Inhalt
- Warum sollte ich als Sportler Atemübungen machen?
- Was bringt mir Pranayama beim Bergsport?
- Bleibe länger fit
- Überwinde deine Grenzen
- Welche Atemübungen gibt es?
- Wie kann ich mit Pranayama beginnen?
- Dreistufenatmung (Yoga Atmung)
- Ujjayi – Meeresrauschen
- Für wen eignen sich Atemübungen? Antworten einer Yogalehrerin
Unter Bergsportlern ist Yoga eigentlich nichts neues mehr. Als Ausgleich für den Alltag und den jeweiligen Lieblingssport ist es besonders stark verbreitet. Irgendwo passen Yoga und Outdoor-Lifestyle ja auch sehr gut zusammen. Yoga ist allerdings viel mehr als der Herabschauende Hund oder ein Sonnengruß. Im ursprünglichen Sinn wurde diese physische Praxis, die sogenannten Asanas, von den indischen Yogis einmal entwickelt, um den menschlichen Körper möglichst gut auf das lange Sitzen in der Meditation vorzubereiten.
Bergzeit
Abseits der bekannten Asanas möchte ich auf einen weiteren essentiellen Aspekt des Yoga eingehen, den ich bisher leider noch nicht in Zusammenhang mit (Berg-)Sport gehört habe: Pranayama, die bewusste Kontrolle des Atems.
Wenn Du damit anfängst Dich mit diesem Thema zu beschäftigen, wirst Du schnell auf viele mehr oder weniger wissenschaftliche Erklärungen stoßen, die die gesundheitlichen Vorteile von Atemübungen anpreisen. Von Blutdruck senkend bis hin zu einem scheinbar unbesiegbaren Immunsystem ist alles dabei. Was ich für mich sicher sagen kann ist, dass regelmäßige Atemübungen einen ganz praktischen Nutzen für Bergsportler haben. Ganz ohne Spiritualität oder Meditation.
Warum sollte ich als Sportler Atemübungen machen?
Außerdem behaupte ich auch, dass mich regelmäßiges Pranayama leistungsfähiger gemacht hat. Beweisen kann ich es nicht, aber für mich ist Atmung auch nur etwas, was man trainieren kann: So kann ich beispielsweise viel länger die Luft anhalten als früher und mittlerweile habe ich auch das Gefühl, dass ich selbst bei den anstrengendsten Sporteinheiten und Ultraläufen immer noch normal durchatmen kann, was mir dabei hilft öfter und intensiver zu trainieren.
Was bringt mir Pranayama beim Bergsport?
Diese Übungen für sich machen Dich also eventuell ausdauernder, aber sicherlich nicht zu einem besseren Bergsteiger. Trotzdem kann es in vielen Situationen, gerade am Berg von Vorteil sein, wenn Du Dich ganz bewusst auf Deinen Atem konzentrieren kannst.
Bergzeit
Bleibe länger fit
Klar, das Gefühl völlig außer Atem zu sein, oder komplett erschöpft zu sein kennt jeder. Wenn Du aber schon zu Beginn Deiner Wanderung merkst, dass Du zu schnell oder zu flach atmest, kann das ein wichtiger Hinweis sein, dass Du vielleicht zu schnell oder generell zu angestrengt unterwegs bist. Passe Dein Tempo gleich an Deine ruhige Atmung an und Du wirst auch am Ende des Tages noch Spaß haben können, ohne komplett fertig zu sein. Dazu musst Du natürlich wissen was ruhige Atmung für dich bedeutet.
Überwinde deine Grenzen
Der Kopf spielt beim Bergsteigen eine wichtige Rolle und oft bekommen Bergsportler an schwierigen Stellen weiche Knie. Egal ob beim Klettern, auf Skitour oder an einer ausgesetzten Stelle bei der Wanderung, Konzentration auf die Atmung hilft Dir Deine Gedanken bei Dir zu behalten und diese Situationen besser zu meistern. In der Regel sind die Stellen dann doch nicht so schwer und durch gut trainierte Atemtechniken lässt sich eine unangebrachte Panik vermeiden.
Bergzeit
Welche Atemübungen gibt es?
Das erste Mal bin ich mit Pranayama 2015 in Kontakt gekommen, als ich eine Vice Dokumentation über Wim „Iceman“ Hof gesehen habe. Egal, was man von ihm als Person hält, er hat auf jeden Fall eine uralte Atemübung populär gemacht. Und zwar benutzt er eine leicht abgewandelte Tummo Technik, eine Pranayama Übung aus dem tibetischen Buddhismus. Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass das nicht unbedingt der beste Einstieg war.
Da es unglaublich viele Techniken gibt, kann ich nur raten, sich einen kompetenten Yogalehrer oder eine kompetente Yogalehrerin zu suchen. Denn obwohl Atemübungen generell recht sicher sind, kann man doch einiges falsch machen. Also bitte nicht übertreiben und im besten Fall Rücksprache mit deinem Lehrer oder einer Ärztin halten. Das gilt ganz besonders in der Schwangerschaft oder bei Vorerkrankungen wie z.B. Asthma.
Zwei Basisübungen möchte ich dennoch gerne vorstellen, als Grundlage und als guten Einstieg, auf dem Du leicht aufbauen kannst. Für eine weiterführende Pranayama-Praxis lohnt sich neben einem Yoga- bzw. Pranayamakurs auch dieses Buch: B.K.S. Iyengar: Light on Pranayama.
Wie kann ich mit Pranayama beginnen?
Dreistufenatmung (Yoga Atmung)
Als Einstieg würde ich eine bewusste Dreistufenatmung empfehlen. Dabei atmest Du ruhig durch die Nase ein und aus und konzentrierst Dich darauf zuerst in den Bauch, dann in die Brust und dann in den Bereich zwischen Brust und Schlüsselbein einzuatmen. Am einfachsten ist es, wenn Du Deine Hände auf die jeweiligen Bereiche legst, um die Atmung aktiv zu spüren.
Halte nach dem Einatmen kurz und atme dann in umgekehrter Reihenfolge aus: also erst aus den Schlüsselbeinen, dann Brust und dann Bauch. Hast Du vollständig ausgeatmet, mache wieder eine kurze Atempause und starte von vorne. Diese Übung entspannt Dich innerhalb kürzester Zeit und bringt Dir Deine Atmung ins volle Bewusstsein.
Falls das im Sitzen nicht geht, oder Du nicht einfach in den Bauch atmen kannst, mache die Übung auf dem Rücken liegend und lege eine Hand auf deinen Bauch und eine auf deine Brust. Das hilft die einzelnen Bereiche gezielt anzusteuern und Du merkst leichter wie sich die einzelnen Bereiche ausdehnen.
Hier findest Du eine Audio-Anleitung für die Bauchatmung.
Ujjayi – Meeresrauschen
Eine weitere Grundlagentechnik ist die Ujjayi Atmung. Atme zunächst ganz entspannt ein und aus. Atme ein und atme anschließend so aus, als wolltest du eine imaginäre Scheibe durch Hauchen beschlagen lassen. Dann schließe den Mund und atme genauso weiter, allerdings ausschließlich durch die Nase. In deiner Luftröhre entsteht jetzt ein Geräusch, das sich etwas nach Meeresrauschen anhört.
Diese Übung wird oft bei Asanas eingesetzt und schafft eine bewusste, tiefe und vor allem ruhige Atmung, die Dir sehr dabei helfen wird, vollkommen bei der Sache zu bleiben.
Denys Nevozhai | Unsplash
Für wen eignen sich Atemübungen? Antworten einer Yogalehrerin
Ich bin der Meinung, dass die Basis Pranayama Übungen für sich allein viele Vorteile für die meisten Sportarten am Berg bringen können. Voraussetzung ist hierbei, wie bei anderen Fähigkeiten auch, das regelmäßige Üben. Für das erste Ausprobieren lohnt es sich, wenn Du einen Lehrer oder Lehrerin dazu ziehst oder mit Apps oder Onlineprogrammen startest. Dafür lohnt sich auch ein professioneller Lehrer.
Und deshalb haben wir auch noch einmal bei Christina Ilchmann nachgefragt, die unter thedown.dog Yoga und Pranayama unterrichtet:
Wie siehst du Pranayama bzw. Atemarbeit, Christina?
Christina: Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass die Atmung das einzige System in unserem Körper ist, das sowohl automatisch, als auch unter Kontrolle funktioniert. Atemarbeit/Pranayama besteht außerdem aus zwei Aspekten: Atembewusstsein (breath awareness) und bewusstem Atmen (conscious breathing). Beim ersten wird der Atem, der automatisch vom Körper ausgeführt wird, von uns nur beobachtet. Beim zweiten manipulieren wir ganz bewusst unseren Atem.
Was würdest du Anfängern und Anfängerinnen für den Einstieg empfehlen?
Bevor Du direkt durchstartest Deine Atmung in komplizierte Rhythmen zu lenken und verschiedenste Atempausen einzubauen, beginne langsam, in dem Du Dir erst einmal bewusst wirst über Deine natürliche, vom Körper gelenkte, automatische Atmung. Starte also mit schlichter Atembeobachtung. Welcher Atemtyp bist Du? Welches Atemmuster hat Deine natürliche, alltägliche Atmung? Durch unseren schnellen, oft stressigen Alltag und schlechte Körperhaltung verändert sich unser natürliches Atemmuster oft hin zu einer flachen Brustatmung oder es schleichen sich schädliche Atemmuster (z.B. reverse breahting) ein. Diese gilt es zu identifizieren und zurückzukehren zu einer gesunden, effizienten Bauchatmung.
Enge Nebenhöhlen können „auftrainiert“ werden, langjährige Muster können „überschrieben“ werden und du wirst Dich insgesamt wacher, fitter und wohler fühlen. Der größte Vorteil: für Pranayama braucht es keine Hilfsmittel, Sportgeräte oder -kleidung. Neben einem professionell geleiteten Kurs kannst Du einfach und unkompliziert üben, z.B. auch unauffällig während einer langen Zugfahrt und Deine Atmung hast Du immer dabei, sie ist für dich kostenlos! Für alle, die jetzt direkt loslegen wollen, gibt es eine tolle Atemübung, die wir alle schon täglich praktizieren: Seufzen und Gähnen.
Vielen Dank für Deinen Input, Christina!
Christina stellt ihre Audio-Sequenzen zum selber üben bereit.
Quellen und wissenschaftliche Studien zur Wirkung von yogischen Atemübungen:
- Die Auswirkungen von Yoga auf das autonome Nervensystem
- Atmung als Rhythmus der Gehirnfunktion
- Atmung beeinflusst unsere Merkfähigkeit
- Gesundheitliche Auswirkungen von Yoga und Pranayama