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180 Gramm Performance

Kletterschuh im Test: Der Scarpa Stix am Fels

9 Minuten Lesezeit
Der alte Scarpa Stix war legendär. Jetzt gibt es ihn in der Neuauflage - leichter, sensibler und mit frischem Look. Hat der Scarpa Stix das Zeug die Legende weiterleben zu lassen? Martin Hanke hat den Stix in seinem Hausgebiet getestet.

Es gab ihn schon einmal, den Scarpa Stix. Als er vom Markt verschwand, weinten viele dem relativ weichen und doch erstaunlich stabilen ersten Scarpa Stix eine Weile nach. Nun ist er zurück aus der fast vier Jahre andauernden Versenkung, was so manche Kletterer- und Bouldererherzen höher schlagen lässt: Mit schmalerer Ferse, X-Tension-Konstruktion kombiniert mit einer etwas flacheren und weicheren Zehenbox und mit der aktuellen Vibram XS GRIP2 Sohle reiht sich der neue Stix gleich ganz oben ein – neben seinen Pendants von adidas Five Ten, La Sportiva und Boreal. Der direkte Vergleich fällt trotzdem schwer, denn der Stix ist „dann doch irgendwie anders“.

Schlicht und einfach: Stix

Schmuckes Kerlchen der Scarpa Stix: Erstklassige Verarbeitung zeichnet den Schuh aus. | Foto: Martin Hanke
Schmuckes Kerlchen der Scarpa Stix: Erstklassige Verarbeitung zeichnet den Schuh aus. | Foto: Martin Hanke

Design und Farbgebung werden immer Geschmacksache bleiben und so ist es auch beim Stix. Von seiner Optik her gefällt mir der Schuh sehr gut. Der Kletterschuh ist in einem noblen hellen Grau gehalten, besitzt am Rist verstärkende hellblaue Gummierungen und einen orangenen Sohlenteil. Ansonsten ist aufgrund der umlaufenden Gummierung viel Schwarz zu sehen. Für mich ist das Design von Kletterschuhen grundsätzlich nie so wichtig, es kommt vor allem auf die Performance beim Klettern und Bouldern an. Bevor ich den Scarpa Stix jedoch an den Fels mitnehme schaue ich mir die Verarbeitung genauer an. Hier eilt dem Schuh bzw. dem Hersteller Scarpa ein sehr guter Ruf voraus.

Verarbeitung des Scarpa Stix: Besser geht es nicht!

Verklebungen, Nähte, Innenleben und die Anziehschlaufen der Schuhe sind in so einer hochwertigen Qualität verarbeitet, dass man wirklich staunen muss. Die Verklebungen der Randgummierung mit dem Textil sind wie aus dem Ei gepellt. Genau und sehr gut verklebt stellen sich auch die arg belasteten Stellen seitlich und in den Hookbereichen dar. Die Anziehschlaufen sind groß und breit genug, um sich die Ringbänder nicht schon vor dem Felskontakt zu zerstören. Man erkennt auf den ersten Blick, dass Scarpa genau weiß was zu tun ist. Aber, wen wundert das? Die italienische Traditionsfirma stellt schließlich seit 1938 Schuhe für den Bergsport her. Unter den Scarpa Kletterschuhen haben sich immer wieder Erfolgsmodelle wie beispielsweise der Scarpa Vapor oder der Scarpa Instinct am Fels beweisen können. Dem Ruf der besten Verarbeitung jedenfalls wird der Scarpa Stix, so wie alle anderen Modelle, allemal gerecht!

Die Konstruktion der Kletterschuhe bringt die Performance an die Spitze

Scarpa Stix Test
Das X-Tension-System bringt alle Kraft in den Bereich der Zehenspitzen und sorgt so für präzise Fußarbeit und tolle Passform. | Foto: Martin Hanke

Das X-Tension System ist keine Weltneuheit, sorgt aber auch am Stix zuverlässig für ordentlich Spannung, die dann optimalerweise in der Schuhspitze gipfelt. Die kreuzförmig am Fußgewölbe angebrachten Gummibänder unterstützen die optimierte Kraftverteilung und -entfaltung hin zur Schuhspitze. Zusätzlich besitzt der Scarpa Stix eine Halbsohlenkonstruktion aus dem bewährten XS Grip2-Material, die für die nötige Stabilität unter den Zehen verantwortlich ist. Bei kleinen Tritten biegt es einem also nicht die Zehen in Richtung Kinn.

Die Stabilität durch die Sohlenkonstruktion kommt den Besaltungen im Zehenbereich entgegen. Gleichzeitig sind mehr Sensibilität und Gefühl durch eine geringere Mächtigkeit der Sohle auf kleinen Tritten zu bemerken. Die Vorspannung könnte meiner Meinung nach nicht optimaler gewählt sein, der Schuh bleibt so vielseitig einsetzbar und mutiert nicht zur absoluten „Zugmaschine“ für rein überhängendes Gelände. Die Unterstützung der Zehen ist optimal für senkrechte bis überhängende Sportkletterrouten oder Boulder, was den Einsatzbereich sehr groß ausfallen lässt.

Angriffslustig und gleichzeitig präzise und sensibel

Freunde der harten Sportkletterei und der kurzen knackigen Boulderei werden auf jeden Fall Spaß mit der sensiblen und extrem präzisen Waffe haben. Das textile, sich nicht dehnende Material Lorica überträgt zusammen mit dem Bänderaufbau des Kletterschuhs die Kraft der zehn Zehen direkt an die Spitze. Apropos Spitze: in diesem Bereich finden wir im Vergleich zu anderen Kletterschuhen dieser Klasse eine relativ flexible und sensible Zehenbox, die Komfort und trotz aufgestellter Zehen genug Stabilität bietet. Derartige Konstruktionen sehe ich immer kritisch, denn im schlimmsten Fall schiebt sich der große Zeh über die Kante vorne – und somit den Fuß vom Tritt. Ein Kletterschuh wäre in diesem Fall eigentlich nicht wirklich einsetzbar. Aber, keine Sorge, beim Scarpa Stix hat die große Zehe keine Chance über die Kante zu rutschen!

Die Sohle aus Vibram XS Grip2 ist stabil, sensibel und "klebt" an kleinsten Felsstrukturen und schmierigen Mulden. | Foto: Martin Hanke
Die Sohle aus Vibram XS Grip2 ist stabil, sensibel und „klebt“ an kleinsten Felsstrukturen und schmierigen Mulden. | Foto: Martin Hanke

Zurück an den Fels: Kleinste Tritte und Kanten steht man mit dem Scarpa Stix sehr gut. Es fragt sich bloß wie lange, denn wie bei jedem anderen Schuh mit einer recht sensiblen und fast klebrigen Sohle ist die Abnutzung recht intensiv. Wer an kleinsten Kanten und Vorsprüngen „kleben bleiben“ möchte, muss auch in Kauf nehmen, dass diese an der Sohle Spuren hinterlassen. Die Abnutzung ist dennoch absolut im Rahmen, die Lebensdauer der Kante sogar recht ordentlich.

Den Scarpa Stix habe ich mir ausgesucht, da ich einen relativ sensiblen Schuh mit einem ausgewogenem Verhältnis zwischen Kantenstabilität und Sensibilität klettern möchte, der mich aber auch bei Hooks nicht im Stich lässt. Mit der relativ sensiblen Sohle spüre ich sehr gut, wo ich wie gut stehe. Manchen mag er zu weich sein und manchen gar zu hart – wieder einmal Geschmacksache – so wie immer eben!

Stix die Boulderwaffe mit Präszision?

Der Stix sieht in erster Linie aus wie geschaffen für das Bouldern und das Anstehen bzw. Ziehen und Klammern in High-End-Routen, wo es extrem auf Hooks, Toehooks und ein gewisses Feeling für den Tritt ankomment. In der Regel ist es so, dass diejenigen die ihren Boulderschuh zu eng wählen arge Einbußen bei der Toehook-Performance zu verzeichnen haben und auch sonst weniger Spaß und dafür mehr Schmerz am Fels haben. Dasselbe gilt auch für den Stix-Träger. Der Toehook eines korrekt passenden Stix kommt durch die Toe-Hook-Patche,s und seine trotz Patches noch ausgewogene Sensibilität, an jede Konkurrenz sehr nah heran, auch wenn er diese nicht überholt. Mir persönlich fehlt die geschlossene Gummikappe direkt über dem großen Zeh, aber auch das ist Geschmacksache – der Hook hält trotzdem überall zuverlässig.

Kommen wir zur Ferse, die mich anfangs recht stutzig an den Fels führte. Trotz perfekter Passform für Hooks und allgemeines Wohlbefinden schaut man hier auf eine geklebte Gumminaht – eine Konstruktion, die hoffentlich nicht gleich aufreißt. Bis jetzt hat die Fersenkonstruktion gehalten, ich bin positiv überrascht. Der Hook ist sehr präzise und man hat nicht, wie bei manch anderen Schuhen, zuviel Gummi mit diversem den Hook verbessernden Schnickschnack um die Ferse. Die Hookperformance des Scarpa Stix kann sich in jedem Fall sehen lassen – egal ob als Toehook oder als Heelhook.

Scarpa Stix Passform

Scarpa Stix Test
Sensibel und trotzdem stabil – so fühlt man mit dem Scrapa Stix direkt den Tritt! Die flache Zehenbox sorgt für Präzision und Stabilität. | Foto: Martin Hanke

Die Passform hängt extrem von der eigenen Anatomie ab. In der Regel passen mir die meisten adidas Five Ten Modelle sehr gut und so auch der Scarpa Stix, der einen ähnlichen Leisten aufweist. Die flache Zehenbox und die recht schmale Ferse lassen den Schuh wie einen Socken passen. Was mir sehr gut gefällt ist der nicht so steile Einstieg, was dem Schuh vielleicht ein wenig die Spannung nimmt, dafür aber nirgends einschneidet. Der Einstieg wird vor allem einer Menge Leute, die sonst mit mit steilen Einstiegen Probleme haben, entgegenkommen. Ansonsten ist der Stix recht flexibel bis zur Spitze hin, wo ein der Präzision und der Stabilität geschuldeter insgesamt flacherer Schnitt die Zehen in Angriffsposition bringt. Trotz der flachen Box hat sich, bei entsprechender Annäherung an die richtige Größe der große Zeh so aufgestellt, wie ich es für die Tritte in meinen Touren benötige.

Trotzdem darf man nicht vergessen, dass jeder Fuß anatomisch anders ist und dementsprechend unterschiedlich klettert sich jeder Schuh. Die Passform ist klassisch und die verwendeten Materialien kommen aufgrund ihrer Flexibilität so gut wie jedem entgegen. Eine Ausnahme sind Kletterer und Boulderer mit „griechischer“ Fußform, bei denen die Digiti pedis II – der Kollege gleich neben dem großen Zeh – länger ist als der große Chef.

Hilfe bei der Größenfindung

Beim ersten Kontakt im Kletterladen hatte ich drei Kartons vor mir stehen. Meine normale Schuhgröße beträgt im Straßenschuh ungefähr die EUR 41. Die Auswahl der richtigen Kletterschuhgröße ist bei mir eigentlich jedes Mal ein Desaster. Ich bin sehr froh darüber, dass moderne Kletterschuhe aus synthetischen Stoffen, beim Scarpa das leichte und robuste Lorica, kaum mehr Dehnung nach dem ersten Tragen aufweisen.

Meine Wahl beim Scarpa Stix fiel auf die Größe EUR 38,5. Wer jetzt „Masochist“ denkt, liegt falsch, denn ich trage schon lange nicht mehr zu enge Kletterschuhe, die mir mehr Schmerz als Freude am Fels bereiten. Tatsächlich ist mir der Stix nach ein bis zwei Touren ein wenig zu groß und ich spüre die halbe Nummer, die zu meiner vollen Zufriedenheit beitragen würde. Meine optimale Wahl wäre demzufolge EUR 38 – so krass das auch klingen mag. Probiert es aus, vielleicht werdet ihr auch so staunen wie ich.

Den Scarpa Stix und seine Besonderheiten erklärt Thomas Lindinger, Scarpa-Athlet, Boulderer und Bergzeit Mitarbeiter, und zeigt anschließend den Schuh in einer 360-Grad Ansicht mit all seinen Facetten im Detail:

Die Haltbarkeit ist abhängig von der Belastung ziemlich gut!

Relativ weiche Sohle gepaart mit einer sehr soliden Verarbeitung – das bedeutet in meinem Fall bei zwei, drei Mal Klettern in der Woche eine maximale Kletterschuh-Lebensdauer von acht bis zehn Monaten (bei ausschließlich Felskontakt und keinerlei Hallenbesuchen).

Scarpa Stix Test
Spitze und Ferse können noch nach einem halben Jahr überzeugen. Die Ferse, die mir anfangs noch Sorgen bereitete, hält jeder Belastung locker stand. | Foto: Thomas Lindinger

Ziemlich genau nach dieser Zeit hat auch der Scarpa Stix bei einem befreundeten Boulderer den Hut genommen. Seinen zweiten Stix klettert er jetzt knapp ein halbes Jahr, Spitze und Ferse können sich seiner Angabe nach nachwievor sehen lassen – und das obwohl der den Kletterschuh ganz sicher nicht schont. Ich empfinde das als vollkommen in Ordnung, immerhin kostet der Stix jetzt nicht ganz so viel wie die vergleichbare Konkurrenz und hält genau so lang.

Fazit und Details zum Scarpa Stix

Der Stix V2, V2 steht für Version 2, ist ein Spezialist geworden. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger geht er den Weg des „gefühlsechten Spezialisten“, der deutlich sensibler und auch präziser daherkommt. Trotzdem kann man den Stix nicht nur auf ein Einsatzgebiet festnageln. Ich habe mich vor allem am Fels in leicht überhängendem Gelände mit technischen Einstiegsbouldern sehr wohl gefühlt. Ich mag einfach sensible, präzise und leichte Slipper mit einem gewissen Hang zur stabilen Sohle – hier hat mich der Scarpa Stix voll überzeugt!

Konstruktion: X-Tension-Konstruktio
Sohle: 3,5 mm Vibram® XS Grip2
Obermaterial: Polyurethan, Polyamid
Vorspannung: Performance Fit
Asymmetrie: medium
Gewicht:180 Gramm bei Größe 40

Sollte der Scarpa Stix ausverkauft sein, findest du hier passende Alternativen:

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