Schneller werden und längere Strecken fahren: Wer sich mit dem Thema Radtraining befasst, hat diese Ziele im Auge. Doch gezieltes Radtraining beinhaltet deutlich mehr, als „einfach drauf los“ zu radeln. Es gilt, die perfekte Balance zwischen Belastung und Entspannung zu finden. Es gilt außerdem, „leere“ Kilometer, also gefahrene Kilometer ohne den gewünschten Trainingseffekt, zu vermeiden (Stichwort: Junk Miles).
Damit Du den perfekten Start ins gezielte Radtraining findest, erklären wir Dir wie Du Dein Training steuerst, womit Du Deine Daten analysieren kannst und welche Ausgangswerte Du brauchst.
Definition Deines Leistungsstandes
Zu allererst ist es sinnvoll, Deinen aktuellen Leistungsstand zu definieren. Somit ist es einerseits möglich, Verbesserungen oder Verschlechterungen zu erkennen. Zum anderen kannst Du so verschiedene Leistungszonen für gezieltes Training bestimmter Bereiche festlegen.
Dabei gibt es zwei verschiedene Methoden:
Bestimmung des Maximalpulses
Je nach Anstrengung schlägt das Herz unterschiedlich schnell – dabei wird es allerdings in höheren Bereichen immer anstrengender, den Puls nach oben zu treiben. Das Maximum, also der Punkt mit den schnellsten Schlägen, heißt Maximalpuls. Dieser wird in Schlägen pro Minute (englisch: beats per minute/bpm) angegeben.
Ausgehend vom Maximalpuls lassen sich unter anderem Aussagen über individuelle Belastungszonen treffen. Damit kann das Training gezielter gesteuert werden. Da der Wert jedoch bei jedem Menschen anders ist, lässt er sich nicht mit anderen vergleichen.
Die wohl bekannteste Formel zum Errechnen des Maximalpulses ist:
HFmax = 220 – Lebensalter
Der Maximalpuls wird von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst. Dazu zählt vor allem das Alter. Durch ganz verschiedene Mechanismen lässt die maximal zu erreichende Herzfrequenz (HFmax) mit zunehmendem Alter nach. Aber auch andere Faktoren, wie Geschlecht, Trainingszustand, genetische Veranlagung oder Tagesform spielen eine Rolle. So spricht man umgangssprachlich auch von „Hochpulsern“ oder „Niedrigpulsern“ – also von Menschen, die von Natur aus einen hohen oder niedrigen Puls bei Belastung haben.
Diese Einflüsse machen den Wert so schwierig zu vergleichen und auch zu berechnen. Deswegen solltest Du den Maximalpuls nur als einen Wert zur Trainingsteuerung betrachten und nicht Dein ganzes Training danach ausrichten.
Hier findest Du alles zum Maximalpuls und wie Du ihn zum Training nutzen kannst:
FTP- und FTHR-Test
Gerade im Radsport wird häufig der FTP- (functional threshold power) oder FTHR (functional threshold hearth rate) -Test vollzogen. Diese Werte stellen die derzeit maximal mögliche Dauerleistung über eine Stunde dar. Zudem stehen sie für deine aktuelle Leistungsfähigkeit: Das bedeutet, je höher der FTP-Wert, desto höher ist auch deine Leistungsfähigkeit.
Für den FTP-Wert ist es wichtig, dass das Fahrrad mit einem Watt-System ausgestattet ist. Die Functional Threshold Werte werden mit einem 20 Minuten-Test (plus Ein- und Ausfahren) ermittelt. Für den Test fährt man diese Zeit bei maximaler Leistung – aber so, dass man die Dauer des Tests durchhält. Für den FTP-Wert wird im Anschluss der durchschnittliche Wattwert berechnet, mit 0,95 multipliziert (um die Ermüdung innerhalb einer Stunde zu berücksichtigen) und somit der Grundstein für die weitere Trainingsplanung gelegt.
Für alle, die keine Watt-Werte erfassen können, man kann auch gut mit Pulswerten arbeiten. Dabei ist der FTHR-Test relativ ähnlich, allerdings dauert er, mit 30 Minuten etwas länger. Das liegt daran, dass der Puls immer ein bisschen braucht, um sich an die tatsächliche Anstrengung anzupassen. Er hinkt also immer ein wenig nach. Darum fährt man beim FTHR-Test 30 Minuten maximal, wobei der Durchschnittswert lediglich aus den letzten 20 Minuten gewonnen wird. Der Puls hat somit zehn Minuten Zeit, um zu steigen und sich anzupassen.
Alle Details zum FTP- und FTHR-Test findest Du hier:
Berechnung der Trainingszonen
Aufbauend auf den Ergebnissen des HFmax– oder der FTP-/FTHR-Tests kannst Du verschiedene Trainingszonen bestimmen, nach denen Du bestimmte Belastungen trainieren und dementsprechend Reize setzen kannst.
Je nachdem, welchen Test Du vollzogen hast, werden diese unterschiedlich berechnet – bei FTP- und FTHR-Test gelten folgende Werte:
Trainingszone | FTP | FTHR |
Aktive Regeneration | <55% | <68% |
Grundlagenausdauer | 56-75% | 69-83% |
Tempo | 76-90% | 84-94% |
Laktatschwelle | 91-105% | 95-105% |
Aerobe Kapazität | 106-120% | 106%+ |
Anaerobe Kapazität | 121%+ | Nicht messbar |
Schnellkraft | „Alles was geht für 10 Sekunden“ | „Alles was geht für 10 Sekunden“ |
Bei der Berechnung mittels Maximalpuls richtest Du dich nach folgender Tabelle:
% der HFmax | Belastungszone | Faktor | Beschreibung |
50-70% | Kompensation / Fettstoffwechsel | 0,5-0,7 | ruhiges Training zur Erholung und Fettverbrennung; langsames Jogging nach einer harten Einheit, aber auch lange Läufe in der Marathon Vorbereitung |
70-80% | Grundlagenausdauer 1 GA1 | 0,7-0,8 | aerobes Training, z.B. normaler Dauerlauf |
80-90% | Grundlagenausdauer 2 GA 2 |
0,8-0,9 | anaerobes Training, z.B. längere Tempoläufe / Tempodauerlauf |
90-100% | Wettkampfausdauer | 0,9-1,0 | hartes Training an die Belastungsgrenze heran, z.B. Intervalltraining, Wettkampfausdauertraining |
Aufzeichnung und Auswertung Deiner Trainings
Sobald nun die Ausgangswerte bestimmt und Trainingszonen berechnet wurden, geht es nun daran, die Daten aufzuzeichnen und analysieren zu können. Was früher das Trainingstagebuch war, wird heute von praktischen Apps und Programmen ersetzt. Diese vereinfachen das ganze nicht nur, sondern können sowohl eine größere Menge an Daten verarbeiten, sowie selbstständig verschiedene Parameter berechnen und visualisieren.
Wie so oft gibt es hier allerdings große Unterschiede in den Funktionen, den Kosten und der Nutzerfreundlichkeit: Apps wie Strava sind dabei eher eine Art Social Media unter Sportlern, während Velohero oder Golden Cheetah eine höchst detaillierte und spezifische Auswertungsmöglichkeiten Deines Trainings bietet. Besonders interessant hier: das Performance Management Chart.
Verschiedene Apps und ihre Funktionen beschreibt unser Autor Fritz Horsthemke hier:
Planung und Steigerung des Trainings
Mittels den gesammelten Daten lassen sich über einen längeren Zeitraum gewisse Schemata erkennen, wann man besonders effektiv trainiert hat und was für jeden individuell besonders gut funktioniert. Um dies nun umsetzen zu können, gilt es einerseits ein paar Grundlagen für die Trainingsplanung, aber auch die Körperreaktionen zu beachten.
Wo manche beispielsweise mehr Pause nach der Belastung brauchen, können andere überhaupt erst ihr volles Potential abrufen. Hier können die ausgewerteten Daten besonders hilfreich sein. Unter anderem kann dort das System der Superkompensation nachvollzogen werden. Darunter versteht man ganz grundlegend den Wechsel von Be- und Entlastungsphasen in bestimmten Zeiträumen. So kann möglichst effektiv eine Leistungssteigerung erzielt werden.
Wie genau das funktioniert und wie man das im Training umsetzt, erklärt unser Artikel:
Ab in die Radsaison – so geht es
Um also wieder fit zu werden auf dem Rad – und auch um deine Trainingsfortschritte zu erkennen – empfehlen wir euch folgende Schritte:
- Aktuellen Leistungsstand mittels FTP- oder FTHR-Test bestimmen
- Trainingszonen berechnen
- Viel Rad fahren!
- Immer wieder mal die Belastung wechseln, um sowohl Trainingsreize zu setzen, aber auch regenerative Runden einzuplanen
Aber das Wichtigste beim Radfahren solltest Du nie vergessen: Egal ob harte Sprinteinheit oder lockere Ausfahrt mit Freunden – der Spaß steht im Vordergrund!