Pünktlich zum Beginn der Wintersaison 2023/24 veröffentlichte die DAV Sicherheitsforschung einen Bericht zur Problematik elektronischer Störquellen bei der Lawinenrettung. Damit gemeint sind Smartphones, Sportuhren, elektronisch gesteuerte Lawinenairbags, Heizelemente, Stirnlampen und sogar Brotzeitdosen – also letztlich alle magnetisch wirksamen Ausrüstungsgegenstände – die allesamt den Erfolg einer LVS-Suche beeinflussen können. Hinzu kommen große Störquellen wie Seilbahnanlagen, Antennenmasten und Hochspannungsleitungen.
Der österreichische LVS-Geräte-Hersteller Pieps brachte im Herbst 2023 das Pro IPS auf den Markt, das der oben beschriebenen Problematik ein sogenanntes Interference Protection System (IPS) entgegenstellt.
Es geht beim Pro IPS also um den Schutz vor störender elektromagnetischer Strahlung – und um eine echte Ansage in Sachen Reichweite.
Der Hersteller bewirbt das Gerät als „The New Benchmark“ bei LVS-Geräten, also als die neue Richtgröße. Grund dafür ist die neuartige Technologie DASP (Dual Antenna Signal Processing), die eine simultane Signalverarbeitung beider Antennen ermöglicht. So wird nach Herstellerangabe eine Suchstreifenbreite von 80 Metern ermöglicht. Das wäre tatsächlich ein Novum.
Mick Roepke
Zum Ende der Wintersaison 2023/24 erhielt ich die Möglichkeit, das Pro IPS LVS-Gerät von Pieps zu testen. Neben den grundlegenden Funktionsprüfungen wie Ergonomie, Handhabung und Wertigkeit habe ich für diesen Testbericht gemeinsam mit einem Freund der Reichweite, Mehrfachverschüttung und dem Interference Protection System (IPS) im winterlichen Gebirge ausführlich auf den Zahn gefühlt.
- 3-Antennen-Technologie
- akustisches Signal
- Anzeige Distanz
- Anzeige Mehrfachverschüttung
- Anzeige Richtung
- automatische Nachlawinenumschaltung
- i-Probe-kompatibel
- Markierfunktion bei Mehrfachverschüttung
- Neigungsmesser
- Update via Handy-App
- Tragesystem
Video-Testbericht zum Pips Pro IPS
Erster Eindruck und Funktionen
Der erste Eindruck nach dem Auspacken des Pro IPS ist hochwertig, die Verarbeitung wirkt sehr gut. Beim Einlegen der Batterien fällt auf, dass das Batteriefach durch eine umlaufende Dichtung am Deckel vor Feuchtigkeit geschützt ist. Das gefällt uns. Recht schnell zeigt sich allerdings, dass die Oberfläche des mattschwarzen Gehäuses zu Kratzern neigt. Für mich ist das bei einem LVS-Gerät zu vernachlässigen.
Vor der Inbetriebnahme ist das Pro IPS mit der zuvor heruntergeladenen Pieps-App via Bluetooth zu koppeln, um die ersten individuellen Einstellungen vorzunehmen.
Mick Roepke
Mick Roepke
Externe Antenne: der entscheidende Unterschied
Optisch unterscheidet sich das Pro IPS von anderen LVS-Geräten durch seine nicht zu übersehende, ausklappbare Antenne: eingeklappt bedeutet Sende-Modus, ausgeklappt Such-Modus. Dies zeigt sofort, wer sendet und wer sucht. Unter der Antenne – also geschützt – befindet sich der rote Ein-/Ausschalter.
Das Nach-außen-Verlegen der großen Antenne bewirkt, dass das Pro IPS die Signale beider großen Antennen (X-Achse und Y-Achse) gleichzeitig verarbeiten und auswerten kann. Der größere Abstand zwischen den Antennen verringert die gegenseitige Beeinflussung und erhöht gleichzeitig die Genauigkeit der Richtungs- und Abstandsauswertung. Das führt letztendlich zu einer bis zu 20 Prozent höheren Reichweite und in der Folge zu einer Suchstreifenbreite von 80 Metern (Herstellerangabe).
Mick Roepke
Mick Roepke
Inbetriebnahme, Such- und Sendemodus
Die Bedienung ist denkbar intuitiv: Antenne ausklappen und über den roten Knopf ein- oder ausschalten. Nach dem Einschalten durchlauft das Gerät die gewohnten Initialisierungs- und Checkfunktionen. Wird die Antenne zurückgeklappt, ist man schon im Sende-Modus, der auch durch ein grün blinkendes LED signalisiert wird.
Im Sende-Modus blinkt ein grünes LED, im Such-Modus zeigt das Display alle wichtigen Informationen.
Um in den Suchmodus zu wechseln, wird die Antenne ausgeklappt. Das Display zeigt nun alle sonst üblichen Informationen für die Verschüttetensuche. Direkt über dem Display befindet sich der gelbe Druckschalter für die Mehrfachverschüttung. Dort ist er gut sichtbar platziert und nicht zu übersehen.
Das war es dann auch schon für alle, die keine weiteren Funktionen des Gerätes benötigen.
Funktionen für Profi-Anwender
Weil das Pro IPS auch Profi-Anwender im Visier hat, lassen sich über die Pieps-App bei Bedarf zusätzliche Funktionen einstellen: eine Verschütteten-Tiefenerkennung und ein Backup-Modus, der das Senden stoppt, um bei mehreren Rettern die Suche nicht zu stören. Dieser wird durch eine Zwischenstellung der Antenne schnell aktiviert. Ein Neigungsmesser kann ebenfalls aktiviert werden – für Ausbilder eine feine Funktion.
Mick Roepke
Oben rechts am Gerät befindet sich eine weitere gelbe Taste, mit der die Scan-Funktion aktiviert wird. Das Pro IPS scannt nun den gesamten Empfangsbereich ab und gibt die Entfernungen der Verschütteten an. Wird der detaillierte Scan-Modus in der App aktiviert, wird sogar die Richtung angezeigt. Professionelle Rettungseinsätze können so besser und schneller koordiniert werden.
Pro IPS von Pieps am Prüfstand: So wurde getestet
Für unseren Praxistest im winterlichen Gelände platzierten wir einen Sender (Barryvox, das LVS-Gerät mit der bisher größten Sendeleistung) etwa 100 Meter entfernt in allen drei Kopplungslagen. Mit dem Testgerät Pro IPS marschierten wir anschließend auf den Sender zu.
Mick Roepke
Mick Roepke
Bei einem stabilen Erstempfang notierten wir die Reichweite, ebenso die Entfernung, bei der das Gerät in die Feinsuche wechselte. Hierbei ging es uns in erster Linie um die Stabilität der Werte in den unterschiedlichen Koppellagen.
Mick Roepke
Mick Roepke
Beim Test der Mehrfachverschüttung wurden in verschiedenen Abständen zum ersten Sender weitere Sender in unterschiedlichen Koppellagen platziert. Im Anschluss ermittelten wir zunächst mit dem Pro IPS die Reichweite zum Erstverschütteten. Dieses Vorgehen ermöglichte uns herauszufinden, wann das Suchgerät das Zweit- und Drittsignal empfängt. Dabei achteten wir auch auf die Stabilität des Signals und ob der Weg entlang der Feldlinie der kürzeste war.
Zur Überprüfung des Interference Protection Systems (IPS) testeten wir die Stabilität der angezeigten Suchrichtungen und Entfernungen unter verschiedenen Stör-Bedingungen.
Um den Einfluss möglicher Störsignale zu überprüfen, also die Beeinflussung der auf dem Pro IPS angezeigten Suchrichtungen, Entfernungen und deren Stabilität, testeten wir das Gerät einerseits direkt unter oder in der Nähe von Stromleitungen und in Betrieb befindlichen Liftanlagen.
Ein weiterer Test abseits davon sollte zusätzlich die unmittelbare Beeinflussung durch Lawinenairbag-Rucksack, Smartphone, Sportuhr und Stirnlampe simulieren. Diese Gegenstände wurden im Suchbetrieb in unterschiedlichen Distanzen zum Pro IPS platziert – das Smartphone wurde auch direkt auf das Pro IPS gelegt und dabei auf Veränderungen der angezeigten Werte geachtet.
Mick Roepke
Mick Roepke
Test-Ergebnisse: Hält das Pro IPS, was es verspricht?
Bei unserem Reichweitentest erzielten wir tatsächlich sehr stabile Werte: 73 bis 75 Meter für die X-Koppellage, 42 bis 45 Meter für die Y-Koppellage und 22 bis 25 Meter für die Z-Koppellage. Das sind hervorragende Werte, die aktuell von keinem anderen Gerät erreicht werden.
Bei unserer Simulation der Mehrfachverschüttung erreichten wir beim Erstempfang Werte von 62 bis 65 Metern, das sind ebenfalls Spitzenwerte. Auch das Zweit- und Drittsignal war deutlich vor dem Erreichen des Erstverschütteten zu erkennen. Nach dem Markieren des Erstverschütteten lotste uns das Pro IPS auf direktem Weg zum Zweit- und anschließend zum Drittverschütteten.
Mick Roepke
Mick Roepke
Für eine Beurteilung des IPS haben wir diesen Test wie oben angeführt sehr bewusst und gewissenhaft durchgeführt. Bis auf den Moment des direkten Auflegens von Smartphone oder GPS-Sportuhr auf das Pro IPS konnten wir keine nennenswerten Abweichungen oder Irritationen feststellen. Dennoch möchte ich dies gerne mit dem Hinweis „Vorsicht“ versehen und weiterhin auf die geltenden Empfehlungen zur Mindestdistanz von LVS-Geräten zu möglichen Störquellen verweisen.
Wir empfehlen auch beim Pieps Pro IPS ausdrücklich die aktuellen Richtwerte zur Mindestdistanz von LVS-Geräten zu möglichen Störquellen zu beachten. Elektromagnetische Störungen können sehr unterschiedlich auftreten, die Ergebnisse in diesem Test sind nicht allgemeingültig.
- Sendemodus: 20 Zentimeter
- Suchmodus: 50 Zentimeter zu absolut notwendigen Geräten, 10 Meter zu aktiven Mobilfunkgeräten und beispielsweise laufenden Schneemobilen.
Einen Wermutstropfen gibt es aber auch beim Pieps Pro IPS: Das LVS-Gerät verfügt neben dem roten Ein-/Ausschaltknopf über weitere drei Druckschalter für zusätzliche Funktionen. Die Druckpunkte der Schalter sind sehr schwergängig. Bei großer Kälte und mit dicken Handschuhen können nur sehr schwer weitere Funktionen ausgelöst werden. Das sollte aus unserer Sicht nachgebessert werden.
Die Ergonomie des Pro IPS ist für Rechtshänder perfekt, speziell wenn die Antenne im Suchmodus aufgeklappt ist. Linkshänder werden sich allerdings etwas benachteiligt fühlen.
Mein Testfazit: das Pieps Pro IPS LVS-Gerät als neues Benchmark
Den vom Hersteller Pieps verwendeten Slogan „The New Benchmark“ für das Pro IPS kann ich nach unserem Test voll unterschreiben – vor allem aufgrund der hervorragenden Reichweitenleistungen und der sehr stabilen sonstigen Suchergebnisse.
Das Pro IPS wird in erster Linie für professionelle Anwenderinnen und fortgeschrittene Wintersportler beschrieben und beworben. Die Zusatzfunktionen für Profis und Interessierte sind sehr gut und absolut hilfreich. Jedoch ist das Gerät auch für Anfänger oder Gelegenheitsalpinisten wegen der hohen Sendeleistung als aktuell bester Stand der Technik zu empfehlen.
Das Pro IPS ist auch für Anfänger oder Gelegenheitsalpinisten wegen der hohen Sendeleistung „state of the art“ – nur das beste Sendegerät rettet Leben!
Zudem kommen Ungeübte mit dem Pro IPS aufgrund der intuitiven Bedienung schnell zurecht. Im Ernstfall sieht man sofort, wer sendet oder wer gerade sucht. Wenn die Drucktasten für die Zusatzfunktionen noch etwas sensibler reagierend nachgebessert werden, ist auch der hohe Preis des LVS-Gerätes zu rechtfertigen.
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