In den 1970er-Jahren hätte so mancher Kletterer wohl seinen VW Bulli oder seine Oma gegen ein Paar moderner Kletterschuhe eingetauscht – vielleicht sogar beides! Heute haben wir ganz andere Probleme: Wie finde ich aus den gefühlt 792 verschiedenen Exemplaren den passenden Kletterschuh, der zu mir passt.
Die Hauptfragen sind dabei eigentlich immer dieselben: Für welches Einsatzgebiet – Bouldern, Sportklettern, Alpinklettern, etc. – ist welches Modell am besten? Wie komfortabel, wie präzise ist dieses oder jenes Modell?
Diese Modelle sind die Lieblinge des Bergzeit Teams:
Der Allrounder: La Sportiva Skwama
Schuld ist ist mein Kletterkumpel Paul. Den habe ich vor etwa fünf Jahren mal gefragt, welchen Schuh er eigentlich für schwere alpine Sportkletterrouten verwendet. Weil ich einen Schuh haben wollte, der bequem und präzise zugleich ist. Seine Antwort war damals: den Skwama.
Seitdem ist der Skwama quasi mein Default-Schuh.
Ich habe immer je nach Gebiet verschiedene andere Schuhe mit dabei, aber der Skwama passt notfalls immer. Im Bereich des Vorderfußes ist er relativ breit, verzichtet auf auf zu starken Downturn und Assymetrie und hat genau die richtige Dosis Vorspannung, dass er bei langen Routen gut unterstützt und ich auch nach 35 Meternn Platte nicht mit einem Krampf aus der Wand kippe.
Größenwahl & Passform: Ich trage den Skwama in 40,5 bei einer Straßenschuhgröße von 42,5, griechischer Fußform und recht breiten Mittelfußbereich.
Markus Stadler
Der Skwama ist als der perfekte Allround-Kletterschuhe für schwere Routen: bequem, präzise und sensibel.
Der La Sportiva Skwama ist mein absoluter Allround-Favorit. So bequem, dass ich ihn lange tragen kann und so präzise und feinfühlig, dass ich mich auch in schweren Routen immer auf ihn verlassen kann. Einfach der perfekte Allround Kletterschuh!
Stefan Rehm, Bergzeit Magazin, klettert seit über 25 Jahren, arbeitet im Routenbau und gibt Kletterkurse.
Drinnen wie draußen: Der Vapor V von Scarpa
Der Vapor V hat mich schon in der Halle und draußen am Fels sicher durch viele Routen gebracht. Kleine Tritte lassen sich präzise antreten und auch wenn es nur auf die Reibung ankommt, behält man mit der griffigen Vibram Sohle absolut die Kontrolle. Bouldern ist also auch möglich damit.
Martin Bachmeier
Passform: Die Kletterschuhe sind äußerst stabil und langlebig gebaut. Dabei hat es nur eine relativ kurze Gewöhnungsphase gebraucht, bis sich die Schuhe an meine ägyptische Fußform bei eher breitem Vorderfuß gut angepasst haben.
Weil sich der Vapor V meinen Füßen so gut angepasst hat, habe ich die Schuhe schon zwei mal neu besohlen lassen und denke auch jetzt noch nicht daran, mich von ihnen zu trennen.
Größenwahl: Bei einer normalen Schuhgröße von 43,5 trage ich den Vapor V in Größe 42,5. Sollte ich mir doch ein neues Paar zulegen, dann werde ich den Schuh noch mindestens eine halbe Größe kleiner nehmen.
Zugegeben, nach drei Jahren intensivem Gebrauch greife ich für die härtesten Routen mittlerweile auch gerne auf andere Schuhe zurück. Aber beim gemütlichen Bouldern und vor allem in Mehrseillängenrouten ist der Vapor V nach wie vor meine erste Wahl.
Martin Bachmeier, Bergzeit Magazin, ist mit und ohne Seil am liebsten oberhalb der Baumgrenze unterwegs.
Der Allrounder: La Sportiva Katana
Der Katana ist für mich der optimale Schuh und mein bisheriger all-time-Favorite. Ich bzw. meine Füße sind für Kletterschuhe mit Downturn, Asymmetrie und viel Vorspannung einfach nicht gemacht. Immer wieder wurde mir gesagt, ich brauche einen aggressiveren Schuh, wenn ich schwerer klettern will. Aber wenn mir dann schon beim Im-Schuh-Stehen die Füße schmerzen, will ich gar nicht mehr schwerer klettern. Meine Lösung heißt deshalb: Katana!
Der Katana ist für mich der perfekte Mittelweg zwischen zu weich und zu hart.
Er ist stabil am Vorfuß, hat eine klare Kante an der Fußspitze, sitzt gut an der Ferse, ist aber auch flexibel und performt auch auf Reibung gut.
Anna Jäntschi
Der Klettverschluss macht ihn im Handling super einfach, wobei man den Schuh auch mal etwas länger am Stück tragen kann. Ich habe inzwischen mein drittes Paar. Einmal neu besohlen lasse ich den Schuh immer – auch dann liefert er noch alles, was er soll.
Größenwahl & Passform: Ich trage den Katana bei sehr schmaler, ägyptischer Fußform eine Größe kleiner als meine Straßenschuhgröße.
Der Katana ist für mich der perfekte Kompromiss zwischen Performance und Komfort.
Anna Jäntschi, Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Bergzeit und beim Klettern in der Halle wie am Fels unterwegs.
Ein Klassiker in Neuauflage: Red Chili Fusion LVII
„Vertrau Deinen Füßen!“ – wer hat diesen Satz nicht schon beim Klettern gehört? Gerade in Situationen, wo Tritte eher spärlich oder rutschig erscheinen, neigt man dazu, sich mit aller Gewalt – und Armkraft – an die Griffe zu klammern. Seinen Füßen zu vertrauen, funktioniert jedoch nur, wenn man auch dem Schuhwerk vertrauen kann.
Mit dem Kletterschuh Red Chili Fusion LV (Low Volume) II gelingt mir das erstaunlich gut. Der Schuh ist im Zehenbereich recht weich, hat aber eine ausgeprägte Kante. Ob Platte oder kleine Leisten, mit dem Schuh stehst Du alles weg.
Bergzeit
Bergzeit
Ob Platte oder kleine Leisten: Mit dem asymmetischen & weichen Red Chili Fusion LVII stehst Du alles weg.
Ebenfalls toll: Der neue Hybrid-Verschluss ist eine Mischung aus Velcro und Schnürsenkel. Du kannst den Schuh so wirklich super an den Fuß anpassen. Bei mir jedenfalls sitzt er bombig – auch an meiner recht schmalen Ferse.
Größenwahl & Passform: Ich trage den Red Chili Fusion LV in Größe UK 6 (entspricht Größe 39). In „normalen“ Straßenschuhen trage ich 39.5. Der Schuh fällt also in etwa der Größe entsprechend aus. Ich habe eine griechische Fußform mit sehr schmaler Ferse.
Hier geht’s zu Caros ausführlichem Testbericht zum Red Chili Fusion LVII.
Jetzt lesenFür Mehrseillängen habe ich ein zweites, etwas bequemeres Paar Schuhe im Schrank, weil der Fusion LV kein Schuh zum den-ganzen-Tag-tragen ist. Aber das muss er auch nicht. Für 90% meiner Klettervorhaben, egal ob Fels, Kletterhalle oder Boulderhalle, ist er bestens geeignet.
Caroline Opp, Bergzeit Magazin, weiß schon gar nicht mehr, wie lange sie klettert. Aber ein paar Jährchen (oder Jahrzehnte?) sind es definitiv. Dabei steht für sie das entspannte Genussklettern im Vordergrund.
Der Scarpa Instinct Lace anspruchsvolles Felsklettern
Der Scarpa Instinct Lace ist ein genialer Schuh für das Highend-Sportklettern am Fels, vor allem für längere Touren mit kleinen Tritten und diffizilen Heelhooks. Hier sind drei Gründe, warum mich der Instinct Lace überzeugt:
Sohle und Zehenbox. Die Sohle vom Instinct Lace ist sehr fest und torsionssteif. Man steht also extrem solide auf kleinsten Tritten, auch nach 30 Klettermetern oder im 5. Versuch des Tages. Die Zehenbox ist asymmetrisch, Du hast viel Gefühl für kleine Tritte jeglicher Art. Gerade für breite Füße und einen hohen Spann ist das ideal, der Sitz kann durch das Schnürsystem stufenlos angepasst werden.
Christopher Gutknecht
Christopher Gutknecht
Ferse. Die Ferse des Instinct Lace ist vom Feinsten, was Scarpa zu bieten hat. Durch das Vollgummisystem eignet sie sich für Heelhooks mit viel Belastung: Ein Überkopfhook für einen schwierigen Klipp oder eine Ruheposition im steilen Gelände. Auch nach vielen Monaten gibt die Ferse kaum nach und verleiht viel Stabilität fürs kurze Nachchalken zwischendurch.
Langlebigkeit. Selbst nach sechs Monaten intensiver Nutzung fühlen sich Spitze, Ferse und Passform fast wie am Anfang an, nur die Sohle nutzt je nach Fußtechnik und Felsoberfläche langsam ab. Durch das solide Schnürsystem lässt sich der Schuh enger schnüren und mehr Stabilität nachträglich generieren. Nur Vorsicht beim Schnüren: nicht übertreiben, sonst reißen die Ösen doch irgendwann ein.
Größe & Passform: Beim Instinct Lace trage ich 40.5 und Straßenschuhe 44, also dreieinhalb Größen kleiner für maximale Performance. Ich habe eine eher römische Fußform, eher breit mit einem eher hohen Spann. Für diese Fußform passt der Instinct super!
Der Scarpa Instinct Lace ist perfekt geeignet für anspruchsvolles Felsklettern mit kleinen Tritten. Der Schuh ist nicht meine erste Wahl fürs steile Bouldern (Ausnahme Heelhooks) oder Hallenklettern, aber kaum schlagbar bei langen Felsrouten.
Chris Gutknecht, Bergzeit Marketing, ist seit Jahren in schweren Routen unterwegs. Seinem Lieblingsschuh ist er aber treu!
Der Hallenschuh: Black Diamond Method S (Stefan)
Der Method S ist einer der spannendsten Kletterschuhe der vergangenen Jahre. Ich muss zugeben: Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Denn wenn Camouflage-Muster auf Camouflage-Allergie trifft – schwierig. Und auch für meine Fussform ist der Schuh fast etwas zu schmal.
Julia Sanftl/Basislager Bad Aibling
ABER: Der Sohlengummi ist echt richtig gut. Und der ergänzt sich richtig gut mit Konstruktion des Schuhs – denn das S steht für supersoft. Hier wurde komplett auf eine Zwischensohle verzichtet.
Ich spüre genau, was unter meinen Zehen passiert. Ein Traum!
Das ist sicher etwas Geschmackssache, aber ich liebe das (für kurze Strecken). Für mich ist das der perfekte Schuh fürs Indoor Bouldern, auf Volumen rumhopsen, durch Überhänge hooken.
Größenwahl & Passform: Ich trage den Method S in in 42 bei einer Straßenschuhgröße von 42,5, griechischer Fußform und recht breiten Mittelfußbereich. Mit einem eher schmalen, agyptischen Fuß kann oder einem sehr hohen Performance-Bedürfnis kann ich mir auch vorstellen eine ganze Größe im Vergleich zur Straßenschuhgröße wegzunehmen.
Der Black Diamond Medthod es ist mein derzeitiger Boulderhallen-Favorit (ja tut mir leid, auf nur einen Kletterschuh kann ich mich nicht festlegen). Weich, kleberig und richtig viel Gefühl. Mein Tipp für alle ambitionierten Boulderhallen-Gängerinnen und -Gänger!
Stefan Rehm, Bergzeit Magazin, klettert seit über 25 Jahren, arbeitet im Routenbau und gibt Kletterkurse.