Die berühmte Skitour Große Reibn führte uns an drei kalten, aber wunderschönen Februar-Tagen durch die Berchtesgadener Alpen. Ambitionierte Skibergsteiger mit großer Ausdauer oder ausgeprägter Leidensfähigkeit bewältigen die Skitour mit ihren (je nach Routenwahl) 3.200 bis 5.000 Höhenmetern zum Teil an einem einzigen Tag oder in zwei Tagen. Wir gehen es entspannter an, genießen zusätzlich die Aussicht von dem einen oder anderen Gipfel am Rande der Tour und verbringen zwei schöne Hüttenabende in Winterräumen.
Thomas Herdieckerhoff
Tag 1: Parkplatz Hinterbrand – Wasseralm
Bepackt mit ordentlich Proviant, Kocher, Gas und Topf, Hüttenschlafsack sowie der üblichen Skitourenausrüstung geht es am Vormittag zu entspannter Uhrzeit los. Als erstes steht uns der Anstieg vorbei an den Skipisten der Jennerbahn in Richtung Stahl-Haus bevor. Manche nehmen auch die Bergbahn auf den Jenner oder bewältigen die ersten 600 Höhenmeter zum Stahl-Haus schon am Vortag und übernachten dort.
Watzmann: König der Region
An der Hütte vorbei auf einen Bergrücken, erarbeiten wir uns einen beeindruckenden Ausblick auf den König der Region: den Watzmann. Seine gerippte, steil zum Königssee abfallenden Ostwand weckt die Sehnsucht nach Abenteuern. Vor uns liegt mit dem Schneibstein (2.275 Meter) der erste Gipfel der Tour, auf dem wir uns bei Sonne und kaltem Wind eine Brotzeit genehmigen.
Thomas Herdieckerhoff
Hier wird das erste Mal abgefellt und es geht bergab Richtung Süden an der Grenze entlang, mal in Deutschland, mal in Österreich. Entlang des Grates ist das Gelände hügelig mit ein paar kleinen Gipfeln, und so muss an der Windscharte wieder aufgefellt werden. Diese macht ihrem Namen alle Ehre: Starke Windböen erschweren es uns, mit eingefrorenen Fingern die Felle anzubringen. Und so passiert es… die Aufklebefolie für eines meiner Felle wird mir von einem Windstoß aus dem offenen Rucksack geweht und macht sich in Richtung Österreich davon. Ich nehme die Verfolgung auf und erreiche sie zweimal fast, aber auch ein Hechtsprung kann sie am Ende nicht mehr retten – Anfängerfehler.
Abendstimmung im Steinernen Meer
Etwas später eröffnet sich im teilweise flachen, offenen Gelände eine wunderbare Aussicht auf die näher rückenden Gipfel des Steinernen Meeres. Es steht ein letzter Anstieg bevor, der nun schon gut in den Beinen zu spüren ist. Als wir am finalen Pass ankommen, färbt die abendliche Föhnstimmung den Himmel in verrückte Gelbtöne.
Thomas Herdieckerhoff
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Im letzten Licht genießen wir unsere Schwünge abwärts. Tief unter uns kommt das zugefrorene Südende des Königssees in Sicht, darüber schwingt sich die höchste Wand der deutschen Alpen zur Watzmann-Südspitze auf.
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Langsam kommen wir in bewaldetes Gelände und haben etwas Probleme mit der Wegfindung. Mehrere Male müssen wir die Ski abschnallen, mit schwindenden Kräften durch den tiefen Schnee einige harte Höhenmeter aufsteigen und traversieren, um weiter zu kommen. Ein ziemlicher Kampf nach so einem langen Skitour-Tag auf der Großen Reibn. Und so ist es eine wirkliche Erlösung, als wir im Dämmerlicht auf eine Lichtung hinausfahren und dort einige tief verschneite Hütten erblicken. Wir haben die Wasseralm erreicht.
Als wir die Haupthütte betreten, stellen wir mit Freude fest, dass eine vierköpfige Gruppe da ist, die schon den Holzofen befeuert und gemütlich warm eingeheizt hat. Nach einer üppigen warmen Mahlzeit wickeln wir uns im unbeheizten Schlafraum in unseren Hüttenschlafsack und in einige Wolldecken und schlafen erschöpft ein.
Thomas Herdieckerhoff
Tag 2: Wasseralm – Ingolstädter Haus
Am nächsten Morgen legen wir nicht gerade einen alpinen Frühstart hin, aber freuen uns dafür, dass die Sonne schon über die Berggipfel gestiegen ist. Doch genau das erweist sich wenig später noch als gefährlich für uns. Wir steigen erst in waldigem, dann in offenem Gelände an einer Steilwand entlang in Richtung der österreichischen Grenze auf. Plötzlich hören wir hinter uns lautes Rumpeln und sehen, dass über der Steilwand ein Stück hinter uns ein Schneebrett abgegangen ist. Mit Getöse rauschen Schneemassen die Felswand hinunter. Unten poltern einige der Schneebrocken über den Weg, auf dem wir vor nur etwa zehn Minuten noch selbst gelaufen sind.
Glück im Unglück
Wir sind zum Glück bereits aus der Gefahrenzone heraus. Schnell verschaffen wir uns auf einem Schneehügel einen besseren Überblick, denn die andere Gruppe aus der Hütte ist nach uns gestartet. Mit Erleichterung stellen wir fest, dass die anderen gerade knapp unterhalb der Lawine aus dem Wald herauskommen und unbeschadet sind. Nochmal Glück gehabt, aber wir hätten wohl trotz relativ kühlem Februarwetter doch etwas früher losgehen sollen.
Thomas Herdieckerhoff
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Auf der österreichischen Seite trennt sich die Spur, denn manche umgehen hier den höchsten Punkt der Tour, aber wir sind motiviert, den Funtenseetauern (2.578 Meter) mitzunehmen. In langen Spitzkehren arbeiten wir uns an coolen Felsformationen die oberen Hänge hinauf, bis wir bei wunderbarem Wetter den Gipfel erreichen. Das Panorama ist grandios! Wir lassen bei unserer Brotzeit den Blick vom Hochkönig und den Hohen Tauern mit Großglockner bis zum Watzmann und zum Königssee schweifen.
In eisigen Tiefen
Da auf unserer Skitour noch eine lange Strecke vor uns liegt, geht es bald schon an die Abfahrt. Über wunderbare Firnhänge fahren wir weit hinab bis zum Funtensee und dem Kärlingerhaus. Es ist ein faszinierendes Phänomen, was für ein Kälteloch der Funtensee ist. Innerhalb von Sekunden fällt die Temperatur bei den letzten Metern Abfahrt zum See dramatisch ab, da sich die schwere, kalte Luft in dieser schattigen Senke sammelt. Auf der anderen Seite des Sees tauchen wir beim Aufstieg wieder aus dem Kältebad auf.
Thomas Herdieckerhoff
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Vom Kärlingerhaus geht es hinauf durch eine wunderbare Hügellandschaft in Richtung Ingolstädter Haus. Mit der beeindruckenden Gipfelpyramide der Schönfeldspitze im Blick gleiten wir durch die idyllische Landschaft, während die Schatten um uns herum länger werden.
Thomas Herdieckerhoff
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Angekommen am Ingolstädter Haus, unserer zweiten Übernachtung auf der Skitour Große Reibn, finden wir den kleinen, gemütlichen Winterraum und heizen ordentlich ein. Der Sonnenuntergang direkt vor der Haustür mit buntem Abendhimmel über den Leoganger Steinbergen ist ein besonderes Schmankerl vor dem Einschlafen.
Thomas Herdieckerhoff
Tag 3: Ingolstädter Haus bis Wimbachbrücke
Bei starkem Wind starten wir am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang auf die letzte Etappe der Skitour Große Reibn. Hinter dem Großen Hundstod erwartet uns eine steile Abfahrt über einen super Skihang. Unten fellen wir ein letztes Mal für diese Tour auf. Als Abstecher von der Normalroute besteigen wir über einen Grat mit gefrorenem Schnee noch das formschöne Seehorn.
Thomas Herdieckerhoff
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Ein wirklicher Genuss zum Abschluss ist die wunderbare nordseitige Abfahrt in den Loferer Seilergraben. Hier kann man bis weit hinunter schöne Schwünge in gutem Schnee hinlegen, da der enge Graben vor der Sonne geschützt ist. Im Tal angekommen wird es flach, aber steil genug, um weiterhin gut voranzukommen.
Wir haben glücklicherweise ein Jahr beziehungsweise eine Jahreszeit mit guter Schneelage erwischt. Ohne abschnallen zu müssen, können wir die gesamten elf Kilometer des Wimbachgries auf Skiern hinunter fahren – das geht nicht immer. Und so stehen wir nach drei Tagen in Deutschlands Wildnis um die Mittagszeit am Parkplatz der Wimbachbrücke.
Fazit zur Skitour Große Reibn
Die Große Reibn ist ein grandioses Abenteuer durch eine Region, die landschaftlich in ihrer Schönheit kaum zu übertreffen ist. Die technische Schwierigkeit ist moderat, Spitzkehren sollten gut beherrscht werden und auch in der Abfahrt sollte man sicher sein.
Konditionell ist die Tour nicht zu unterschätzen.
Darüber hinaus ist Kondition ist gefragt. Sogar wenn man die Skitour auf drei Tage aufteilt, sind Tag 1 und Tag 2 anstrengend. Natürlich sollte man sich mit Lawinen auskennen und gutes Orientierungsvermögen mitbringen, um im Gelände sicher zurechtzukommen. Insgesamt eine sehr empfehlenswerte Tour!
Wenn Du die Große Reibn angehen möchtest, dann darf Dein Abenteuer auf keine Fall an fehlender Ausrüstung scheitern:
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