Zugegeben: Mein Schweinehund ist an manchen Tagen besonders stark. Wenn der Wecker lange vor Sonnenaufgang klingelt und statt Vogelzwitschern nur das Schaben der Eiskratzer auf gefrorenen Autoscheiben durch die Nachbarschaft schallt, liegt noch einmal umdrehen nahe.
Wenn nun statt einem Tag im Büro ein Abenteuer im Gebirge ruft, lohnt sich das Aufstehen. Mein Schweinehund hat leider einen mächtigen Verbündeten: Die Kälte. So sehr ich den Winter mag, so wenig bereitet mir Frieren Freude. Für den Test der Rab Mythic Ultra Jacke nehme ich meinen Schweinehund nun jedoch an die kurze Leine.
- 537 Gramm in der Größe M
- Sagenhafte 900 cuin Bauschkraft
- Innenfutter mit Thermo-Ionen-Futtertechnologie
Werte wie ein Schlafsack
Das Datenblatt nennt ein Gewicht von 537 Gramm in der Größe M, was nicht unbedingt als Ultraleicht durchgeht. Das Verhältnis ist jedoch das Stichwort: Nicht nur stecken in den versetzten Boxkammern ganze 240 Gramm Gänsedaune, diese hat auch noch eine Bauschkraft von sagenhaften 900 cuin. Zum Vergleich:
Diese Werte würden in einem gut konstruierten Schlafsack zu erholsamen Nächten im einstelligen Temperatur-Bereich führen.
Daunenmenge und Qualität geben der Jacke prall gefüllte Kammern, die bereits beim ersten Anfassen wohlige Wärme versprechen. Die Daune ist im Gesamtkonzept der Rab Mythic Ultra jedoch nur ein Puzzle-Stück in einer ganzen Reihe cleverer Lösungen. Die bereits erwähnten Boxkammern sind am Rumpf platziert, so dass die Daune nicht verrutschen kann.
Durch den Versatz der einzelnen Kammern zueinander werden Kältebrücken ausgeschlossen.
An den Armen sind die Kammern dagegen gesteppt, was die Bewegungsfreiheit im Gegensatz zu Boxkammern deutlich verbessert. Diese Kombination sorgt auch dafür, dass die insgesamt recht lang geschnittene Jacke nicht mit hoch rutscht, wenn die Arme beispielsweise beim Klettern hoch gestreckt werden.
Die Passform ist geräumig: Mit 1,82 Meter Größe und 80 Kilogramm Gewicht passt die M sehr gut, aber unter der Jacke hat ein weiterer Layer oder ein Klettergurt noch Platz. Der Zwei-Wege-Reißverschluss ermöglicht so eine geschlossene Jacke – auch am Standplatz.
Bela Elbich
Bela Elbich
Innenfutter und Außenmaterial der Superlative
Ein einzigartiges Konstruktionsmerkmal findet sich im Detail: Rab hat bei der Mythic Ultra ein Innenfutter mit Thermo-Ionen-Futtertechnologie verbaut. Diese Thermo Ionic Lining Technology – kurz Tilt – reflektiert die Körperwärme zusätzlich zur Isolationswirkung der Daue. Das Verfahren ist von Rettungsdecken oder Notfall-Biwaksäcken bekannt. In der Jacke steckt jedoch glücklicherweise keine raschelnde, dampfundurchlässige Folie. Das Innenfutter aus Nylon ist sehr weich und angenehm, trägt man die Jacke aber beispielsweise direkt über einem T-Shirt, ist die Wärmereflektion auch sofort bemerkbar. Rab verwendet Tilt auch bereits erfolgreich in den High-End Schlafsäcken der Mythic Ultra Serie.
Das Außenmaterial besteht aus Pertex Quantum, einem sehr leichten, winddichten und besonders reißfesten Material. Dieses ist genau wie die Daune PFC-frei imprägniert, so dass zeitweise Feuchtigkeit der Isolationsfähigkeit keinen Abbruch tut. Die verwendeten Außen- und Innenmaterial sind zudem aus 100 Prozent recycelten Stoffen, auch die Daune ist RDS-zertifiziert.
Bela Elbich
Bela Elbich
Die Rab Mythic Ultra im Praxistest
Die „hard-facts“ der Jacke überzeugen schon einmal, doch ersetzen sie keinen Praxistest. Ein letztes Aufbäumen des Winters im April brachte ordentlich Neuschnee und damit eine erhöhte Lawinenwarnstufe. Statt der angepeilten Skitour kam die Jacke auf eine Schneeschuhtour unterhalb der Baumgrenze das erste Mal zum Einsatz. Die Temperaturen fielen dennoch weit unter den Gefrierpunkt, dazu kam ein beißender Wind, die Bedingungen waren daher optimal.
Natürlich kam die Jacke nicht beim Aufstieg zum Einsatz, aber in jeder kleinen Pause war ich über das kompakte Paket im Rucksack froh. Durch die enorme Bauschkraft der Daunen hatte die Mythic Ultra auch direkt nach dem Auspacken bereits ordentlich Volumen. Das sorgte dafür, dass sich unmittelbar nach dem Anziehen eine wohlige Wärme ausbreitete. Klar, der Körper hat gearbeitet und war entsprechend warm gelaufen – der eisige Wind zwang jedoch zu raschem Weitergehen oder einer Pause mit Jacke. Wie schnell jedoch das direkte Wärmegefühl auftrat, kannte ich in der Form noch von keiner anderen Daunenjacke.
Der ideale Verwendungszeitraum
Das schnelle Wärmegefühl war auch im weiteren Jahresverlauf immer zu spüren. Hier zeigte sich allerdings auch das Limit der Rab Mythic Ultra im Test. Bis in den Herbst hinein war sie bei jeder Unternehmung schlicht zu warm. Bei so ziemlich jeder abenteuerlichen Tour im Gebirge war sie dabei, verließ aber nur selten den Rucksack.
Als Gipfel- oder Hochtouren-Jacke für den Standplatz eignet sie sich daher nur, wenn auch die Bedingungen entsprechend widrig sind.
Erst im Oktober kam sie wieder bei einem Biwak zum Einsatz und hielt mich in den Abend- und Morgenstunden außerhalb des Schlafsacks warm. Vor allem die große und auch helmtaugliche Kapuze ermöglichte ausgiebiges Sterne-Gucken, ohne sich komplett im Schlafsack einmummeln zu müssen.
Die Funktionsdetails
Ein kleines Detail, welches im kräftigen Wind aufgefallen ist, brachte in dem Zusammenhang weitere Pluspunkte: Die vorderen Gummizüge zur Justierung der Kapuze befinden sich im Jackeninneren. Das mag zwar in der Praxis zu unfreiwilligem Stoßlüften führen, aber so peitschen die Enden nicht permanent ins Gesicht – das hat mich bei meiner bisherigen Jacke immer richtig gestört.
Bela Elbich
Bela Elbich
Weniger gut dagegen finde ich die Kapazität der Taschen. Sicherlich war hier der Blick auf das Gewicht der Jacke entscheidend, auch die hohe Anbringung zur Verwendung mit Klettergurt ist durchdacht. Nur leider passen kaum die Hände rein, geschweige denn irgendwelche Ausrüstung. Die Brusttasche ist zwar nützlicher, aber hier ist der minimalistische Reißverschluss mit etwas dickeren Handschuhen etwas schwer zu bedienen. Die Ärmelbündchen sind leider nicht verstellbar und passen aufgrund der kompakten Form nur über dünne Handschuhe. Wer wie ich zu kalten Findern neigt braucht Handschuhe, deren Stulpe sich über die Jacke ziehen lassen.
Testfazit zur Rab Mythic Ultra Daunenjacke
Auch wenn man ein paar kleine Details, je nach persönlicher Priorität, schöner hätte lösen können: Die Isolationsleistung der Rab Mythic Ultra Daunenjacke zeigt sich im Test als unschlagbar. Als notorisch verfrorener Bergbewohner war der Kompromiss bisher immer: Deutlich mehr Gewicht dabei haben oder die Gipfelpause oder Zeit außerhalb des Schlafsacks möglichst kurz und bewegungsreich zu gestalten. Mit der Rab Mythic Ultra ist das jetzt anders. Gerade mit Blick auf den kommenden Winter erscheint der Schweinehund nun doch nicht mehr so mächtig.
Pro:
- herausragendes Isolationsvermögen bei moderatem Gesamtgewicht
- angenehmes und leises Material
- nachhaltig produziert
- gute Kapuze sowohl mit als auch ohne Helm
- durchdachter Schnitt
- durch Pertex Quantum und imprägnierter Daune wenig empfindlich bei feuchten Bedingungen
Contra:
- Taschen zu klein, Reißverschluss der Brusttasche unterdimensioniert
- Ärmelbündchen nur bedingt geeignet für Handschuhe