschaften in die drei Kategorien Mensch, Umwelt und Tier eingeteilt. Damit können Kunden nach nachhaltigen Produkten filtern und sehen auf einen Blick, ob die jeweilige Hose, Jacke oder der Schlafsack einen ökologischen, sozialen oder tierwohlbezogenen Mehrwert aufweist.
Warum braucht es dafür MUT? Reicht es nicht, wenn ein Produkt einfach als „nachhaltig“ gekennzeichnet wird?
Bei den vielen offiziellen Siegeln, die Nachhaltigkeit bei einem Produkt auszeichnen, ist es oft nicht eindeutig, was eigentlich dahinter steckt. In welcher Hinsicht ist das Produkt nachhaltig? Welche nachhaltigen Produkteigenschaften weist es auf, wie wurde es hergestellt und wo kommt die Wolle her? Mit dem MUT-Projekt wollen wir hier mehr Durchblick bieten. Der Begriff MUT steht für Mensch, Umwelt, Tier und nach diesen drei Kategorien lassen sich die Produkte im Bergzeit Shop filtern. Damit wird direkt sichtbar, in welchem Sinne das Produkt nachhaltig ist, also ist es zum Beispiel nachhaltig im Sinne der Menschen, weil es unter fairen Arbeitsbedingungen produziert wurde? Oder nachhaltig im Sinne der Umwelt, weil recycelte Materialien verwendet wurden oder eben nachhaltig im Sinne der Tiere, weil bei der Produktion das Tierwohl geachtet und unterstützt wurde? Auch Kunden, die sich bisher nicht mit den vielen Siegeln in diesem Bereich auseinandergesetzt haben, verstehen damit sofort, welchen Vorteil dieses Produkt aufweist. Gleichzeitig bekommen sie auf der jeweiligen Produktdetailseite natürlich auch tiefer gehende Informationen zu dem Thema.
Mehr Durchblick im Siegeldschungel
Wie wurden die Produkte in die drei Kategorien Mensch, Umwelt, Tier eingeteilt?
Wir haben uns im Vorfeld des Projekts zunächst angeschaut, welche Siegel es derzeit in der Outdoor Branche schon gibt. Die meisten davon hat unsere Produktredaktion bereits im Shop gepflegt, das heißt, ist ein Produkt zum Beispiel bluesign zertifiziert, erscheint dieses Siegel auf der Seite unter der Produktbeschreibung. All diese Siegel und welche, die bislang vielleicht noch nicht vertreten waren, die in unseren Augen aber nachhaltige Aspekte auszeichnen, haben wir anschließend sortiert und schließlich den drei Kategorien Mensch, Umwelt und Tier zugeordnet. Um beim Beispiel bluesign zu bleiben: Eine Jacke, die bluesign zertifiziert ist, fällt damit automatisch in die Kategorie Umwelt. Grundsätzlich kann man sagen, Produkte, die in die Kategorie Mensch fallen, wurden unter fairen und sozialen Arbeitsbedingungen hergestellt, Produkte der Kategorie Umwelt sind Produkte, bei denen zum Beispiel bestimmte Chemikalien nicht verwendet wurden oder die klimaneutral hergestellt sind. Und unter der Kategorie Tier sind wiederum Produkte zusammengefasst, bei denen Rücksicht auf das Tierwohl genommen wurde – entweder weil gar keine tierischen Materialien verwendet wurden (vegan) oder bei der Produktion von Daune oder Wolle bestimmte Tierwohlstandards eingehalten wurden.
Lassen sich nachhaltige Produkte immer in eine der drei MUT-Kategorien einteilen?
Die bisher bekannten Gütesiegel, mit denen nachhaltige Produkte in unserem Shop ausgezeichnet sind, boten in mindestens einer dieser Kategorien Mensch-Umwelt-Tier einen Vorteil. Aber natürlich passiert beim Thema Nachhaltigkeit gerade sehr viel in der Outdoor-Branche. Und so verstehen wir auch das MUT-Projekt als einen laufenden Prozess, der ständig beobachtet und verbessert werden muss. Natürlich sind wir zu einem Großteil auf die Siegel angewiesen, denn hier gelten strenge Kriterien, die uns unabhängig vom Hersteller garantieren, dass die jeweiligen Anforderungen erfüllt sind. Nichtsdestotrotz behalten wir den Markt immer im Blick und schauen, ob gewisse Merkmale eines Produktes oder gewisse Produktionsbedingungen nicht doch im Sinne von MUT nachhaltig sind und ob es hier eventuell kleinere, weniger bekannte Siegel gibt, die diesen Schritt auszeichnen und die wir bisher im Shop nicht berücksichtigt haben. Ein Beispiel: Ein Produkt kann auch zur Nachhaltigkeit beitragen, wenn es plastikfrei versendet oder klimafreundlich transportiert wird, also zum Beispiel mit dem Zug anstatt mit dem Flugzeug – hierfür gibt es derzeit aber keine offiziellen Siegel.
Welchen Vorteil bietet MUT denn den Kunden im Bergzeit Shop?
Ein großer Vorteil ist, dass Kunden mit Hilfe von MUT gezielt nach nachhaltigen Produkten in unserem Shop suchen können. Wer also Wert darauf legt, dass die Produkte nicht nur funktional sind und gut aussehen, sondern eben auch einen ökologischen, sozialen oder tierwohlbezogenen Mehrwert bieten, der kann nun seine Suchergebnisse danach filtern. Wenn Du also bei Mensch, Umwelt und/oder Tier ein Häkchen setzt, bekommst Du nur Produkte angezeigt, die in dieser Kategorie einen Beitrag leisten. Gleichzeitig hilft die Kategorisierung dabei, den nachhaltigen Aspekt eines Produktes besser einzuschätzen. Wer sich nicht täglich mit den verschiedenen Gütesiegeln beschäftigt, weiß zum Beispiel kaum, was die Zertifizierung mit einem bestimmten Siegel eigentlich genau aussagt. Also wofür steht zum Beispiel das Gütesiegel GOTS, was garantiert mir diese Auszeichnung? Durch die neue Einteilung nach Mensch, Umwelt und Tier sieht man hingegen sofort, in welchem Bereich das jeweilige Produkt nachhaltig ist. Und wer sich näher mit dem Thema beschäftigen möchte, findet natürlich auch weiterhin das genaue Siegel auf der Produktdetailseite sowie einen Link zu weiterführenden Informationen.
„Entspannt zurücklehnen können wir uns noch nicht.“
Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Outdoor-Branche ja gerade eine sehr große Rolle. Glaubst Du, dass in dieser Richtung schon viel erreicht wurde?
Ich denke schon, dass viele Hersteller hier sehr wertvolle Arbeit leisten und gute Ansätze für mehr Nachhaltigkeit verfolgen. Dadurch dass das Thema immer mehr Menschen bewusst wird, müssen die Hersteller ihren Worten auch wirklich Taten folgen lassen. Besonders im Bereich Tierschutz ist hier schon viel passiert, zum Beispiel bei der Daunen-Gewinnung oder mit dem Woll-Standard. Die Outdoor-Branche ist hier im Vergleich zur Fashion-Industrie, in der es natürlich auch ganz andere Produktionsmengen gibt, sicherlich recht fortschrittlich. Nichtsdestotrotz gibt es auch hier für uns alle noch viel zu tun – entspannt zurücklehnen können wir uns sicherlich noch nicht.
Eine Frage zum Schluss: Gibt es denn wirklich nachhaltige Outdoor-Produkte?
Ich finde es in der Tat schwierig, von einem nachhaltigen Produkt zu sprechen, denn eine neue Jacke, neue Trailrunningschuhe oder eine neue Isomatte sind im Prinzip nie wirklich nachhaltig, weil ja immer Materialien und Ressourcen für die Herstellung verbraucht wurden. Deswegen wollten wir im Bergzeit Shop auch keinen Filter, der einfach nachhaltige Produkte ausgibt, sondern haben uns ganz bewusst für die MUT-Kategorisierung entschieden, die zeigt, dass das Produkt auf einer bestimmten Ebene, also Mensch, Umwelt oder Tier, einen nachhaltigen Mehrwert bietet.
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