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Auf der Suche nach Powder

Skitouren und Freeriden in Kanada – Tipps und Infos

12 Minuten Lesezeit
Unbegrenzter Powder - davon träumt jeder Freerider, wenn er "Kanada" hört. Basti Fiedler hat sich auf die Suche nach den besten Hotspots für Tourengeher gemacht und erkundet, was kanadische Skigebiete von denen in den Alpen unterscheidet.

Für viele ist es ein großer Traum: einmal nach Kanada zum Freeriden und Skitourengehen. Ich habe mir diesen Traum vergangenen Winter erfüllt und bin sechs Wochen lang durch Kanada gereist. Dabei habe ich einige Skigebiete und Tourenregionen kennengelernt, die ich hier vorstellen möchte. Auf einzelne Touren werde ich dabei nicht eingehen, denn das würde den Rahmen sprengen. Bevor ich auf die jeweiligen Regionen zu sprechen komme, möchte ich einige generelle Informationen zur Einreise, zum Gepäck und zur Organisation des Skiurlaubs in Kanada loswerden.

Reiseroute

Unsere Reiseroute in Kanada sah wie folgt aus:

  • Flug von Stuttgart nach Calgary, ab dort via Mietwagen
  • Banff, Alberta (Skigebiete Sunshine, Norquay, Lake Louise | Skitouren im Kootenay National Park und Banff National Park)
  • Golden, British Columbia (Skigebiet Kicking Horse | Skitouren am Rogers Pass)
  • Revelstoke, British Columbia (Skitouren am Rogers Pass)
  • Whistler
  • Vancouver
  • amerikanisch-kanadische Grenze mit kleineren Skigebieten, u.a. Fernie
  • Rückfahrt nach Calgary und Rückflug nach Stuttgart
Powdertage in Kanada - wenn man Glück hat. | Foto: Basti Fiedler
Powdertage in Kanada – wenn man Glück hat. | Foto: Basti Fiedler

Beste Reisezeit: Winter in Kanada

In Kanada ist die Jahreszeit in etwa ähnlich wie bei uns – nur kälter. Wir waren von Ende Januar bis Mitte März unterwegs und haben dort so ziemlich den Winter abgepasst, hatten dafür aber auch bitterkalte Tage. Leider war der Winter 2014/2015 der schlechteste seit vielen Jahren und den sonst so vielgelobten Champagne-Powder gab es nur selten. Man kann es nicht ändern und mit etwas Einsatz findet man trotzdem genügend lohnende Touren!

Wer früher hinfährt, riskiert unter Umständen, dass es noch nicht ausreichend Schnee gibt. Später im März ist es nicht mehr ganz so bitterkalt – dafür gibt es unter Umständen auch nicht mehr regelmäßig pulvrigen Neuschnee. Wir waren mit unserer Reisezeit sehr zufrieden – nur der Winter hat uns etwas im Stich gelassen. Aber wie immer gehört auch ein wenig Glück oder Pech dazu – und die Eigenschaft es so zu nehmen, wie es kommt.

Einreisebestimmungen

Die Einreise nach Kanada ist sehr entspannt und unkompliziert. Bleibt man nur kurzzeitig im Land, so ist kein Visum nötig (genaue Informationen auf der Seite der Botschaft). Man füllt im Flugzeug einen Einreiseschein aus und dieser wird nach einer kurzen Standardfrage am Einreiseschalter abgesegnet.

Mit Ski nach Kanada: Flug & Gepäck

Bei der Flugbuchung gilt es wie immer frühzeitig zu schauen und die Preise zu vergleichen. Wenn man flexibel ist, kann ein Tag früher oder später schon viel ausmachen. Wichtig ist es jedoch, nicht nur die reinen Flugpreise zu vergleichen, sondern auch die Gepäckbestimmungen. Denn je nach Airline ist die Mitnahme von Skigepäck unterschiedlich teuer – und die Informationen auf den Homepages sehr unterschiedlich. Im Zweifel hilft es, direkt bei der Airline anzurufen oder am Flughafen nachzufragen.

Wir sind mit British Airways (Stuttgart – London – Calgary) geflogen und dabei sahen die Bestimmungen zusammengefasst wie folgt aus. Erlaubt waren pro Person:

  • ein kleines persönliches Handgepäck
  • ein normales Handgepäck in Standardgröße
  • ein Gepäckstück zur Aufgabe

Das Gepäckstück zur Aufgabe kann dabei durch eine Skitasche ersetzt werden – wenn man sein restliches Gepäck dann im Handgepäck und im aufgegebenen Skisack unterbringt, muss man kein zusätzliches Gepäckstück anmelden und bezahlen. Wir haben es bei sechs Wochen Reisezeit leider nicht geschafft, so sparsam zu packen und haben die Ski separat aufgegeben. Dies kostet dann pro Flug ca. 75 Euro (Stand 01/2015) und wird direkt am Flughafen bezahlt.

Achtung: Die Skischuhe müssen bei British Airways im Gepäck verstaut werden. Gibt man sie in einer Skischuhtasche auf, kostet dies erneut 75 Euro extra. Bei anderen Airlines zählen Skischuhe und Skitasche als ein Gepäckstück.

Roadtrip-Impression: Icy Road, Bow Valley, Kanada. | Foto: Basti Fiedler
Roadtrip-Impression: Icy Road, Bow Valley, Kanada. | Foto: Basti Fiedler

Mitnahme eines Lawinen-/ABS-Rucksacks im Flugzeug

Hier wurde es kurzzeitig kompliziert, denn ich wollte meinen Mammut R.A.S. Pro 35l gerne mitnehmen. Auf der Homepage der Airline konnte ich leider keine wirkliche Information finden – also habe ich direkt dort angerufen. Nach einigem Hin und Her wurde mir bestätigt, dass es kein Problem sei und in der Buchung vermerkt werde.

Wichtig: Auf der Homepage des Herstellers (in meinem Fall Mammut) gibt es ein Infoblatt, auf dem alles Wichtige zusammengefasst wird (Füllmenge, Ventilmechanismus, etc.) – dies ist das wichtigste Blatt! Beim Einchecken auf dem Flughafen wurde ich nochmals beiseite genommen und musste meinen Airbag einer sehr freundlichen Servicedame zeigen und mit ihr das Informationsblatt durchgehen. Schlussendlich war es kein Problem und alles hat geklappt. Eine Mitnahme war bei mir sowohl im Handgepäck als auch im aufgegebenen Gepäck möglich. Die Kartusche musste jedoch vom Airbag getrennt sein, so dass eine Auslösung unmöglich ist.

Meine Tipps für die Mitnahme eines Lawinenairbags:

  • Auf der Homepage des Herstellers nach dem Infoblatt und allen nötigen Informationen suchen. In der Regel gibt es dort eine Liste, was bei der Mitnahme beachtet werden muss.
  • Bei der Airline anrufen und die Mitnahme bestätigen lassen.
  • Wer die Zeit und Muße hat: Direkt am Flughafen bei der Airline vorbeischauen und dort vor Ort alles klären.

Yoyo-Skiing – Skitouren in Kanada

Skitouren in Kanada haben, so wie wir es erlebt haben, je nach Region einen eigenen Charakter. Dies ist größtenteils den Bergen dort zu verdanken. Viele Berge können im Winter nicht (oder nur unter extremsten Bedingungen) bis zum Gipfel bestiegen werden. Auch die oberen Bereiche der Gipfel sind oft nur von absoluten Könnern passierbar, da sie unglaublich steil, eng und exponiert sind. Dafür gibt es jede Menge (oft kürzerer) Hänge zwischen Baumgrenze und dem Gipfelaufbau, die sich optimal zum Touren eignen. Hier wird dann das sogenannte Yoyo-Skiing fabriziert, das heißt, man fellt mehrmals auf, um unterschiedliche Rinnen oder Teile der Hänge zu befahren, und kann so auch viele Höhenmeter sammeln. Entscheidend ist oft, wie man durch die Treeline hindurchkommt – so unterscheidet sich eine gemütliche, genussvolle Tour von einer weniger lohnenden Tour. Eine Ausnahme bildet hier der Rogers Pass – das Skitourengebiet in Kanada: Hier sind Skitouren wie bei uns möglich.

Skitouren in Kanada bedeutet (meistens) Einsamkeit und Ruhe. | Foto: Basti Fiedler
Skitouren in Kanada bedeutet (meistens) Einsamkeit und Ruhe. | Foto: Basti Fiedler

In puncto Lawinensituation sind die kanadischen Nationalparks vorbildlich. Tägliche Lawinenberichte (sehr ausführlich), viel Information an den Infoschaltern (vor allem am Rogers Pass), Infotafeln an den Parkplätzen usw.

Mehr Pulver, weniger Piste – Skigebiete in Kanada

Man hört es ja oft, aber ich kann es bestätigen: das Skifahren in Kanada ist anders als bei uns. Die Skigebiete haben viel weniger Lifte und weniger präparierte Pisten – kosten dafür aber mehr. Andererseits ist die Stimmung entspannter, das Personal sehr freundlich, alles etwas entschleunigt. Der große Pluspunkt ist aber folgender: es gibt viel mehr gesicherte Skirouten (Diamond, Double Diamond), die nicht präpariert werden. Auch die normalen Pisten werden an Neuschneetagen oft nicht geräumt, so dass man viel mehr dem natürlichen Skivergnügen im Pulver nachgehen kann.

Powderalarm in kanadischen Skigebieten. | Foto: Basti Fiedler
Powderalarm in kanadischen Skigebieten. | Foto: Basti Fiedler

Zusätzlich gibt es sogenannte Freeride-Zones, die jedoch wirklich den absoluten Könnern vorbehalten sind. Hier müssen sowohl die Verhältnisse als auch das Können stimmen. Neben extremer Steilheit und absoluter Exposition sind Sprünge oftmals zwingend erforderlich. Wer sich auf diesem Niveau wohl fühlt, kann sich hier im Skigebiet in ganz anderem Terrain austoben als bei uns in Mitteleuropa.

Wo man in Kanada Freeriden und Skitouren geht – Reisebericht nach Regionen

1. Banff

Banff ist wohl der Hotspot der Outdoorszene in Kanada und durch das Banff Film Festival allgemein bekannt. Sowohl im Sommer wie auch im Winter ist jede Menge geboten, auch an den Abenden finden oft Filmvorführungen oder Vorträge statt. Drei größere Skigebiete (Sunshine Village, Norquay, Lake Louise | Skibig3.ca) sind gut erreichbar – dort hat man unbegrenzte Möglichkeiten zum gemütlichen Skifahren, aber auch zum abenteuerlichen Freeriden in Hängen, die bei uns niemals freigegeben wären.
Für Skitouren bieten sich v.a. der Kootenay National Park und der Banff National Park nördlich von Lake Louise an (Bow Summit Area). Hier gibt es vielfältige Tourenmöglichkeiten mit unterschiedlichster Länge – nach oben sind dem Niveau hier keine Grenzen gesetzt.

Banff, einer der Outdoor-Hotspots in Kanada - auch zum Freeriden und für Skitouren. | Foto: Basti Fiedler
Banff, einer der Outdoor-Hotspots in Kanada – auch zum Freeriden und für Skitouren. | Foto: Basti Fiedler

2. Golden

Eine kleinere Industriestadt mit Anschluss an das Skigebiet Kicking Horse, bekannt für sein Freeridepotenzial. Wer es sich leisten kann, Golden ist einer der Hotspots für Heliskiing! Für Skitouren geht man am besten zum Rogers Pass (ca. 45 Minuten Fahrt, Details siehe unten).

3. Rogers Pass

Das Skitourengebiet in Kanada! Und es wird seinem Ruf gerecht – unzählige Möglichkeiten in allen Schwierigkeitsgraden und für fast jede Bedingung. Leider kein wirklicher Geheimtipp, allein ist man selten. Wichtig: Der Rogers Pass ist in Gebiete eingeteilt, für die folgende Regeln gelten:

  • Prohibited Areas: Skitourengehen verboten
  • Restricted Areas: Skitourengehen teilweise verboten, täglich wird veröffentlicht, welche Gebiete geöffnet sind (Homepage des Nationalparks). Man benötigt ein Permit (am Rogers Pass Center an der Passhöhe gratis erhältlich).
  • Open Areas: Skitourengehen immer erlaubt, kein Permit nötig (jedoch ein Nationalpark-Ausweis, den man aber sowieso für seine Rundreise braucht).

Touren, die mir besonders gut gefallen haben:

  • Steps to Paradise via Asulkan Hut (1.600 Höhenmeter!)
  • Sapphire Col (1.400 Höhenmeter)
  • Der Klassiker: Grizzly Shoulder (früh dran sein, sonst ist alles zerfahren)

Nähere Infos zum Rogers Pass gibt es unter: https://www.pc.gc.ca/en

Sapphire Col, Rogers Pass. | Foto: Basti Fiedler
Sapphire Col, Rogers Pass. | Foto: Basti Fiedler

4. Revelstoke

Nicht nur als Station der Freeride World Tour bekannt, sondern auch als schönes Skistädtchen mit angenehmen Flair. Zum Rogers Pass sind es ca. 40 Minuten, das hauseigene Skigebiet ist bei Powder (gab es bei uns leider nicht) wohl sensationell gut…

5. Whistler

Whistler gilt als einer der Hotspots in Kanada. Leider kann ich selbst zu dem Skigebiet nichts sagen. Wir wollten dort einige Tage verbringen, doch das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Empfehlen kann ich jedoch, sich eine Unterkunft in Squamish zu suchen. Von hier aus ist man in 45 Minuten in Whistler und auch in Vancouver – so hat man je nach Wetter viele Alternativen. Ich würde jedem, der in dieser Ecke ist, unbedingt einen Besuch in Vancouver raten. Die Stadt hat ein ganz besonderes Flair und ist auf jeden Fall einen Tag Skifahrverzicht wert!

6. Amerikanisch-kanadische Grenze mit Fernie & Nelson

Nelson: Ein sehr untypisches, aber absolut sehenswertes Hippie-Städtchen mit ganz eigenem Flair, vielen kleinen alternativen Läden und einem wunderschönen See vor der Haustüre. Dazu mit Whitewater und Red Mountain zwei Skigebiete, die sich normalerweise ihres vielen Neuschnees rühmen (außer letztes Jahr)…

Fernie: Ebenfalls ein sehr nettes und angenehmes Städtchen, das eine angenehme Mischung aus Sportlichkeit und Gemütlichkeit bietet. Neben dem Skigebiet gibt es ein weiteres Highlight – die Hot Springs. Neben den bekannten Hot Springs in Banff und Radium gibt es auch in der Nähe von Fernie heiße Quellen, die jedoch viel natürlicher erhalten sind und gerade im Winter einen sehr gemütlichen Rahmen für Entspannung nach einem Skitag bieten.

Kanada heißt vor allem Weite. | Foto: Basti Fiedler
Kanada heißt vor allem Weite. | Foto: Basti Fiedler

Skitouren in Kanada – der absolute Traum für jeden Skifahrer?

Jein. Die weite Landschaft, neue Erfahrungen –  die Möglichkeiten für Tourengeher in Kanada sind unbegrenzt. Leider ist man wie bei uns von Wetter, Lawinensituation und Schneelage abhängig. Eine Erfahrung ist es auf jeden Fall wert und ich würde es jederzeit wieder tun. Man darf nur nicht erwarten, dass hier alles besser ist als in den Alpen. Auch in Kanada gibt es Phasen mit mehr und mit weniger Powder… Mit etwas Kreativität und Geduld wird man aber unbeschreiblich schöne Touren machen können und eine Landschaft und Weite erfahren, die sich von den Alpen sehr unterscheidet. Ob besser oder schlechter – das muss jeder am besten selbst herausfinden.

Tipp: Auf jeden Fall Zeit und Flexibilität mitbringen – so kann man dem Powder etwas hinterherfahren…

Blick aus dem Skigebiet Kicking Horse, Golden, Kanada. | Foto: Basti Fiedler
Blick aus dem Skigebiet Kicking Horse, Golden, Kanada. | Foto: Basti Fiedler

Literatur – Skitourenführer Kanada

  • Karten | Gibt es vor Ort – leider nicht in der gewohnten Qualität wie bei uns. Oftmals sind nur sehr geringe Maßstäbe wie 1:75000 vorhanden. Weiteres Problem: Wer viel rumreist, merkt schnell, dass Kanada nicht auf eine Karte passt. Das heißt, man muss sich viele unterschiedliche Karten zulegen oder auf die kleinen Kartenausschnitte in den Führern vertrauen.
  • SkitourenführerHier gibt es keine wirklich große Auswahl. Besonders empfehlen kann ich die beiden Ausgaben von Summits and Icefields (1 | Rocky Mountains, 2 | British Columbia), in denen eine Vielzahl an Tourenvorschlägen steht (ca. 30$). Die Führer decken zusammen eigentlich recht viel zwischen Calgary und Vancouver ab und haben uns gut ausgereicht.
    Für die Region Banff/Lake Louise gibt es auch einen kleineren Übersichtsführer, der die wichtigsten Touren enthält (Lake Louise, Sunshine, Banff & Area, Ski Touring Guide; 16$). Den gleichen Führer gibt es auch für andere Skigebiete – es sind häufig Touren beschrieben, die aus dem Skigebiet starten oder die Klassiker der Region. Jedoch ohne wirkliches Kartenmaterial und oftmals auch sehr kurz beschrieben. Eine gute Übersicht hierzu bietet https://www.backcountryskiingcanada.com/, auf deren Seite auch viele Touren beschrieben werden.
  • Seit kurzem gibt es auch einen extra Tourenführer für den Rogers Pass, der sehr vorbildlich aufgebaut ist und übersichtliche Abbildungen bietet – mit knapp 45$ jedoch auch einigermaßen teuer ist (Douglas Sproul, Rogers Pass. Uptracks, Bootpacks & Bushwhacks – A topographic route map to backcountry skiing at Rogers Pass).

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