Zugegeben, die Outdoorbranche überhäuft Konsumenten mit immer neuen Produkten, gepimpt mit Superlativen – und was davon sinnvoll ist, durchblicken wohl die wenigsten. Eine Instanz für innovative Produkte ist etwa der ISPO Award. Und diesen konnten die BitterBlaze Aerogel Gloves von Outdoor Research 2019 als Gold Winner für sich entscheiden. Rocket Science meets Alpinism könnte es ganz gut beschreiben. Warum?
Handschuhe sind beim Eisklettern keine allzu triviale Angelegenheit: Zu kalt, zu dick, zu naß, zu klobig, … Die Anforderungen hier sind hoch: Die Eisgeräte sollen gut gegriffen werden können und gleichzeitig sollen die Hände gegen die Feuchtigkeit und Kälte geschützt werden. Gleichzeitig bedarf es aber Fingerspitzengefühl, um Eisschrauben zu setzen, Cams und Keile zu legen und das Seilhandling zu managen. Diesen Spagat will Outdoor Research mit dem BitterBlaze Aerogel Glove meistern!
Andi Holle
Erster Eindruck
Äußerlich erscheint der Handschuh wenig spektakulär bzw. bietet viele bewährte Features: Die Gore-Tex® Membrane sowie eine Primaloft® Gold Insulation schützen die Hände vor den äußeren Widrigkeiten, das Außenmaterial ist elastisch genug um alle Bewegungen mit zu machen und die Innenhand aus Pittards® Oil Tac behält das Eisgerät sicher im Griff. Durch die große Schlaufe am Bund lässt sich der Handschuh prima anziehen und an der Karabinerschlaufe am Mittelfinger lässt er sich am Gurt befestigen. Alles bewährte Features, aber nichts Aufregendes. Aber…
Franz Mösbauer
Der BitterBlaze im Praxistest
Schlüpfen die Hände in den Handschuh, zeigt er seine inneren Werte! Auffällig ist erstmal, dass der Schnitt sehr gut gelungen ist: Trotz der Isolierung, primär am Handrücken, trägt der Handschuh kaum auf und gleichzeitig macht er für einen isolierten Handschuh alle Bewegungen sehr gut mit. Auffällig ist vor allem das Gefühl in der Innenhand. Da versteckt sich doch etwas? Das Alleinstellungsmerkmal des BitterBlaze Aerogel Gloves ist die Primaloft® Insulation Aerogel, welche in der Innenhand und den Fingern eingearbeitet ist. Diese thermische Barriere ist gleichzeitig wasserdicht, druckfest, strapazierfähig und leicht.
Die Aerogel-Isolierung wurde zusammen mit der NASA entwickelt – Rocket Science eben – und wird hier das erste Mal in einem Handschuh verarbeitet. Im ersten Moment fühlt sich die Isolierung etwas steif an, was sich aber im Einsatz bald legt! Der große Vorteil für mich liegt aber weniger im Greifen des Eisgerätes am Griff – der ist normalerweise gummiert – sondern im Greifen des Eisgerätes am Schaft als Stützpickel, wie es in Couloirs und Eisflanken häufig der Fall ist. Ist der Schaft nicht umwickelt, gibt’s ganz schnell kalte Hände. Ebenso auf Skitour, wenn der Stock auch mal am kalten Schaft gegriffen wird.
Franz Mösbauer
Franz Mösbauer
Bislang konnte ich für mich nur zwei Nachteile entdecken: Gerade zum Eisklettern finde ich es bei einem dicken Handschuh hilfreich, diesen an einer Schlaufe ums Handgelenk zu sichern um auch mal ohne Handschuhe zu hantieren. Diese fehlt leider. Der enge Bund wird zum Tragen unter den Ärmeln der Jacke mit einem Klettverschluss geschlossen. Eine Kordel würde sich besser mit einer Hand bedienen lassen und wäre auch unempfindlicher gegenüber Schnee.
Mein Testfazit
Mein Resümee nach den ersten, kalten Einsätzen bei einer winterlichen Begehung der Eisenzeit an der Zugspitze und beim Mixedklettern an der Benediktenwand: Passform, Wetterschutz und Ausstattung sind überzeugend. Persönlich vermisse ich – wie bei allen dickeren Handschuhen – beim Eis- und Mixedklettern das Gefühl bei der Handhabung von Zwischensicherung und am Standplatz. Dennoch, zum Sichern und im Nachstieg macht er eine gute Figur! Bei kalter Witterung mit viel Schneekontakt war und wird er regelmäßig mit eingesteckt werden. Denn für mich ist die Aerogel Isolierung wahrlich eine Bereicherung und sorgt für warme Hände. Selbst das Klettern am Fels wird dank der griffigen Innenhand nicht zur Zitterpartie. Auch auf Skitour schlägt sich der BitterBlaze Aerogel Glove super. Der Stock liegt gut in der Hand und ist ausreichend warm für ca. 90% der Wintertage.
Martin Stolzenberger