Herabschauender Hund oder Krieger 2 hast Du vielleicht schon mal gehört. Doch dann bist Du in einer Yogastunde gelandet, wo der Lehrer nur mit fremdartig klingenden Wörtern um sich wirft und der Herabschauende Hund plötzlich zum Adho Mukha Svanasana wird oder der Krieger 2 zum Virabhadrasana B? Bitte was? Ganz einfach: Dein Lehrer spricht Sanskrit. „Sans-was?“ Denkst Du Dir jetzt? Keine Angst, so geht es nicht nur Dir, sondern vielen, vielen anderen Yogaschülern, die ihren Weg ins Yogastudio gefunden haben. Aber keine Angst, denn wie beim Klettern, Skifahren oder Biken, hat auch Yoga seine ganz eigenen Begriffe. Damit Du beim nächsten Studiobesuch weißt, was der Lehrer von Dir will, hat Dir Bergzeit Yogalehrerin Isa die gängigsten Yogabegriffe zusammengefasst.
Was ist Yoga?
Bevor wir zu den gängigen Begriffen aus dem Yoga-Kosmos kommen, sollte zunächst die Frage geklärt werden, was Yoga eigentlich genau ist. In der westlichen Welt versteht man unter „Yoga“ oft die körperliche Praxis, welche auf der Matte stattfindet: Aufwärmübungen, Sonnengrüße, einzelne Haltungen und zum Schluss das allseits beliebte Savasana, die Schlussentspannung. Die körperliche Praxis, welche unter dem Namen „Asana“ zusammengefasst wird, ist jedoch nur ein kleiner Aspekt von dem, was Yoga für uns tun kann. Yoga ist eine aus Indien stammende 5.000 Jahre alte Lehre, die das Ziel des Erwachsens bzw. der inneren Freiheit bestrebt. Das Wort „Yoga“ kommt aus dem Sanskrit, der altindischen Sprache, und bedeutet grob übersetzt so viel wie „Einheit“ – also die harmonische Verbindung von Körper, Geist und Seele. Mit Hilfe verschiedener geistiger und körperlicher Praktiken wie Asana, Meditation oder Pranayama, um nur ein paar der bekanntesten zu nennen, gelangen wir zur Selbsterkenntnis und begeben uns somit auf den Weg des Yoga.
Achtsamkeit
Achtsamkeit bedeutet, körperlich sowie geistig im Hier und Jetzt zu sein. Du hörst auf, über die Vergangenheit nachzudenken oder bereits gedanklich in der Zukunft zu sein, sondern richtest alle Deine Sinne auf den gegenwärtigen Moment, ohne diesen zu bewerten. Wenn Du also das nächste Mal auf dem Berg bist, dann kannst Du diese „Achtsamkeit“ ja mal für Dich ausprobieren: Anstatt schon an die Brotzeit auf dem Gipfel zu denken, könntest Du beispielsweise einfach mal wahrnehmen, wie Du Dich gerade fühlst, was für eine Landschaft Dich umgibt, welche Farben Dir besonders gut gefallen und wie die Luft riecht, die Du atmest. Dann hast Du schon eine wichtige Lektion im Yoga gelernt.
Asana
Vereinfacht gesagt ist das, was wir in der westlichen Welt unter Yoga verstehen eigentlich „Asana“. Denn wie in der Einleitung erklärt, ist Yoga nicht nur eine körperliche Praxis, sondern ein Lebensweg und „Asana“, übersetzt „Körperhaltung“, ist ein wichtiger Teil davon. Es sind hier sämtliche Positionen gemeint, die wir im Yoga einnehmen können. Eine klassische Yogastunde, so wie wir sie kennen, besteht also aus vielen verschiedenen Asanas. Falls Dir schon einmal aufgefallen ist, dass die Namen der Haltungen in der altindischen Sprache (Bsp. Tadasana, Uttanasana, Savasana) alle auf „-asana“ enden und Du mehr darüber erfahren möchtest, dann lies gerne beim Begriff „Sanskrit“ weiter.
Mudra
Sicher hast Du schon einmal auf Fotos gesehen, dass Yogis beim Meditieren ihre Handrücken auf den Knien ablegen und Zeigefinger und Daumen zu einem Kreis formen. Hast Du Dich auch schon einmal gefragt, wozu das gut sein soll? Dies ist ein sogenanntes Mudra, also eine bestimmte Stellung der Finger und Hände. Laut Yogatradition lässt ein Mudra die Lebensenergie, also das Prana, besser fließen und hilft somit, Blockaden zu lösen. Übrigens: Die Grußgeste Namasté, über die Du im nächsten Abschnitt mehr erfahren kannst, ist ebenfalls ein Mudra.
Tilbert Lange
Namasté
Am Anfang oder Ende einer Yogastunde legt die Yogalehrerin oder der Yogalehrer oft seine gefalteten Hände an das Brustbein, sagt „Namasté“ und verneigt sich. Wem das schon einmal komisch vorkam, dem sei gesagt, dass diese Geste als Gruß in Indien genauso gängig ist wie bei uns das Händeschütteln. „Namasté“ bedeutet übersetzt „Ich verbeuge mich vor dir“ und man erkennt die Anwesenheit des Gegenübers dankbar an. In Indien kann man „Namasté“ übrigens genauso verwenden, wie in Italien das Wort „Ciao“ – einfach zur Begrüßung und zum Abschied. Und wer sich richtig yogisch fühlen möchte, der kann auch noch das passende Mudra, also die gefalteten Hände, damit kombinieren.
Om
Falls Du Dich unwohl damit fühlst, das Om am Anfang und/oder Ende einer Yogastunde gemeinsam mit den anderen Yogis zu singen, dann kann ich Dich beruhigen: Du bist nicht alleine. Doch umso öfter man es praktiziert, desto normaler wird es. Doch warum macht man das überhaupt? Mantren sind heilige Silben, Worte oder Verse aus dem Sanskrit, der altindischen Sprache. Wiederholtes Rezitieren hat eine besondere Wirkung auf Körper und Geist. „Om“ oder „AUM“ ist das wahrscheinlich bekannteste Mantra und gilt als Urklang, aus dessen Vibrationen nach hinduistischem Glauben das ganze Universum entstand. Ich gebe zu, das klingt alles etwas spirituell, doch wer sich einmal traut mit der gesamten Yogaklasse mit geschlossenen Augen das „Om“ zu chanten, der wird spüren, dass die Vibrationen des Klangs etwas im Körper auslösen. Sei also mutig und probiere es einfach mal aus
Prana
Die Kletterer unter euch kennen die Marke Prana sicher und vielleicht hat sich der ein oder andere schon einmal gefragt, was dieses Wort eigentlich bedeutet oder ob es überhaupt etwas bedeutet. Im Yoga spielt „Prana“ eine große Rolle, denn es geht hierbei um nichts geringeres als die „Lebensenergie“. Wir können sie mit Hilfe von Yoga erzeugen und sogar steuern. Doch natürlich gibt es auch viele andere Wege, um dieses Lebenselixier zu produzieren. Jeder, der schon einmal eine tolle Erfahrung am Berg hatte und sich in einem besonderen Moment lebendiger denn je gefühlt hat, der weiß ganz genau, wovon hier die Rede ist.
Tilbert Lange
Pranayama
Nach meinen ersten Yogastunden habe ich mich oft gefragt, warum im Yoga eigentlich immer so viel geatmet wird. Die Antwort darauf habe ich erst einige Jahre später bekommen: Die Atemübungen im Yoga nennt man „Pranayama“. Du merkst es vielleicht schon, in diesem Begriff steckt schon wieder das Wort „Prana“. Denn mit den manchmal etwas befremdlichen Atemtechniken können wir unsere Lebensenergie, also unser „Prana“, steuern. Wenn wir also zu viel Energie haben und uns unruhig und nervös fühlen, dann können wir unseren Körper und Geist mit Hilfe von Pranayama beruhigen. Besonders für uns Bergsportler sind die Atemübungen ein wichtiges Werkzeug, denn wenn wir beispielsweise beim Klettern in einer schwierigen Route feststecken, dann hilft uns die bewusste Atmung dabei, die Ruhe zu bewahren.
Du kannst „Pranayama“ auch mal abends ausprobieren, wenn du nicht einschlafen kannst: Einfach die Ausatmung im Vergleich zur Einatmung verlängern und diesen Atemrhythmus für einige Minuten beibehalten (vier Atemzüge in den unteren Bauchraum einatmen, sechs Atemzüge ausatmen).
Sanskrit
Jeder Yogi kennt diesen einen Yogalehrer, der mit unbekannten, indisch klingenden Begriffen um sich schmeißt, als wüsste jeder ganz selbstverständlich was gemeint ist. Und ist Dir schon einmal aufgefallen, dass all diese Begriffe auf „-asana“ enden? Tadasana, Uttanasana, Savasana. Es handelt sich hierbei um Begriffe aus dem Sanskrit, der altindische Sprache, die noch heute in Indien als Literatur- und Gelehrtensprache verwendet wird. Und warum enden jetzt all diese Wörter auf „-asana“? Ganz einfach: Weil es sich hierbei um „Asanas“ handelt, also Körperhaltungen. „Tadasana“ heißt übersetzt beispielsweise „Die Berghaltung“. Die meisten anderen Begriffe hier in diesem Lexikon stammen übrigens ebenfalls aus dem Sanskrit.
Savasana
„Komme nun in Rückenlage für Savasana“ – das ist der Satz auf den wir im Yoga alle warten, denn es handelt sich hierbei um die allseits beliebte Schlussentspannung, die meist am Ende der Yogaeinheit für etwa 5-20 Minuten praktiziert wird. Übersetzt heißt das Wort aus dem Sanskrit „Totenstellung“, da man regungslos auf dem Rücken liegt. Du denkst dir jetzt vielleicht „Perfekter Zeitpunkt für einen kleinen Powernap“ – doch im Savasana geht es nicht nur darum alle Anspannung loszulassen, sondern auch darum die Yogaklasse auf Dich wirken zu lassen und Deinen Geist zu beobachten. Du hast hier die Möglichkeit, einmal der stille Beobachter Deiner Gedanken zu sein und diese einfach weiterziehen zu lassen wie eine Wolke, ohne an ihnen festzuhalten. So schließt sich der Kreis zum Anfang des Artikels, denn eigentlich ist Savasana nichts anderes als eine Achtsamkeitsübung.