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Griffiges Gummi

Vibram-Sohlen: Bester Grip für Bergstiefel und Kletterschuhe

9 Minuten Lesezeit
Vibram-Sohlen sind eine absolute Instanz unter Outdoorschuhen. Viele Modelle verlassen sich auf die als griffig und robust bekannte Gummisohle, die selbst bei widrigen Bedingungen für guten Halt sorgen soll. Welche Firmengeschichte aber steckt hinter der Erfindung zweier italienischer Bergsteiger? Und welche Sohlen-Varianten sind seit 1937 entwickelt worden? Hier erfährst Du mehr.
Das goldene Octagon ist seit 1969 das Markenzeichen von Vibram.
Das goldene Octagon ist seit 1969 das Markenzeichen von Vibram.

Im Jahr 1935 sterben bei einem Bergunglück an der Punta Rascia (3.305 Meter), einem Grenzgipfel zwischen Italien und der Schweiz, sechs Bergsteiger. Die Italiener waren beim Abstieg in ein Unwetter geraten und in den Tod gestürzt. Insbesondere das schlechte Schuhwerk der Verunglückten gilt später als Ursache der Katastrophe.

Unter dem Eindruck des Unglücks an der Punta Rascia nehmen sich die beiden Kletterkameraden Vitale Bramani und Ettore Castiglioni dem Thema Bergschuhe an. Auf Basis der von Autoreifen bekannten Vulkanisierungstechnologie experimentiert das Duo mit Profilsohlen aus Gummi. Nach ersten Fehlschlägen entsteht mit Unterstützung des Reifenherstellers Pirelli eine wasser- und winterfeste Gummischuhsohle, die Carrarmato. 1937 meldet Vitale Bramani schließlich eine Sohle zum Patent an, die sich rein optisch bis heute verhältnismäßig wenig verändert hat.

  • Hintergrund: Auch mit bergsteigerischen Leistungen machten Bramani und Castiglione von sich reden: Im Jahr der Patentanmeldung gelingt den beiden die Erstdurchsteigung der Nordwestwand des Piz Badile – natürlich mit den neuen Gummisohlen.

Firmengeschichte: VItale BRAMani gründet VIBRAM

Nach den Kriegsjahren leitet Vitale Bramani aus seinem eigenen Namen das Kürzel VIBRAM als Markenname ab. In Albizzate eröffnet er die erste Produktionsstätte. Das 5.000-Seelen-Dorf in der Lombardei ist bis heute Hauptsitz von Vibram. Dort ist neben Produktion, Forschung und Entwicklung, Marketing und Verkauf auch ein großes Testcenter untergebracht. Die goldene, achteckige Vibram-Plakette ist seit 1969 das Markenzeichen der Sohlen-Spezialisten.

Von der ersten Bergschuhsohle hat sich Vibram in den vergangenen 80 Jahren zum Synonym für besonders haltbare und griffige Gummisohlen entwickelt. Mittlerweile geht der Einsatzbereich von Vibram-Sohlen mit Winter- Sport-, Arbeits-, Alltags- und Spezialschuhen weit über den Bergsport hinaus. Dafür entwickeln die Italiener eine Vielzahl von Sohlen, deren unterschiedliche Sohlenstärke, Aufbau, Komponenten und Stollenprofile gezielt auf verschiedenste Einsatzbereiche abgestimmt sind. Aktuell sind allein in der Produktsparte Sport über 180 verschiedene Sohlen im Vibram-Sortiment.

Herzstück aller Vibram-Sohlen ist jeweils die Gummimischung der Laufsohle. Über die genaue Zusammensetzung des Gummis und diverse Füll- und Zusatzstoffe lassen sich Eigenschaften wie Grip und Abriebfestigkeit für unterschiedliche Temperaturbereiche gezielt definieren. Wichtig dabei ist die Grundregel: je härter das Gummi, umso geringer ist der Verschleiß einer Sohle. Vibram setzt daher je nach Anforderung und Einsatzbereich auf das bestmögliche Maß aus Halt am Untergrund, Abriebfestigkeit und Tragekomfort. Die für den Outdoorbereich wichtigsten Vibram-Gummiverbindungen stellen wir nachfolgend kurz vor.

Vibram für Bergstiefel und Wanderschuhe

Vier verschiedene Vibram-Gummimischungen kommen in Bergschuhen zum Einsatz - je nach Anforderung und Einsatzbereich. | Foto: Salewa/Hansi Heckmair
Vier verschiedene Vibram-Gummimischungen kommen in Bergschuhen zum Einsatz – je nach Anforderung und Einsatzbereich. | Foto: Salewa/Hansi Heckmair

Griffige Bergschuhe sind die Vision, die Vibram zu Grunde liegt. Um den unterschiedlichsten Anforderungen hinsichtlich Temperaturen, Gelände und Witterungsbedingungen gerecht zu werden, bietet Vibram heute vier spezialisierte Gummimischungen für Bergschuhe. Die Grenzen sind fließend, so dass auch Zustiegsschuhe mit dem wasseraffinen Idrogrip oder Fahrradschuhe mit dem „Bergsteigergummi“ Mont besohlt werden.

  • Vibram Megagrip setzt aktuell den Standard im Bereich Outdoor- und Bergschuhe. Die hochperformante Gummimischung überzeugt mit überragendem Grip auf nassem und trockenem Untergrund und ist dabei besonders langlebig und hart im Nehmen, unabhängig von den Terrain- und Wetterbedingungen. Vibram Megagrip ist somit ideal für den Einsatz in Berg-, Trekking- und Multisportschuhen. Erhältlich ist das Gummi in zwei unterschiedlichen Härtegraden, die in einer Vielzahl verschiedener Profile verarbeitet werden.
  • Vibram Mont ist für harsche Bedingungen und anspruchsvolle Einsätze an den höchsten Bergen der Welt konzipiert. Die Gummimischung bietet in schwierigem Gelände zuverlässig Halt, auch bei sehr tiefen Temperaturen. Die hohe Grundsteifigkeit des Gummis macht dieses ideal für die Verarbeitung auf steigeisenfesten Bergstiefeln und Skitourenschuhen. Aber auch bei Motorrad- und Mountainbikeschuhen kommt Vibram Mont aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit zum Einsatz.
  • Vibram XS Trek ist eine besonders vielseitige Mischung, die Langlebigkeit mit gutem Halt und Flexibilität verbindet – auch auf nassem Untergrund. Die Sohle erlaubt eine gute Gelände-Rückmeldung, bietet Stabilität und Tragekomfort. Verwendet wird Vibram XS Trek für verschiedenste Outdoorschuhe von Bergstiefeln über Zustiegs- und Mountainbikeschuhe bis hin zu Wasserschuhen und Wintersportschuhen. Als „non marking“-Variante wird XS Trek auch für Hallensportschuhe verwendet.
  • Vibram Idrogrip wurde für maximalen Halt in nassen Outdoorumgebungen entwickelt – etwa beim Fischen, Paddeln, im Zustieg oder bei leichten Klettereien an feuchtem Fels. Inspiriert ist die Idrogrip-Gummimischung von den Vibram-Klettersohlen. Spezielle Sohlendesigns sorgen für möglichst viel Oberflächenkontakt und damit Rutschfestigkeit.

Tipp: Vibram-Sohlen erneuern

Gut eingelaufene Bergstiefel sind unbezahlbar, daher investiert mancher lieber in eine neue Sohle, als einen ganzen neuen Schuh. Auf der Vibram-Webseite finden Endkunden eine Datenbank mit zertifizierten Schustern, die auf das Erneuern von Vibram-Sohlen spezialisiert sind. Auch einige Schuhersteller (z.B. Hanwag und Meindl) bieten eine Neubesohlung ihrer Wanderschuhe mit Vibram an.

Detailaufnahme Scarpa Maestrale
Skitourenschuhe wie der Scarpa Maestrale setzen bei Gehstellen auf den Halt von griffigen Vibram-Sohlen. | Foto: Markus Stadler

Vibram für Kletterschuhe

In wenigen Sportarten kommt es so sehr auf die Sohlen an, wie beim Klettern. Ob der Kletterschuh dank seiner Sohle hält oder nicht hält, entscheidet über Erfolg und Misserfolg eines Projekts. Ein großer Knackpunkt bei Klettersohlen ist daher die Haftung des Gummis am Fels. Vibram hat im Bereich Kletterschuhe vier unterschiedliche Gummimischungen bzw. Sohlenkonzepte auf dem Markt. Stark vertreten sind davon besonders Vibram XS Grip 2 und XS Edge.

  • Vibram XS Grip2 ist die Weiterentwicklung des Klassikers XS Grip. Die Klettersohle spielt ihre Stärken besonders an der Leistungsgrenze oder im Wettkampfbereich aus: messbar verbesserter Halt, bestmögliche Reibung, gute Kantenstabilität, viel Feingefühl. Abstriche macht XS Grip 2 hinsichtlich der Abriebfestigkeit und damit Haltbarkeit der Klettersohlen. Diese Gummimischung kommt vor allem zum Einsatz, wenn Reibung und viel Gefühl gefragt ist.
  • Vibram XS Edge ist deutlich härter und damit haltbarer als die Grip-Serie. Die Sohle gilt als verformungsstabil und ideal für kleine, anspruchsvolle Tritte. Im Vergleich zu den Grip-Mischungen ist XS Edge weniger präzise und sensibel aber immer noch eine sehr gut haftendes Gummi. Dieser Sohlengummi ist ein robuster Allrounder und in der Regel etwas stabiler als  die Grip-Mischung.
  • Vibram XS Flash ist für künstliche Griffe und Kletterhallen gemacht. Die häufig gelbe (farbige) Gummimischung hinterlässt keine Spuren (non-marking) an den Wänden. Hinsichtlich der Klettereigenschaften gilt XS Flash als etwas abriebfester. Unterschiedliche Härten in Sohlenmitte bzw. am Rand sorgen für einen guten Kompromiss aus Reibungs- und Kantentauglichkeit.
  • Vibram XS Grip war lange die Waffe der Wahl vieler erfolgreicher Kletterer und Boulderer. Die Gummimischung bietet eine gute Haftung auf glattem Fels. Unabhängig von den Temperaturen und der Felsbeschaffenheit sorgt XS Grip für präzisen Halt in vertikalem Gelände.
Auch für Kletterschuhe hat Vibram vier verschiedene Sohlenkonzepte parat. Am häufigsten kommen Vibram XS Grip 2 und XS Edge zum Einsatz. | Foto: La Sportiva/Calza
Auch für Kletterschuhe hat Vibram vier verschiedene Sohlenkonzepte parat. Am häufigsten kommen Vibram XS Grip 2 und XS Edge zum Einsatz. | Foto: La Sportiva/Calza

Tipp: Kletterschuhe neu besohlen mit Vibram

Auch Kletterschuhe können mit Vibram-Gummis neu besohlt werden, etwa in der Bergzeit Filiale in Holzkirchen/Großhartpenning. Die Reparatur lohnt sich insbesondere bei robusteren Modellen. Manchmal verändert sich durch das Wiederbesohlen die Gefühligkeit des Schuhs d.h. er ist nicht mehr ganz so präzise wie er es im Neuzustand war. Aber gerade als Kletterschuhe für leichte Routen oder Kletterhalle sind so „recycelte“ Kletterschlappen gut geeignet.

Vibram für Winterschuhe

Bei Winterschuhen sind verlässliche Sohlen gefragter denn je, daher ist eine Vibram-Sohle oft DAS Entscheidungskriterium beim Kauf neuer Schneestiefel. Aktuell bietet Vibram drei verschiedene Gummiarten.

  • Vibram Icetrek wurde für kalte und sehr kalte Temperaturen entwickelt. Die weiche Gummimischung bietet Halt auf eisigen und schneeglatten Oberflächen und erlaubt in Kombination mit dem durchdachten Sohlendesign ein selbstbewusstes Auftreten auf glattem Untergrund. Verarbeitet wird Vibram Icetrek in winterfesten Berg- und Trekkingstiefeln.
  • Vibram Icegrip ist quasi der Allround-Wintergummi für Wander- und Winterschuhe. Entwickelt für niedere bis mittlere Temperaturen ist Vibram Icegrip nicht nur auf Eis und Schnee besonders griffig, sondern bietet auch auf trockenen Winterböden, auf nassem Fels und Fliesen guten Halt.
  • Vibram Arctic Grip ist eine Sohlentechnologie, die nach Herstellerangabe für „bis zu dreifach verbesserten Halt“ auf nassen, eisigen Oberflächen sorgt.

Leichte Vibramsohlen für Alltags- und Freizeitschuhe

Als Qualitätsmerkmal ist Vibram ähnlich wie Gore-Tex auch im Alltags- und Freizeitbereich nicht wegzudenken. Für Lifestyle-Schuhe haben die Italiener eine Reihe weiterer Gummimischungen auf dem Markt, die wiederum nahezu jeden Kundenwunsch abdecken.

  • Vibram Cityplus ist die rutschfeste Freizeitsohle von Vibram für urbane Abenteuer. Cityplus ist weicher als die in Outdoorschuhen verwendeten Standard-Mischungen, um bessere Komforteigenschaften zu bieten. In Sachen Haltbarkeit ist Cityplus den städtischen Herausforderungen bestens gewachsen.
  • Das weiche und leichte Gumlite punktet mit Halt, Komfort und Langlebigkeit auf flachem und poliertem Untergrund. Die Dämpfung ist ideal für lange Spaziergänge oder Tätigkeiten im Stehen.
  • Vibram Moreflex-Sohlen auf Basis von gedehntem EVA sind besonders fein, leicht und sorgen mit guter Dämpfung für Komfort bei modischen Freizeitschuhen.
  • „Wie auf Wolken“ läuft man mit Vibram Newflex, einer leichten Gummimischung mit verbesserter Rutschfestigkeit und Dämpfungseigenschaften.
  • Vibram Vi-Lite bietet die „ultimative Leichtigkeit“ bei einem ausgewogenen Verhältnis zur Langlebigkeit der Sohle. Gemacht für stehende Tätigkeiten oder lange Spaziergänge im Park.

Vibrams ökologisches Gewissen: Ecostep Sohlen

Ecostep ist Vibrams ökologisch nachhaltigste Gummimischung, die aus mindestens 30 Prozent Recyclingmaterial hergestellt wird – ohne Abstriche hinsichtlich Qualität und Haltbarkeit der Sohlen zu machen. Verwendet werden Ecostep-Sohlen vorwiegend für leichte Outdoor- sowie Freizeitschuhe aber auch bei Winter- und sogar Snowboard-Schuhen ist Vibram Ecostep zu finden. Aber auch Bodenmatten für Spielplätze und Dämmmatten für Autobahnen werden aus recycelten Produktionsresten hergestellt.

Stollen und Profile: Auf die Form kommt es an

Neben den Gummimischungen kommt hinsichtlich Halt und Sicherheit auch dem Profil einer Schuhsohle eine Schlüsselrolle zu. Daher sind auch Form, Anordnung und Tiefe der Stollen bei Vibram-Sohlen gezielt auf den jeweiligen Einsatzbereich der Schuhe abgestimmt.

Hoka One One Speedgoat im Test auf felsigem Trail
Beim Hoka One One Speedgoat geben neben der Außensohle aus Vibram Mega Grip auch die abgestuften 5 mm Stollen zusätzlichen Halt. | Foto: Elisabeth Forte

Auch die selbstreinigende Eigenschaft einer Trekkingsohle, das Bremsverhalten bergab oder ein guter Vortrieb lassen sich über die Stollen festlegen. Die enorme Bandbreite an Stollenmustern liegt aber nicht zuletzt an den individuellen Gestaltungsmöglichkeiten der Schuhhersteller. Zahlreiche Outdoorschuster entwickeln ihre Sohlen exklusiv in Kooperation mit Vibram, so dass wir an dieser Stelle keinen kompletten Überblick geben können. Für weitere Informationen zu Sohlen verweisen wir auf www.vibram.com. Infos zu Exklusiv-Technologien gibt’s in der Regel auf der Webseite des jeweiligen Schuhherstellers.

Vibram Fivefingers: Erfolgsgeschichte Zehenschuhe

Vibram selbst ist seit 2005 ebenfalls als Schuhhersteller aktiv: Die kultigen Fivefingers mischen seither am Markt der Minimal- und Barfußschuhe kräftig mit. Als Zehenschuhe konzipiert ist – analog zu einem Handschuh – jede Zehe bei den Fivefingers einzeln verpackt. Die Zehen sind somit frei beweglich und passen sich dem Untergrund beim Gehen und Laufen direkt an. Natürlich darf auch dabei die obligate Vibram-Sohle nicht fehlen. Auch hier gibt’s mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher Sohlen- und Profiltypen. Ganz neu ist hingegen der „Wickelschuh“ Furoshiki, ebenfalls ein leichter Barfußschuh, der sich ganz einfach um den Fuß schlagen lässt.

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